Die gesamte bayerisch-tschechische
Grenzzone, die über 40 Jahre lang Sperrgebiet war, durchziehen heute
zahlreiche Wanderwege. Man erwartet in dieser Wildnis keine Besiedlung.
Und doch trifft man oft auf alte Mauerzüge, verwitterte Steinhaufen,
umgefallene Grabsteine, verwilderte Obstbäume, auf Wege und
Siedlungsstrukturen. Diese Kulturreste zeugen von verschwundenem
dörflichem Leben. Seit dem Mittelalter siedelten hier Tschechen und
Deutsche nebeneinander. Die Bevölkerung, die hier lebte, verließ um 1945
meist zwangsweise ihre Heimat. Viele Ortschaften mit Kirchen, Häusern
und Stallungen wurden vom kommunistischen Regime abgebrochen, gesprengt,
eingeebnet.
Rothenbaum ist eine dieser Ortschaften, gelegen zwischen Všeruby /
Neumark, Neukirchen beim Heiligen Blut und Nýrsko / Neuern mitten im
Künischen Gebirge. Die Pfarrei Rothenbaum wurde 1667 vom Prager
Erzbischof eingerichtet, im selben Jahr begann man mit dem Bau der
Kirche „Zur schmerzhaften Mutter Gottes“, die 1680 geweiht wurde. Über
250 Jahre lang bildete das Gotteshaus den Mittelpunkt der
Dorfgemeinschaft. Im Mai 1953 fiel die Kirche einem Brand zum Opfer. Im
Dezember 1957 wurde das Gebäude gesprengt und dem Erdboden gleich
gemacht – das Dorf Rothenbaum existiert nur noch auf alten Bildern und
in den Erinnerungen.