Die Weiterleitungsstelle des Landesarbeitsamts Südbayern im Bunker unter Gleis 11
Ein Bericht von Kurt Spennesberger
Wie oft hörten wir, die Beschäftigten der Weiterleitungsstelle des Landesarbeitsamts Südbayern, in den 18 Jahren des Bestehens dieser manchmal als exotisch betrachteten Dienststelle diese Durchsage? Es war die Zeit der Anwerbung ausländischer Arbeitnehmer. Vor nahezu 40 Jahren, am 1. April 1974, war dann alles zu Ende. Der 1973 verfügte Anwerbestopp für Gastarbeiter aus Nicht-EG-Staaten trat in Kraft, die Weiterleitungsstelle wurde geschlossen. Anlass für den Anwerbestopp waren die ersten Anzeichen einer Wirtschaftskrise und die Ölkrise im November 1973, als erstmals nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ein Lieferengpass für Rohöl aus den Golfstaaten zu einer Knappheit bei Erdölprodukten führte. Vielen sind die damals verfügten Sonntagsfahrverbote noch in Erinnerung: In ganz Deutschland durfte an vier aufeinanderfolgenden Sonntagen kein mit Verbrennungsmotor betriebenes Fahrzeug fahren, Ausnahmegenehmigungen waren äußerst rar.
Begonnen hatte die Gastarbeiterbewegung mit dem wirtschaftlichen Aufschwung in Westdeutschland in den frühen 1950er- Jahren. Zusätzliche Arbeitskräfte wurden erforderlich, die sich aus der deutschen Bevölkerung nicht rekrutieren ließen. 1955 wurde eine erste Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Italien geschlossen, die regelte, dass so genannte „Gastarbeiter“ aus Italien nach Deutschland kommen.
Für die Anwerbung italienischer Gastarbeiter war von 1955 bis 1957 Alfred Kohl
im Landesarbeitsamt Südbayern verantwortlich. Er begleitete auch den allerersten
Transport italienischer Gastarbeiter von Mailand nach München. Zu dieser Zeit
hatten die Verhandlungen über die Nutzung des Luftschutzbunkers unter dem
Bahnhofsvorplatz neben Gleis 11 begonnen. Zwischen 1955 und 1960 fanden
Verpflegung und Weiterleitung der neu angekommenen Arbeitskräfte in München auf
dem zwar überdachten, aber den jahreszeitlichen Temperaturen ausgesetzten
Bahnsteig von Gleis 11 statt. Die Angekommenen mussten, auf ihren Koffern
sitzend, oft über Stunden auf die Abfahrt der weiterführenden Züge warten. Erst
ab 1960, mit dem Beginn des Anwerbeverfahrens mit Griechenland, war der bis
heute bestehende Luftschutzbunker für eine maximale Kapazität von 1200 Personen
in neun Aufenthaltsräumen bedarfsgerecht umgerüstet (Tische, Bänke, Regale für
das Gepäck) und für den vorübergehenden Aufenthalt verfügbar.