Die Weiterleitungsstelle des Landesarbeitsamts Südbayern im Bunker unter Gleis 11
Ein Bericht von Kurt Spennesberger
Alle Bewerber in den Dienststellen der Anwerbeländer mussten sich einer
amtsärztlichen Untersuchung (Amtsarzt war jeweils ein deutscher Mitarbeiter des
Bundesamts für Arbeit) zur Feststellung der Tauglichkeit für die Arbeit in
Deutschland unterziehen. Blut- und Urintests waren obligatorisch. Die
Bewerberinnen und Bewerber mussten gesund sein, bei Frauen durfte keine
Schwangerschaft bestehen. Mit der Aushändigung des für die Dauer eines Jahres
gültigen Arbeitsvertrags und der Legitimationskarte, die eine erste
Aufenthaltsbestätigung für Deutschland darstellte, wurde auch der Abreisetermin
festgelegt.
Bis es aber so weit war, dass ein Arbeitnehmer mit seinen Unterlagen die Reise
nach Deutschland antreten konnte, war oft die gesamte Familie in die
Vorbereitungen involviert. So standen etwa vor dem Gebäude der deutschen
Verbindungsstelle in Istanbul die Interessenten in einer Warteschlange, die
mehrmals um das Gebäude reichte. Weil diese stunden- und tagelange Wartezeit
eine Person allein nicht meistern konnte, wechselten sich die Familienmitglieder
in der Warteschlange ab, damit letztlich der Ehemann, der Sohn, Neffe oder Onkel
nach Deutschland ausreisen konnte. Mit dem in Deutschland verdienten Geld wurde
wiederum die Familie im Heimatland unterstützt.
Die Reise nach Deutschland erfolgte mit Sonderzügen der Deutschen Bundesbahn.
Für Italiener, Griechen, Türken, Jugoslawen, Marokkaner und Tunesier ging die
Fahrt bis München. Danach gelangten die Gastarbeiter mit planmäßigen Zügen zu
ihren Bestimmungsorten im Bundesgebiet. Die Transportleitstelle im Kölner
Hauptbahnhof, eine der Münchner vergleichbare, jedoch räumlich und personell
wesentlich kleinere Dienststelle war mit dem gleichen Zweck für Arbeitnehmer aus
Spanien (ab 1960) und Portugal (ab 1964) zuständig.