Eleni Tsakmaki
„Das Lernen der Sprache hat mir geholfen, teilzunehmen und mich in Deutschland zu Hause zu fühlen.“
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Eleni Tsakmaki wurde 1938 in Zagliwerion/Saloniki in Griechenland geboren. Das genaue Datum kennt sie nicht, da ihre Geburtsurkunde bei der Besetzung des Landes durch deutsche Truppen im Zweiten Weltkrieg verbrannte. Da Elenis Mutter als Witwe ihre fünf Kinder nicht ernähren konnte, war sie gezwungen, ihre Tochter zur Adoption freizugeben. Eleni wuchs in Katerini bei Adoptiveltern auf. Sie besuchte die Grundschule bis zum 12. Lebensjahr und absolvierte anschließend eine Ausbildung als Schneiderin. Eleni heiratete bereits mit 17 Jahren und bekam zwei Kinder.
Die wirtschaftliche Lage in Griechenland nach Kriegsende war schwierig. Eleni und ihr Mann entschieden sich deshalb im Juni 1961 als „Gastarbeiter“ nach Deutschland zu gehen. Ihre Kinder konnten sie nicht mitnehmen – der zweieinhalbjährige Sohn kam zu Elenis leiblicher Mutter, die viereinhalbjährige Tochter zu Elenis Schwiegermutter.
Nach der für die Anwerbung in Deutschland notwendigen ärztlichen Untersuchung in Thessaloniki führte die Reise nach Deutschland über Athen, mit dem Bus nach Piräus, mit dem Schiff nach Brindisi und von hier aus weiter mit dem Zug nach München. Hier wurden die Tsakmakis zu einer Metallfirma nach Mühlacker in der Nähe von Stuttgart vermittelt.
Eleni war in der Metallverarbeitung tätig. Sie arbeitete im Akkord – sechs Tage pro Woche, acht Stunden am Tag. Der Stundenlohn lag bei 2,95 DM. Für eine höhere Stückzahl erhielt man mehr Geld – allerdings wurde daraufhin im nächsten Monat die Soll-Stückzahl erhöht, sodass sie in der Relation zu dem, was sie leistete, weniger Geld bekam. Eleni sagt heute: „Akkord ist der langsame Tod“.
In Mühlacker, wo Eleni und ihr Mann in einem Einzimmerappartement wohnten, fanden sie nur wenig Kontakt zur einheimischen Bevölkerung. Ihr Ziel war, viel zu arbeiten und genügend Geld zu verdienen, um sich in der Heimat eine neue Existenz aufbauen zu können. Anstatt dem geplanten einen Jahr blieben die Tsakmakis sechs lange Jahre in Mühlacker.
Nach 14 Monaten in Deutschland besuchte Eleni erstmals ihre Kinder in Griechenland. Die Trennung fiel den Eltern sehr schwer, aber da es keine Krippen oder Kindergärten für „Gastarbeiter“ in Deutschland gab, mussten die Kinder zurückbleiben. Als 1966 das dritte Kind auf die Welt kam, kehrten Eleni und ihr Mann 1967 nach Griechenland zurück.
Als sie in Griechenland nach einem halben Jahr immer noch keine Arbeit gefunden hatten und das Ersparte aufgebraucht war, entschieden sie sich, noch einmal nach Deutschland zu gehen, diesmal nach München. Dort gab es eine griechische Schule, sodass sie nach einem halben Jahr ihre zwei ältesten Kinder nachholen konnten. Das jüngste Kind blieb bei Elenis Mutter und ihrer Schwester, die von Zeit zu Zeit mit einem Touristenvisum für drei Monate in München blieben.
Von 1968 bis zu ihrer Frührente arbeitete Eleni im Schwabinger Krankenhaus in der Kantine. Daneben ging sie putzen und übernahm Schneiderarbeiten. Elenis Mann fand eine Anstellung als Schlosser bei Meiller Kipper.
Die Aussichten für Ausländer auf dem Mietmarkt waren denkbar schlecht. Die Tsakmakis wohnten beengt zu viert in einem Einzimmerappartment, dann zu fünft in einer Zweizimmerwohnung. Später teilte ihnen das Wohnungsamt eine 100qm-Wohnung in Laim zu, in der sie 35 Jahre lang blieben.
Eleni hat drei Kinder, sieben Enkelkinder und zwei Urenkel, die fast alle in Deutschland leben. Ihr Sohn ist Reisebürokaufmann in München, die älteste Tochter arbeitet beim griechischen Konsulat in Italien, die jüngste Tochter ist als Sprachtherapeutin in München tätig.
Mit 54 Jahren begann Eleni ihre Biografie in Theaterstücken und Romanen aufzuarbeiten. In ihren Werken – zum Beispiel „Die Stoffpuppe“ oder „Die ewige Suche nach der Heimat“ – versucht sie, den nachfolgenden Generationen die Geschichte der Arbeitsmigration zu vermitteln.
München ist Eleni ans Herz gewachsen, „weil es eine warme Stadt ist mit einer Architektur, die mich an Griechenland erinnert (z.B. der Königsplatz). Außerdem stammte Otto, der König von Griechenland, aus Bayern. Ich mag die vielen Biergärten und Parks, das viele Grün. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind perfekt.“ Hinzu komme, dass es eine starke griechische Gemeinde und mehrere griechische Vereine gibt. Mit den hier aktiven Landsleuten fühle man sich in der Fremde eher zu Hause und verliere nicht den Kontakt zur griechischen Kultur. Doch sie sagt auch: „Deutschland ist meine Heimat geworden, seitdem die Enkelkinder hier leben. Jetzt leben wir mit beiden Kulturen. Mir fehlen die Griechen nicht, wenn ich mit Deutschen zusammen bin. Das Lernen der Sprache hat mir geholfen, teilzunehmen und mich in Deutschland zu Hause zu fühlen.“