Die Weiterleitungsstelle des Landesarbeitsamts Südbayern im Bunker unter Gleis 11
Ein Bericht von Kurt Spennesberger
Während der Reise mit den Sonderzügen aus den Anwerbeländern nach München wurden
die Gastarbeiter in mitgeführten Speisewaggons verpflegt. Auf der Reise von
Istanbul nach München begleitete der erste Speisewaggon ab Istanbul bis zur
türkischen Grenze bei Edirne den Zug. Auf dem weiteren Weg wurde in Bulgarien
ein Speisewaggon der bulgarischen Staatsbahnen angekuppelt, in dem eine weitere
warme Mahlzeit an alle Reisenden, meist Spaghetti mit Tomatensoße, ausgegeben
wurde.
Die ausländischen Arbeitnehmer kamen aber nicht nur mit Sonderzügen. Mit Beginn
der Anwerbung in Jugoslawien reisten die Gastarbeiter aus dem Balkanstaat in den
ersten Monaten mit Omnibussen an. Etwa ab 1970 wurde ein Teil der angeworbenen
Gastarbeiter aus der Türkei per Flugzeug von Istanbul nach München gebracht.
Dadurch verringerte sich die Reisezeit Istanbul – München von 48 Stunden mit dem
Zug auf zwei Stunden mit dem Flugzeug. Hiervon profitierten hauptsächlich
Frauen, die deutlich später als Männer aus der Türkei nach Deutschland für eine
Arbeitsaufnahme vermittelt wurden.
Nach der Ankunft und dann wieder zur Weiterreise ab München bekam jeder
Gastarbeiter ein Verpflegungspaket; eine Papiertüte, die zwei Semmeln, 80 Gramm
Salami am Stück (für Türken ohne Schweinefleisch), eine Ecke Schmelzkäse, zwei
Bananen, eine mittlere Packung Butterkekse und eine kleine Tafel Schokolade
enthielt. Bei der Ankunft in München wurde ein 0,5 l-Becher mit Kaffee
ausgegeben. In der Regel hatten alle ihre typischen 2-Liter-Wasserflaschen aus
Kunststoff dabei, die sie mit frischem Wasser auffüllen konnten. Bei der Caritas
beschäftigte Frauen bereiteten die Verpflegungspakete vor und verteilten sie.
Die Kosten hierfür wurden mit dem Landesarbeitsamt Südbayern abgerechnet. Für
Krankheitsfälle hatte der ärztliche Dienst des Landesarbeitsamts Südbayern
vorgesorgt. Eine Ärztin und zwei Arzthelferinnen standen in zwei dafür
eingerichteten Arztzimmern im Bunker bereit. Üblicherweise hatten sie nur
kleinere Blessuren oder Reisekrankheiten zu behandeln.