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Nach drei Jahren wurde die Braumeister-

stelle neu ausgeschrieben. Sechs Bewerber,

unter ihnen auch Groll, gaben ihre „Kom-

petentengesuche“ ab. Joseph Groll pokerte

zu hoch – unter anderem verlangte er ein

üppiges Jahresgehalt – und verlor seinen

Posten als Braumeister. Im Sommer 1845

kehrte er Pilsen den Rücken. Im Jahr 1855

ist Groll wieder in seiner Heimatstadt Vils-

hofen nachweisbar. Bis zu seinem Tod am

22. November 1887 lebte der „Erfinder des

Pilsner Biers“ dort als Privatier.

Der Heimatforscher Rudolf Kubi­

tschek veröffentlichte 1942 im „Neuen

Tag“, dem offiziellen Presseorgan des na-

tionalsozialistischen Reichsprotektors von

Böhmen und Mähren, eine Fotografie

des gealterten Joseph Groll

(B)

. Die 2013

wieder aufgefundene Fotografie aus dem

Nachlass einer Ur-Ur-Enkelin sowie ein in

Öl gemaltes Porträt

(A)

, das Joseph Groll im

Alter von etwa 30 Jahren, noch ohne Tou-

pet, zeigt, sind Relikte dieser für die Bier-

geschichte so bedeutenden Persönlichkeit.

Grolls Nachfolger in Pilsen, vor allem

die Niederbayern Jakob Blöchl, Braumeis-

ter von 1850 bis 1879, und Josef Binder, der

bis 1900 diese Position innehatte, sorgten

für die Modernisierung der Brauerei und

den Export des international immer be-

liebteren Pilsner Biers. Nach Markenstrei-

tigkeiten mit anderen Brauereien ließ sich

das Bürgerliche Brauhaus 1898 die Mar-

ke „Pilsner Urquell“ (Plzeˇnský Prazdroj)

schützen.

Der aus demselben Jahr stammende

Jubiläumskalender der Wiener Brauerzeit-

schrift „Gambrinus“

(D)

bezieht sich auf

das 50.Thronjubiläum des österreichischen

Kaisers Franz Joseph I., dessen lorbeerum-

kränztes Porträt, gehalten von Putten, in

den Himmel über dem Betriebsgelände

des Bürgerlichen Brauhauses in Pilsen

platziert ist. Die eigentliche Hauptperson

aber ist der Bierkönig Gambrinus. ImVor-

dergrund versinnbildlichen volle Geldtöpfe

und Bierfässer den im Rückblick steilen

Anstieg der Biersteuerzahlungen und des

jährlichen Bierausstoßes der Brauerei, der

im Jahr 1913 über eine Million Hektoliter

erreichen sollte und damit deutlich höher

war als der Ausstoß jeder Münchner Groß-

brauerei. Heute sind Biere nach Pilsner Art

die weltweit beliebtesten.

R.D./M.N.

Lit.:

Drasch, Joseph Groll; Riepertinger u.a., Bayern –

Böhmen, S.304–307, Kat.-Nr.5.48 (Jiˇrí Hána); Suchý,

Bräuhaus, S.29–53

137 C

Album der brauberechtigten Pilsner Bürger

und Gründer des Bürgerlichen Brauhauses, Band 2

Pilsen, um 1850–1880 | Fotografien, Handschrift/Papier,

Einband: Leder, Metall, teilvergoldet, 39,5x40x9,5cm |

Pivovarské Muzeum v Plzni − Plzenˇský Prazdroj,

a.s. (14102)

137 D

Gambrinus. Jubiläums-Kalender 1898

Wien, 1898 | Druck, 89x60cm | Pivovarské Muzeum

v Plzni − Plzenˇský Prazdroj, a.s. (4900F, 1898)

07 Bierberühmtheiten und Bierschätze

305

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