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Deckelhumpen mit Elfenbeinschnitzerei
Elfenbeinschnitzerei: süddeutsch, um 1680;
Silberfassung: Konrad Kerstner (1652–1702),
Nürnberg, 1681/1685 | Elfenbein, geschnitzt;
Silber, vergoldet, H.23,5cm | Germanisches
Nationalmuseum, Nürnberg (HG 10730)
A
ufwändig gearbeiteteTrinkgefäße wie
dieser Elfenbeinhumpen waren nicht
für den alltäglichen Gebrauch bestimmt,
sondern wurden – wenn überhaupt – nur zu
ausgesuchten Anlässen verwendet und wa-
ren einem exklusiven Personenkreis vorbe-
halten. Goldschmied und Elfenbeinschnit-
zer schufen hier wohl ein Kleinkunstwerk
im Gewand eines Geräts, das seinen Platz
eher in der Sammlung als auf dem Tisch
des Besitzers fand.Wie in vielen anderen
Fällen ist dies nicht nur durch die prunk-
und kunstvolle Ausführung, sondern auch
durch die Provenienz des Stücks belegbar,
das sich früher in der Großherzoglichen
Silberkammer Darmstadt befand.
Das vergleichsweise flache Relief zeigt mit
einer Szene aus der maritimen Mytholo-
gie ein Thema, das neben opulenten bac-
chantischen Festzügen und dramatischen
Schlachtendarstellungen zu den verbrei-
tetsten Sujets auf den zahlreichen noch
erhaltenen Humpen dieser Art zählt. Im
Mittelpunkt steht das Meeresherrscherpaar
Neptun und Amphitrite. In ihrem Gefol-
ge tummeln sich neben ihrem muschel
blasenden Sohn Triton Putten, die auf
Rössern, Ziegen und Delfinen reiten,
weitere Meeresgötter und nymphenhafte
weibliche Gestalten, die in dichter Ver-
schränkung dargestellt sind und in ihrer
körperlichen Nähe Züge eines Bacchanals
annehmen. Die Wahl des exquisiten Ma-
terials wird durch die in vergoldetem Sil-
ber gearbeitete Fassung unterstrichen, die
den Abschnitt eines Elefantenzahns in ein
veritables Trinkgerät verwandelt.
R.S.
Lit.:
Pechstein u.a.,Wenzel Jamnitzer, Kat.-Nr.171;Tebbe,
Goldschmiedekunst, bes. S.162f.
Der aus einem Elefantenstoßzahn
kunstvoll herausgeschnitzte Humpen
ist mehr Kunstwerk als Trinkgef äß.
07 Bierberühmtheiten und Bierschätze
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