Previous Page  65 / 72 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 65 / 72 Next Page
Page Background

143

Apostelhumpen

Creußen, 2. Hälfte 17. Jahrhundert | Steinzeug,

Emailfarben, Zinnmontierung, H. 19,5cm, Ø20cm |

Bayerischer Brauerbund e.V., München (74)

D

ie ersten Trinkgefäße aus Creußener

Herstellung lassen sich für das frü-

he 17. Jahrhundert nachweisen. Der dafür

benötigte roteTon kam aus örtlichen Gru-

ben. Daraus drehten die Töpfer, auch Haf-

ner genannt, auf derTöpferscheibe Flaschen,

Kannen und Krüge. Auf die oft als Humpen

bezeichneten gedrungenen,massigen Hen-

kelkrüge wurden mit Hohlformen, den so

genannten Modeln, reliefartige figürliche

Darstellungen aufgeprägt. Das beliebtes-

te Bildthema für diese Auflagen waren in

Creußen die Zwölf Apostel. Beim Brennen

über offenem Föhrenholzfeuer wurde der

Ton gesintert, das heißt zu wasserundurch-

lässigem Steinzeug verbacken und zusätzlich

mit einer widerstandsfähigen Salzglasur ver-

sehen: In den Ofen eingestreutes Salz ver-

dampfte und schlug sich als Mineral auf der

Keramik nieder. Mitte des 17. Jahrhunderts

kam die prächtige Bemalung mit Email-

farben auf, die durch einen zweiten Brand

fixiert wurde.

Der nach oben leicht kegelförmig zu-

laufende Humpen weist einen Standring aus

Zinn und eine Zinndeckelmontierung auf.

Am Fuß des Gefäßes läuft eineWellenranke

mit drei Früchten in jedem Feld um. Die-

ses Dekor legt nahe, dass der Humpen, der

keine Datierung oder Meistermarke trägt,

in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts

entstanden ist. In der Mittelzone befinden

sich die farbigenAuflagen der Zwölf Apos-

tel, voneinander getrennt durch gemalte

Maiglöckchen und blau-weiße Punktroset-

ten. In einem oberhalb verlaufenden weißen

Schriftband sind die Apostel namentlich ge-

kennzeichnet.Das Mittelrund auf der Krug-

vorderseite zeigt ein doppeltes Lilienwap-

pen mit Helmzier, darüber die Buchstaben

G.V.M.B.V.G.A.

“Wappen und Buchstaben

lassen sich nicht zuordnen, kommen aber

auch auf anderen Creußener Humpen vor.

Solche Krüge wurden häufig für Adelige

und angesehene Bürger mit derenWappen

personalisiert. Als gute Kunden Creußens

sind seine Landesherren, die Markgrafen

von Brandenburg-Bayreuth, und deren

böhmische Verwandte überliefert.Vielleicht

war der Humpen einer Person oder Familie

aus diesem Umkreis gewidmet.

M.N.

Lit.:

Horschik, Creußener Steinzeug; Klinge, Creußener

Steinzeug, S.12–22; Kröll, Creußener Steinzeug, S.15–24,

110–147

143

Im oberfränkischen Creußen

wurden die beliebten Zwölf-Apostel-Humpen

für Bier und Wein hergestellt.

312

bier in bayern