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Joseph Groll
Passau, 1870er-Jahre | Fotografie von Emil Wange-
mann (1836–1892) | Rudolf Drasch, Vilshofen
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Joseph Groll
Um 1845 | Öl/Leinwand, 91x78cm | Privatbesitz
J
oseph Groll (1813–1887) entstammte ei-
ner wohlhabenden Brauerfamilie. Sein
Großvater Johann Georg kaufte 1806
für 24 000 Gulden eine Brauerei am Stadt-
platz Nr.6 in Vilshofen. Der Enkel Joseph
wurde als ältestes von 13 Kindern der Ehe-
leute Anna und Joseph Groll am
21.Au-
gust 1813 geboren. Nach dem Besuch der
Werktagsschule erlernte er im elterlichen
Betrieb den Beruf des Bierbrauers. Ob er
während seiner Gesellenzeit auf Wander-
schaft ging und wo er seine Meisterprüfung
ablegte, ist nicht überliefert. Nur sein auf
den 8. August 1835 datierter Entlassungs-
schein vom Militär wegen Untauglichkeit
bezeugt, dass er zu dieser Zeit als „Bräuers-
sohn“ inVilshofen lebte.
Derweil bahnte sich im damals zur Donau-
monarchie gehörigen Pilsen (heute Plzenˇ,
Tschechische Republik) ein Umbruch im
Brauwesen an. Ähnlich wie in vielen ost-
bayerischen Städten lag die Bierherstellung
dort bei einem Verbund brauberechtigter
Bürger.Wenn sie sich später in einer Serie
prunkvoll dekorierter Fotoalben
(C)
ver-
ewigen ließen, so hätten sie dazu in den
1830er-Jahren noch wenig Grund gehabt,
denn das traditionelle obergärige Pilsner
Gersten- und Weißbier scheint in die-
ser Zeit kaum konkurrenzfähig gewesen
zu sein.Verantwortlich dafür waren wohl
mangelndes Qualitätsbewusstsein mancher
Brauer und veraltete Geräte, zudem die
Konkurrenz durch das in Bayern übliche
Brauverfahren mit untergäriger, bei nied-
riger Temperatur gärender Hefe, das nun
auch in Böhmen immer beliebter wurde.
Seit Anfang 1839 betrieb der Ausschuss der
brauberechtigten Pilsner Bürger mit großer
Dringlichkeit die Errichtung eines neuen
Brauhauses in der Vorstadt Bubeneˇc. Die
Initiatoren betonten, dass hier zukünftig mit
neuester Technik und „auf bairische Art“,
also untergärig, gebraut werden sollte. Der
mit dem Bau beauftragte Architekt Martin
Stelzer wurde zur Erkundung moderner
Brauereianlagen nach Bayern geschickt.
Bei dieser Gelegenheit muss Stelzer
auf Joseph Groll aufmerksam geworden
sein. Stelzer empfahl ihm, sich in Pilsen als
Braumeister zu bewerben. Der 29-Jährige
bekam die Stelle und braute am 5. Oktober
1842 den ersten Sud. Zum Martinimarkt
am 11. November wurde das neuartige
Lagerbier in Pilsen erstmals ausgeschenkt,
das sich von Beginn an großer Beliebtheit
erfreute. Ausschlaggebend für den Erfolg
war wohl die Kombination aus dem wei-
chen Pilsner Wasser, das einen starken Zu-
satz von edelbitterem Saazer Hopfen er-
laubte, mit besonders hellem Gerstenmalz,
das mittels einer modernen Heißluftdarre
hergestellt werden konnte, und der Ver-
gärung mit bayerischer Unterhefe, die für
einen süffig-herben Grundgeschmack und
lange Haltbarkeit sorgte.
Der Niederbayer Joseph Groll
begründete 1842 im böhmischen Pilsen
eine neue Biersorte: das Pils.
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bier in bayern