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Storielle
Olympia Fulvia Morata
Sie
wäre wohl die erste Professorin an einer deutschen Universität
geworden – wenn sie nicht bereits mit 29 Jahren gestorben wäre:
Olympia Fulvia Morata. Eine Italienerin, die letztlich auch aus
Glaubensgründen nach Deutschland geht. Eine gebildete Frau, die
sich der männlichen Alleinherrschaft in den Wissenschaften
stellt. Eine Lebensgeschichte, die durch den allzu frühen Tod
unvollendet bleibt.
Im Jahr 1526 geboren, wuchs Olympia am Hof der Este in Ferrara
auf. Nach dem ersten Unterricht durch ihren Vater Fulvio
Pellegrino Moretto erwarb sie sich gemeinsam mit der Prinzessin
Anna d’Este umfassende Kenntnisse in der lateinischen und
griechischen Sprache. Bereits im Alter von 15 Jahren hielt sie
drei öffentliche Vorlesungen über eine Schrift Ciceros.
Doch der kometenhafte Aufstieg des Wunderkindes fand ein jähes
Ende. Der Vater hatte sich dem Calvinismus zugewandt und war
deshalb vom Hof verwiesen worden. Als er 1548 starb, war auch
die Karriere der Tochter schlagartig zu Ende: An den Hof durfte
sie nicht mehr zurückkehren. Olympia Fulvia musste sich neu
erfinden und tat dies, indem sie den Arzt Andreas Grundler, der
den Vater ärztlich betreut hatte, heiratete. Ihm folgte sie nach
Augsburg, Würzburg und schließlich nach Schweinfurt. Hier
befasste sie sich intensiv mit den Schriften der Reformatoren,
stand in regem Briefwechsel mit ihren italienischen Freunden und
unterrichtete ihren jüngeren Bruder sowie die Tochter einer
befreundeten Familie in den alten Sprachen. Doch auch dieses
Glück währte nicht lange: 1553 wurde Schweinfurt im Zusammenhang
mit den Feldzügen des Markgrafen von Ansbach geplündert und in
Brand gesteckt, die Grundlers flohen ohne irgendeine Habe nach
Heidelberg. Hier wurde Olympia Fulvia ein Lehrauftrag für
Griechisch an der Universität angeboten, doch schon kurz darauf,
im Herbst 1555, erlag sie einem fiebrigen Leiden. Zwei Monate
später folgten ihr der Ehemann und der kleine Bruder Emilio ins
Grab.
Text: Ralf Skoruppa