Direkt zur Haupt Navigation springen.
Direkt zum
Inhalt springen
Storielle
Der
„Bucentaur“ im Würmsee
Wenn ein Ausstellungsstück sprechen und von seinen Erlebnissen
durch die Jahrhunderte erzählen könnte, dann wäre die
Geschichtsschreibung um viele Anekdoten reicher.
Besonders Interessantes zu erzählen hätte der „Bucentaur“, das
Prunkschiff der Wittelsbacher, das seit den 1660er-Jahren auf
dem Starnberger See fuhr. Der eigenartige Name des Schiffes, auf
dessen Deck verschwenderische höfische Feste vor grandioser
Naturkulisse gegeben wurden, rührt von seinem Vorbild, der
venezianischen Prunkgaleere „Bucintoro“.
Zum Bau des Vergnügungsschiffes holte Kurfürst Ferdinand Maria
eigens italienische Handwerker und Ingenieure an den Starnberger
See. Das musste er auch, weil seine aus Turin stammende Ehefrau
sonst wohl nicht mit dem Werk zufrieden gewesen wäre.
Die aus Savoyen stammende Kurfürstin Henriette Adelaide nämlich
hatte nicht nur einen besonders erlesenen Geschmack, vor allem
wollte sie sich in und um München ihr eigenes Italien schaffen.
Dies belegen die überlieferten Namen der vielen italienischen
Künstler und Handwerker, die sich am Münchner Hof die Klinke in
die Hand gaben. Eindrucksvolle Zeugnisse dieser italienischen
Zeit Altbayerns sind der Zentralbau des Schlosses Nymphenburg
oder die nach römischem Vorbild errichtete Theatinerkirche, die
eigentlich nach dem von Henriette Adelaide verehrten und
ebenfalls von ihr „importierten“ Ordensgründer und Heiligen
Kajetan von Thiene benannt ist.
Dem Bucentaur aber schlug am 3. Februar 1758 die Stunde: Das
Prunkschiff wurde abgewrackt; erhalten blieb nur die Heckfigur
sowie ein immerhin zwei Meter langes Modell. Der Unterhalt der
pompösen Staatsgaleere war zu teuer geworden und auch der Stil
der Zeit hatte sich gewandelt: An die Stelle des aufwändig
inszenierten barocken (See-)Festes mit Feuerwerk, Kanonaden und
üppigen Speisetafeln setzte man nun im Rokoko auf feinere und
kleinere Formen der Repräsentation.
Text: Ralf Skoruppa