04 Zwischen Biertisch und Kegelbahn
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Katalog
054
Die Übernahme einer Post- und
Telegrafenstation bot einen
profitablen Nebenerwerb für Wirte.
Vielerorts ist die Erinnerung an das
„Gasthaus zur Post“ lebendig geblieben.
Z
ur postalischenVersorgung der Bevöl-
kerung in ländlichen Gebieten wur-
den in Bayern ab 1860 so genannte Post-
ablagen eingerichtet. Diese wurden von
Privatpersonen im Nebenberuf betrieben,
die „die nötige persönliche Eignung be-
sitzen und sich in ausreichend gesicherter
wirtschaftlicher Lage befinden“ mussten,
wie es noch 1927 hieß, und die eine Amts-
bürgschaft über 1000 Mark vorlegen konn-
ten. Mit Postablagen verdienten sich unter
anderem Lehrer,Gastwirte undWitwen von
Postbeamten etwas dazu. Sie hatten für den
Post- und gegebenenfalls auch für einen
Telegrafiebetrieb die Räumlichkeiten samt
Ausstattung bereitzuhalten, sofern Letztere
nicht gestellt wurde. Diente die Postanstalt
zudem der Personenbeförderung, so war
den Reisenden „bis zu ihrer Abfertigung
in einem anständigen, heizbaren Lokale zur
Tag- und Nachtzeit unentgeltlich Obdach“
zu gewähren.
Wie bei Posteinrichtungen üblich,
zeigte am Eingang ein Schild mit Staats-
wappen und der genauen Bezeichnung den
Status derVerkehrsanstalt an. Seit 1885 waren
diese Schilder aus Zinkblech gefertigt und
mit einer eichenholzartigen Lackierung ge-
rahmt. Die Gestaltung des hier gezeigten
Schilds wurde 1898 in Bayern eingeführt.
Vermutlich mit dem Ende der Monarchie
1918 wurden der Buchstabe „K.“ für „Kö-
nigliche“ sowie die Königskrone übermalt.
Als die Bayerische Post zwei Jahre später
der Reichspost eingegliedert wurde, kamen
neu gestaltete Schilder zum Einsatz. Das
nun unbrauchbar gewordene Schild wur-
de möglicherweise als Funkenschutz vor
einem Kamin zweckentfremdet. Es wurde
auf der rechten Seite beschnitten und mit
verschiedenen Bohraufsätzen umlaufend
und mittig mit Lochreihen versehen, die
Rückseite erhielt eine schwarze Lackierung.
Das so zugerichtete Schild wurde wohl mit
der Vorderseite nach unten am Boden vor
dem Kamin verschraubt.
B. E.
Quellen:
Dienstvertrag von Gastwirt Bernhard Feulner als
Poststallhalter in Markt-Schorgast, Bamberg 1852, sowie
Dienstvertrag von PostagentWeigel in Lindenhardt, 1900
(Museum für Kommunikation Frankfurt,Archiv)
Lit.:
von Camppenberg, Postarchiv;Thiel, Posthausschilder
054
Schild für eine
Postagentur mit Telegrafenstation
Bayern, um 1898–1920 | Eisenblech, bemalt,
46,5x70cm | Museumsstiftung Post und
Telekommunikation/Museum für Kommunikation
Berlin (3.2005.103)