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04 Zwischen Biertisch und Kegelbahn

183

Katalog

054

Die Übernahme einer Post- und

Telegrafenstation bot einen

profitablen Nebenerwerb für Wirte.

Vielerorts ist die Erinnerung an das

„Gasthaus zur Post“ lebendig geblieben.

Z

ur postalischenVersorgung der Bevöl-

kerung in ländlichen Gebieten wur-

den in Bayern ab 1860 so genannte Post-

ablagen eingerichtet. Diese wurden von

Privatpersonen im Nebenberuf betrieben,

die „die nötige persönliche Eignung be-

sitzen und sich in ausreichend gesicherter

wirtschaftlicher Lage befinden“ mussten,

wie es noch 1927 hieß, und die eine Amts-

bürgschaft über 1000 Mark vorlegen konn-

ten. Mit Postablagen verdienten sich unter

anderem Lehrer,Gastwirte undWitwen von

Postbeamten etwas dazu. Sie hatten für den

Post- und gegebenenfalls auch für einen

Telegrafiebetrieb die Räumlichkeiten samt

Ausstattung bereitzuhalten, sofern Letztere

nicht gestellt wurde. Diente die Postanstalt

zudem der Personenbeförderung, so war

den Reisenden „bis zu ihrer Abfertigung

in einem anständigen, heizbaren Lokale zur

Tag- und Nachtzeit unentgeltlich Obdach“

zu gewähren.

Wie bei Posteinrichtungen üblich,

zeigte am Eingang ein Schild mit Staats-

wappen und der genauen Bezeichnung den

Status derVerkehrsanstalt an. Seit 1885 waren

diese Schilder aus Zinkblech gefertigt und

mit einer eichenholzartigen Lackierung ge-

rahmt. Die Gestaltung des hier gezeigten

Schilds wurde 1898 in Bayern eingeführt.

Vermutlich mit dem Ende der Monarchie

1918 wurden der Buchstabe „K.“ für „Kö-

nigliche“ sowie die Königskrone übermalt.

Als die Bayerische Post zwei Jahre später

der Reichspost eingegliedert wurde, kamen

neu gestaltete Schilder zum Einsatz. Das

nun unbrauchbar gewordene Schild wur-

de möglicherweise als Funkenschutz vor

einem Kamin zweckentfremdet. Es wurde

auf der rechten Seite beschnitten und mit

verschiedenen Bohraufsätzen umlaufend

und mittig mit Lochreihen versehen, die

Rückseite erhielt eine schwarze Lackierung.

Das so zugerichtete Schild wurde wohl mit

der Vorderseite nach unten am Boden vor

dem Kamin verschraubt.

B. E.

Quellen:

Dienstvertrag von Gastwirt Bernhard Feulner als

Poststallhalter in Markt-Schorgast, Bamberg 1852, sowie

Dienstvertrag von PostagentWeigel in Lindenhardt, 1900

(Museum für Kommunikation Frankfurt,Archiv)

Lit.:

von Camppenberg, Postarchiv;Thiel, Posthausschilder

054

Schild für eine

Postagentur mit Telegrafenstation

Bayern, um 1898–1920 | Eisenblech, bemalt,

46,5x70cm | Museumsstiftung Post und

Telekommunikation/Museum für Kommunikation

Berlin (3.2005.103)