Außenbau, Fassade, seitliche Ansicht
Innenraum, seitlicher Blick, Gewölbe,
Gesamtansicht zur Empore hin
Das
Kloster der Klarissinnen entstand neben dem älteren Minoritenkloster um
1256 und wurde aus Sachsen (Seusslitz) besiedelt. Während der
Hussitenkriege blieb das Kloster verschont. Am Ende des Dreißigjährigen
Kriegs wurde der Konvent jedoch stark beschädigt und am Ende des 17.
Jahrhunderts erneuert. Der Kirchenneubau entstand 1708 bis 1711. Er wird
traditionell Christoph Dientzenhofer zugeschrieben. Die longitudinale
Kirche präsentiert sich mit ihrer Längsseite, die als Eingangsfront
gestaltet ist, an deren Schmalseiten sich das Klostergebäude anfügt. Der
hoch aufgesockelte Bau besteht im Westen aus zwei schlichten
Fensterachsen mit hohen, umrahmten Rundbogenfenstern, hinter welchen
sich der frühere schmälere Raum mit der Nonnenempore befunden hat. Daran
fügt sich ein imposanter, mehrschichtiger Risalit an, der sich über drei
Stockwerke aufbaut. Der Risalit hat fünf Achsen, von welchen die zwei
äußersten schmalen und mit Lisenenrahmen gegliederten Achsen ausgerundet
sind. Sie stellen so eine fließende Verbindung von der Wandflucht zum
Risalit her. Die drei inneren Achsen werden durch hinterlegte ionische
Pilaster großer Ordnung gegliedert. Die Risalitmitte bildet eine
ausgerundete Pilastertravée mit einem schlichten Portal und einem ovalen
und einem runden Fenster übereinander. Über dem stark profilierten und
verkröpften Gesims hebt sich ein hoher Ädikulagiebel mit einem
Rundbogenfenster empor. In die seitlichen Risalitachsen ist jeweils ein
hohes Rundbogenfenster durchbrochen.
Der Bautypus der Kirche ist ein kurvierter Wandpfeilersaal, der aus zwei
identisch gestalteten Raumzellen, zwei querovalen Rotunden besteht, die
durch eine ausgerundete Pilastertravée mit zwei Paaren gekehlter
korinthischer Pilaster getrennt werden. Die querovalen Rotunden sind
hier als Konstruktionshilfen zu verstehen, wie schon bei St. Margarete
in Břevnov und in St. Niklas auf der Kleinseite in Prag. Sie lassen sich
vor allem an den kurviert verlaufenden Wandabschnitten und an den
gekehlten Pilastern ablesen. Das Gewölbe des Hauptraums setzt sich aus
zwei böhmischen Kappen und einem in der Mitte liegenden schmalen
Segelgewölbe zusammen, das zwischen den Pilastertravéen gespannt ist.
Der Bau gehört wegen der zwei getrennten Raumzellen zu den so genannten
bipolaren Kirchenräumen, bei welchen der Longitudinalraum
zentralisierende Tendenzen aufweist. Im Westen trennt eine zweite
ausgerundete Pilastertravée den schmäleren und niedrigeren,
tonnengewölbten Raum mit der ehemaligen Nonnenempore vom Hauptraum ab.
Im Osten ist die Kirche durch eine schmale und untiefe Apsis
abgeschlossen. Die mehrschichtigen Wände des Hauptraums bieten gleichsam
einen richtigen kurvierten „Architekturrausch“ in Weiß, wenn man das
Spiel der Wand- und Gewölbekurven und der schwingenden, stark
profilierten Gesimse betrachtet. Die Wandgestaltung mit den konkaven
Pilastertravéen hat dabei die Qualität einer „Innenfassade“. Der
Kirchenraum dient seit Jahren als Konzertsaal und Ausstellungsort für
mittelalterliche Skulpturen. Für Freunde der dynamischen
Barockarchitektur ist der Raum selbst ein wahres Juwel, das zur
Bewunderung herausfordert.