Außenbau – nordwestliche Gesamtansicht
mit Langhaus
Innenraum – architektonische Umrahmung
eines Seitenjoches des Langhauses
Emporen – Obergarden – Blick durch die
seitlichen Maueröffnungen der Joche
Chorraum und Kuppelturm 1737–1751,
Innenraum – frontale Gesamtansicht zum Presbyterium – Gewölbefresko
Hauptaltar nach einem Entwurf von
Andrea Pozzo von einem unbekannten Meister im ersten Viertel des 18.
Jahrhunderts
Blick in die Kuppel über dem
Presbyterium, Fresko mit der Himmlischen Glorie von Franz Xaver Palko
Gewölbefresko – Begebenheiten aus dem
Leben und Wundertaten des hl. Nikolaus
Die Jesuiten bekamen 1625 von Kaiser
Ferdinand II. ein Grundstück auf der Kleinseite in Prag für die
Errichtung eines Professhauses geschenkt, um ihre Position in der Zeit
der Gegenreformation zu festigen. Schon um die Mitte des 17.
Jahrhunderts wurde ein Neubau geplant, der sich jedoch wegen
finanzieller und rechtlicher Probleme verzögerte. Das Professhaus wurde
1691 fertiggestellt. Das Langhaus mit der Fassade der neuen
Professhauskirche wurde 1702 bis 1711 von Christoph Dientzenhofer
gebaut, die östlichen Teile mit Kuppelraum und Turm hat sein Sohn Kilian
Ignaz 1737 bis 1751 vollendet. Die Jesuiten haben von vornherein den
Bautypus gemäß der jesuitischen Tradition bestimmt: einen geräumigen
Wandpfeilersaal mit Abseiten, Emporen und einem kurzen Presbyterium mit
Seitenkapellen. Christoph Dientzenhofer ließ sich jedoch für diesen
etwas erstarrten Bautypus etwas ganz Besonderes einfallen. Üblicherweise
verlaufen die Gurte beim Wandpfeilersaal als Gliederungselemente einer
Tonne im Langhaus, auf einer senkrechten Luftlinie von dem Wandpfeiler
einer Seite zum Wandpfeiler auf der anderen Seite, und trennen
gleichmäßig die Tonnenabschnitte voneinander ab. Die Gurte fußen dabei
auf den vorgelegten Pilastern der Wandpfeiler. Dientzenhofer hat nun auf
dem Grundriss in das Langhaus zwischen den Wandpfeilern fünf querovale
Rotunden als abstrakte Konstruktionshilfe projiziert, davon die erste
und letzte Rotunde nur zur Hälfte. Dabei überlappen sich die Rotunden,
deren Umrisse die Gurte verdeutlichen, und dringen bis zu ihrer Mitte
ineinander ein. Im Gegensatz zur früheren Lösung beschreiben in St.
Niklas die Gurte in ihrem Verlauf eine halbe Querrotundenkurve. Als
Raumabschluss des Langhauses entsteht keine Tonne, sondern eine
Gewölbekonfiguration aus zwei sich abwechselnden Linsen- und reduzierten
Segelgewölben als Ausschnitte der Rotundenkuppeln. Allerdings wurden die
Gurte später, als das Langhausfresko entstand, abgeschlagen. Die
eingestellten querovalen Rotunden haben im Langhaus neben der
Gewölbegestaltung noch weitere architektonische Strukturen bewirkt. So
wurden die Stirnseiten der Wandpfeiler mit den vorgelegten Pilastern
monumentaler Kompositordnung, auf welchen die Gurte fußen, diagonal
schräg gestellt. Da gleichzeitig jeweils zwei Gurte aufgrund der
Rotundenüberschneidungen von einem Wandpfeiler ausgehen, entstanden
v-förmige, kerbenartige Einschnitte in den Wandpfeilerkörpern, in welche
zusätzlich ein Knickpilaster gesetzt wurde. Der Verlauf der Querrotunden
lässt auch die Arkadenöffnungen der Emporen und die Emporenbrüstung
zwischen den Wandpfeilern konkav einschwingen. Im Gegenzug dazu wölbt
sich die Mitte der Emporenbrüstung vor. Das Ganze bringt ein ganz
anderes Raumerlebnis mit sich. Anstatt ruhender Stille der weit
verbreiteten Wandpfeilersäle sind die Raumseiten bei St. Niklas von
einer starken wellenartigen Bewegung ergriffen. Die Monumentalität des
Raums wird noch durch das Gewölbefresko mit den Begebenheiten aus dem
Leben und Wundertaten des hl. Nikolaus mithilfe von Scheinarchitektur
und dem „geöffneten“ Freskohimmel gesteigert.
Der von Kilian Ignaz Dientzenhofer gebaute opulente Kuppelraum mit zwei
schmäleren Seitenkonchen und einer tieferen halbrunden Apsis gehört zu
den schönsten in Böhmen. Jeweils ein Paar monumentaler Freisäulen mit
Kolossalskulpturen der Kirchenväter vor den tragenden Pfeilern leiten
über die Pendentifs zu dem mächtigen Tambour, der die prunkvolle Kuppel
mit einer Laterne trägt. Das Kuppelfresko zeigt die Himmlische Glorie.
Der Kuppelraum baut sich über dem von frei stehenden Säulen umrahmten
Hauptaltar auf, dessen gezielte Lichtregie die vergoldete Skulptur des
hl. Nikolaus effektvoll in Szene setzt. Der sehr kostspielige glänzende
Stuckmarmor und die reiche vergoldete Verzierung sowie die
qualitätvollen Skulpturen steigern wirkungsvoll das überaus prächtige
Erscheinungsbild der Kirche, das als Gleichnis für die jenseitige
Herrlichkeit stehen könnte.
Auch die drei Stockwerke der dreiachsigen Kirchenfassade sind mit einem
kurviert gestalteten Giebel versehen. Die mächtige wellenartige
Modellierung, die in mehreren Wandschichten erfolgt, entsteht durch die
konkaven Vertiefungen der Achsenmitten bei gleichzeitig konvexen
Vorsprüngen der Flanken des Mittelrisalits. So scheint sich die
Fassadenmitte zu öffnen, nur das kräftige Gesims in der Mitte hält es
noch zusammen. Der auffällige Mittelrisalit hat unten ein Hauptportal,
das von frei stehenden Säulenpaaren flankiert ist. Im ersten Stock ist
in einer Ädikula ein hohes Rundbogenfenster mit einem Balustradenbalkon
eingelassen, das in einem gesprengten Segmentbogengiebel endet. Darüber
baut sich ein hoher Giebel ebenfalls mit einer Ädikula auf, in der sich
eine Figurennische befindet. Die St.-Niklas-Kirche auf der Kleinseite in
Prag gehört zu den bedeutendsten sakralen Bauwerken. Sie darf als
Hauptwerk der barocken kurvierten Architektur in Böhmen gelten.