Der Biergenuss schon
im Kindesalter war in Bayern lange Zeit
eine Selbstverständlichkeit.
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„Münchener Kinder“
Aus: „Simplicissimus“ 8/21 vom 18.8.1903, S.168 |
Bruno Paul (1874–1968) | Buchdruck, 38x28cm |
Haus der Bayerischen Geschichte,Augsburg
D
er Sachse Bruno Paul kam 1894 zum
Studium der Malerei nach München,
das er jedoch nie abschloss. 1896 lieferte
er Zeichnungen für die neue, in München
erscheinende Zeitschrift „Jugend“. Im fol-
genden Jahr wechselte er zum 1896 gegrün-
deten „Simplicissimus“, der Zeitschrift, die
sich – zunächst als literarisches Blatt mit
künstlerischer Ausstattung geplant – schnell
zum führenden deutschsprachigen politi-
schen Karikaturenblatt entwickelte.
Bruno Paul war bis zu seinem Umzug
nach Berlin 1906 neben Thomas Theodor
Heine der wichtigste Zeichner des „Simp-
licissimus“ und wie dieser ein scharfer, ge-
sellschaftskritischer Beobachter seiner Zeit.
Er nahm Stellung zu aktuellen politischen
Ereignissen, kritisierte schonungslos die
Ungerechtigkeiten der wilhelminischen
Gesellschaft und ergriff die Partei der Un-
terprivilegierten und Armen.
Als „Zugereister“ amüsierte er sich
aber auch gerne über die bayerische Lebens-
art und stellte die „Eingeborenen“ als be-
sonders derben Menschenschlag dar. Dass
es in Bayern in dieser Zeit selbstverständlich
war, bereits Kinder Bier trinken zu lassen,
schildert Bruno Paul ebenso drastisch wie
überspitzt anhand einer kleinbürgerlichen
Familie in einem (Münchner) Biergarten,
wenn er die Mutter das sichtlich berausch-
te Kind zurechtweisen lässt, wegen einer
Maß Bier doch kein solches Aufheben zu
machen: „Du Muatta, i hab an Rausch.“ –
„Was? Schamst di net? Wegen oaner Maß
Bier?“
A.St.
Lit.:
Günther, Bruno Paul; StroblwPalmbach, Bruno Paul;
Ziffer, Bruno Paul
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bier in bayern