Schweigend führte Jocher seine Begleiter durch die kostbar ausgestattete Basilika. Ebenso wortlos führte er sie dann wieder ins Freie. Dort konnte sich Ockel nicht enthalten zu sagen (denn er war ein Mann, der Sparsamkeit und Einfachheit liebte, sogar bei sich selbst): "Bedarf denn die Verehrung Gottes solchen Prunks? Muss Gottes Allmacht erst durch menschliche Verschwendungssucht bewiesen werden?"
"Lassen Sie mich mit einer Gegenfrage antworten, Herr Kommissär", erwiderte Jocher. "Soll das Haus Gottes eine Hütte sein, wenn Menschen sich Paläste bauen? Ist nicht die Residenz Seiner kurfürstlichen Durchlaucht mit aller Pracht ausgestattet? Ist Gott denn weniger als der Kurfürst?"
Ockel schwieg, aber im stillen gab er dem Pater recht. Sie gingen nun über den Friedhof; Pater Waldram zeigte den beiden das Krankenhaus und die Bibliothek, die weitab von den anderen Gebäuden lag, damit sie bei einem Feuer vor Schaden bewahrt bliebe. ´Was wird wohl aus all den Bücherschätzen werden, die das Kloster seit Jahrhunderten gesammelt und bewahrt hat?´ dachte er, aber er fragte nicht, denn er fürchtete die Antwort.
Als sie an der Pfarrkirche vorbeischritten, fragte Ockel: "Wozu denn noch eine Kirche,
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so dicht bei der anderen? Heißt das nicht den Aufwand zu weit treiben? Wenn man die Klosterkirche dem Volke öffnete, wäre die Pfarrkirche doch wohl entbehrlich!" Jocher antwortete nur: "Ersparen Sie mir, Herr Kommissär, dazu eine weitere Stellungsnahme. Ich würde Sie doch niemals überzeugen können."
Endlich gelangten sie zu einem mächtigen Bau, der einen großen Innenhof umschloss und wohl mehrere hundert Meter Umfang besaß.
"Das, meine Herren", sagte Jocher, während sie die Rampe zur großen Eingangstür emporstiegen, "ist das letzte, was ich Ihnen zu zeigen die Ehre habe: unser Meierhof".
Sie blickten durch die schier endlosen Hallen, über denen sich die dicken Balken des Dachstuhls kreuzten. Da lagerten Korn, Heu und Stroh in gewaltigen Mengen, da wieherten Pferde, muhten Kühe und grunzten Schweine. Da mischten sich die verschiedensten Gerüche zu einem so intensiven Dunst, dass die beiden Städter unwillkürlich die Nase rümpften.
Jocher sah es, und zum ersten Mal erschien der Anflug eines Lächelns in seinem Gesicht. "Ja, meine Herren, hier riecht es natürlich nicht nach Papier und Tinte, wie sie es wohl gewöhnt sind. Hier ist das Herzstück
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unserer klösterlichen Landwirtschaft, die so vielen Menschen Arbeit und Brot gibt." Dann verschwand das Lächeln, und er sagte: "Sie haben jetzt die ganze Klosteranlage gesehen. Das alles haben wir geschaffen, und Sie wollen es uns nehmen." Anklagend und bitter war sein Ton nun geworden.
Ockel hatte insgeheim Mitleid mit ihm, aber er sagte dennoch, was er zu sagen für seine Pflicht hielt: "Dank der Großzügigkeit der bayerischen Herrscher und - das gebe ich gern zu - auch dank eigener Leistung und zähen Beharrungswillens haben die Benediktbeurer Mönche dies alles aufbauen können. Jetzt aber ist es an der Zeit, dem Staat, dessen Wohlfahrt über allem stehen muss, das, was er mit Fug und Recht beanspruchen kann, zu übergeben."
Was sollte Pater Waldram Jocher da noch entgegnen? Nach einem kurzen Gruß gingen die drei auseinander.
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