Bebo


Papst Eugen III.


Eichstätter Bischofs- geschichten


ZURÜCK <



Anonymus Haserensis, De gestis episcoporum Eistetensium (Von den Taten der Bischöfe von Eichstätt)

EINLEITUNG | ORIGINAL UND ÜBERSETZUNG



Einleitung

Über den Anonymus Haserensis ('von Herrieden') ist nur wenig bekannt. Das Stift Herrieden bezeichnet er als seine Heimat (patria); vielleicht stammte er aus der Gegend, sicherlich wurde er aber hier erzogen. Unter Bischof Gebhard I. (1042-1057) muss er Mitglied des Eichstätter Domkapitels geworden sein. Zwar hatte er außerdem noch eine Pfründe als Domkanoniker in Würzburg, jedoch lag sein Lebensmittelpunkt eindeutig in Eichstätt, denn er war ein enger Vertrauter und wahrscheinlich auch Kapellan Bischof Gundekars II. von Eichstätt (1057-1075). Möglicherweise ist er identisch mit einem der drei namentlich bekannten Kapelläne Gundekars, die uns in verschiedenen Quellen wiederholt entgegentreten: Helmprecht, Ar(i)bo oder Megingoz.
Das Werk des Anonymus Haserensis ist frühestens 1078, aber auch kaum sehr viel später verfasst worden. Es war dreiteilig angelegt: Der erste Teil berichtete vermutlich Ereignisse, in deren Mittelpunkt die Kaiserin Agnes stand. Ihr widmete der Autor dieses Büchlein. Erklärtes Ziel des Anonymus war es, die Geschichte Bischof Gundekars II. von Eichstätt zu erzählen; sie muss den dritten Teil des Textes gebildet haben. Erhalten geblieben ist ausschließlich der zweite Teil: Als eine Art Vorspann gibt der Autor einen Überblick über die Vorgänger Gundekars und erzählt die "Eichstätter Bischofsgeschichten".
Der Text ist nur in einer Abschrift aus dem Jahr 1483 überliefert. Da das Fragment im ersten Amtsjahr Gundekars abbricht, lässt sich nur wenig über Abfassung und Intention aussagen. Nur Indizien erlauben einige Vermutungen dazu. Die Eichstätter Kirche befand sich zur Entstehungszeit des Werkes in einer brisanten Situation. In der Ausbruchsphase des sogenannten Investiturstreits war sie zwischen die Fronten des salischen Königtums einerseits und des Reformpapsttums andererseits geraten. Der Zwiespalt war entstanden, als Kaiser Heinrich III. den Eichstätter Bischof Gebhard I. 1055 zum Papst machte. Sowohl Gebhard als Papst Viktor II. als auch Heinrich III. und seine Gemahlin Agnes, der ja der erste Teil gewidmet war, setzten sich für kirchliche Reformen ein. Als es aber nun in der nächsten Generation zwischen König Heinrich IV. und Papst Gregor VII. (1073-1085) zum Bruch kam, fühlte man sich in Eichstätt beiden Seiten verpflichtet. Während die meisten geistlichen und weltlichen Fürsten sich in diesem Konflikt für die eine oder andere Partei entschieden, versuchte Bischof Gundekar mit seiner Kirche diese Spannung auszuhalten. In dieser Situation verfasste der Anonymus sein Werk, um das Eichstätter Selbstverständnis nach innen zu stärken und nach außen zu verteidigen.
Die "Eichstätter Bischofsgeschichten" lassen erkennen, dass ihr Autor sein Werk sorgfältig vorbereitet hatte. Er trug sein Wissen aus zahlreichen Quellen zusammen und hatte als Vertrauter Gundekars Zugang zum bischöflichen Archiv. Bei den ausgewählten Kapiteln, die über Bischof Megingoz berichten, bezog er sich allerdings verstärkt auf die mündliche Tradition. Er gibt an, über diesen Bischof viel Wunderliches gehört zu haben. So berichtet er über die anderen Eichstätter Bischöfe vor allem Bedeutendes, das den Ruhm der Kirche mehrte. Über Megingoz erzählt er zwar verhältnismäßig viel, aber nur wenig, was seiner Kirche zur Zierde gereichen konnte. Einzig die Tatsache, dass er sich Heinrich II., der für seine Bistumsgründung Bamberg Gebiete der Diözese Eichstätt verlangte, sein Leben lang erfolgreich widersetzte, wird ihm als Verdienst angerechnet. Trotzdem klingt viel Sympathie für den sinnesfreudigen Bischof durch. Bei den anekdotenhaften Geschichten lässt sich der Wahrheitsgehalt kaum nachprüfen. Für den Historiker sind sie dennoch hoch interessant, weil sie sehr viele Einzelheiten vom Leben im Umfeld eines Bischofs transportieren. Besonders die Bedeutung des Ranges einer Person für das Funktionieren der Gesellschaft um die Jahrtausendwende wird hier nachvollziehbar gemacht.

(Tania Brüsch)