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Welfen
als Herzöge in Bayern
Erst die Einsetzung Welfs (IV.) I. (1070 - 1101) zum bayerischen
Herzog bedeutete in dieser Entwicklung einen Wendepunkt. In der
das Reich in eine schwere Krise stürzenden Auseinandersetzung
zwischen Kaiser und Papst, dem Investiturstreit, gelang es ihm,
die territoriale Hausmacht in Bayern auszubauen. Als entschiedener
Parteigänger des Papstes nutzte er die Wirren der innerdeutschen
Kämpfe zur Festigung der eigenen Machtposition. Die Welfen
konnten so, mit einer einzigen Unterbrechung, über fünf
Generationen den Herzog in Bayern stellen. Sie wurden zusammen mit
den Staufern, die ebenfalls zur Zeit des Investiturstreits zu Herzögen
in Schwaben aufgestiegen waren, das bestimmende Geschlecht in Deutschland.
Der Investiturstreit zwischen Kaiser
und Papst beschleunigte tiefer greifende gesellschaftliche Veränderungen.
Der Kaiser konnte nicht mehr wie bisher die Reichskirche, d.h. die
Bistümer und die reichsunmittelbaren Klöster, zur Unterstützung
der weltlichen Zentralgewalt heranziehen, wie es insbesonders unter
den Ottonen üblich gewesen war. Im Kampf gegen den großteils
auf der Seite des Papstes stehenden Hochadel zog der Kaiser verstärkt
Königs- und Dienstmannen zur Verwaltung heran. Neben den Vertretern
des kleinen Adels gelang es dabei auch Unfreien, in den vom Kaiser
privilegierten Stand der Reichsministerialität aufzusteigen.
Vor allem im schwäbischen und fränkischen Raum wurden
die Folgen dieser ersten Reichslandpolitik sichtbar. Im Mittelpunkt
des Staatsausbaus unter königlicher Verwaltung stand hier der
Königshof Nürnberg.
Neben der Reichsministerialität
sollte durch systematischen Landausbau mit der Errichtung neuer
Marken und mit Hilfe des Rodungsbauerntums eine Stärkung der
Königsgewalt erreicht werden. Bereits Kaiser Heinrich III.
(1039 - 1056) hatte beim Ausbau der Marken Cham und Nabburg entlang
der bayerischen Grenze Dienstmannen herangezogen. Die Staufer setzten
diese Politik der Salier im 12. Jahrhundert fort. Außerdem
gewannen sie die Unterstützung vieler Städte, deren Selbständigkeit
sie durch zahlreiche Privilegien entscheidend förderten.
Streit
zwischen Welfen und Staufern
Einen tiefen und letztendlich entscheidenden Einschnitt in dieser
Phase der Konsolidierung der welfischen Herzogsgewalt in Bayern
bildete der unter Heinrich dem Schwarzen (1120 - 1126) aufbrechende
staufisch-welfische Gegensatz, der sich 1125 an der Unterstützung
des Welfen bei der Königswahl für Lothar von Supplinburg
und somit gegen den Staufer Friedrich von Schwaben entzündete.
Der Sohn und Nachfolger Heinrichs des Schwarzen, Heinrich der Stolze
(1126 - 1138), ehelichte die einzige Tochter Lothars und trat als
dessen entschiedener Parteigänger hervor, was ihm zusätzlich
die Herzogswürde in Sachsen einbrachte und nach Lothars Tod
auch die Möglichkeit zu dessen Nachfolge bot. Die Wahl entschied
aber gegen Heinrich den Stolzen zugunsten des Staufers Konrad III.
Die daran anschließende Auseinandersetzung erbrachte für
Heinrich den Verlust der Herzogtümer.
Bayern kam 1139 an die Babenberger.
Nach dem Tod Heinrichs des Stolzen führte zuerst sein Bruder
Welf III. und später sein Sohn Heinrich der Löwe (1156
- 1180) den Kampf fort. Franken wurde neben Schwaben zum Mittelpunkt
staufischer Herrschaft, was auf dem guten Verhältnis zu den
fränkischen Bischöfen, zur fränkischen Reichsministerialität,
dem systematischen Landausbau und dem Erwerb von Vogteien und Grundherrschaften
im fränkisch-schwäbischen Raum beruhte. Würzburg,
Bamberg, Nürnberg und viele andere Städte, die die Staufer
gegründet bzw. gefördert hatten, bildeten dabei ein Netz
von Stützpunkten gegen die Welfen.
Ende des Stammesherzogtums
Erst nach dem Tod Konrads III. wurde unter
Friedrich I. Barbarossa (1152 - 1190) eine vorläufige Beilegung
des staufisch-welfischen Konfliktes erreicht. Friedrich gab 1156
Heinrich dem Löwen zum Herzogtum Sachsen ein verkleinertes
Herzogtum Bayern zurück. Der Babenberger Heinrich Jasomirgott
behielt das nun endgültig von Bayern abgetrennte, zum Herzogtum
erhobene Österreich und bekam als Entschädigung im "Privilegium
minus" weitreichende Rechte zugestanden, die die Grundlage
für die rasche Entwicklung Österreichs in der folgenden
Zeit bildeten.
Heinrich der Löwe richtete sein Hauptaugenmerk auf Sachsen.
Bayern spielte in seinen Überlegungen eher eine Nebenrolle,
wenngleich er mehrere Städte, u.a. 1158 München, gründete.
Er hatte durch seine Machtfülle mit den beiden Herzogtümern
Sachsen und Bayern eine fast königsgleiche Stellung im Reich
inne. Die Allianz zwischen ihm und dem mehr nach Italien orientierten
Kaiser konnte deshalb nicht von Dauer sein. Nachdem Friedrich Auseinandersetzungen
mit dem Papst beigelegt hatte, vollzog er eine Neuordnung in Deutschland.
Einen Prozeß, den einige sächsische Gegner Heinrichs
wegen Rechtsbrüchen angestrengt hatten, benutzte Friedrich
1180, um Heinrich die beiden Herzogtümer abzuerkennen und ihn
vorübergehend zu verbannen. Gleichzeitig wurde die Steiermark
von Bayern abgetrennt. Der Welfe konnte zwar wieder nach Sachsen
zurückkehren, doch starb er 1195 in Braunschweig, ohne nochmals
politische Bedeutung erlangt zu haben.
Die 1180 von Friedrich vorgenommene Zerschlagung des Stammesherzogtums
führte, letztlich auf Kosten des Reiches, zu einer Stärkung
der Landesfürsten. Sie stellte einen entscheidenden Schritt
auf dem Weg zur Territorialbildung dar. Aus dem Stammesherzogtum
entstand der Territorialstaat.
Territorienbildung
in Franken und Schwaben
Erheblich anders verliefen die Anfänge der Territorienbildung
in Franken. Das bedeutendste Herrschaftsgebiet, das des Bischofs
von Würzburg, hatte durch die Gründung des Bistums Bamberg
(1007) empfindliche Einbußen erlitten. Zusätzlich war
durch die Etablierung anderer Herrschaftsgebiete, wie z.B. des der
Grafen von Henneberg, die als Burggrafen von Würzburg während
des Investiturstreits im Auftrag des Königs eine Art von Kontrollfunktion
über das Hochstift innehatten, der Einfluß des Bischofs
in Franken weiter zurückgegangen.
Dennoch hatten die Würzburger
Bischöfe, indem sie sich auf ihre Stellung als Verwalter des
fränkischen Königslandes in karolingischer und ottonischer
Zeit beriefen, immer wieder die Herrschaft über ganz Franken
und, damit verbunden, den Titel eines Herzogs für sich beansprucht.
Friedrich Barbarossa, der das Bistum - neben anderen - wieder fest
an das Reich binden und zu einer Stütze seiner Königsmacht
machen wollte, kam dieser Forderung teilweise nach, indem er den
Bischof 1168 zum Herzog von Würzburg erhob. Die herzoglichen
Rechte blieben damit freilich auf das Gebiet des Hochstifts beschränkt.
Ein fränkisches Territorialherzogtum kam nicht zustande, die
politische Entwicklung der Folgezeit ist vom Nebeneinander zahlreicher
Landesherrschaften gekennzeichnet.
Ostschwaben war seit dem Königtum
der staufischen Schwabenherzöge in weiten Teilen Königsland,
daneben existierten viele Adelsherrschaften, unter denen die Welfen
eine führende Stellung einnahmen, und eine große Anzahl
kirchlicher Herrschaftsgebiete, deren bedeutendstes das Bistum Augsburg
war. Als die Staufer 1167 welfisches Erbe antraten, wurde das ostschwäbische
Königsland noch bedeutend erweitert, doch mit dem Ende der
Stauferherrschaft zerfiel auch Ostschwaben in zahlreiche Territorien.
(Josef Kirmeier)
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