Inhalt des Ansbacher Mémoire von 1796 Das Mémoire war einerseits eine scharfe, kritische Sachstandsbeschreibung der Verhältnisse im Bayern Karl Theodors, andererseits ein Katalog von Vorschlägen für weitreichende Reformen auf fast allen Gebieten staatlicher Verwaltung und staatlichen Handelns. Nach Eintritt des Erbfalls 1799, Regierungsantritt Max IV. Joseph als Kurfürst von Pfalz-Bayern und Ernennung Montgelas' zum Minister des Äußeren wurden nahezu alle Vorschläge des Mémoires von 1796 in Bayern verwirklicht. Im Einzelnen beklagte Montgelas im Mémoire die mangelnde Organisation der Verwaltungsbehörden, das Fehlen genau abgegrenzter Geschäftsbereiche, die schlechte Bezahlung und Versorgung der Beamten, die Berufung des Personals nach Willkür der Minister. Abhilfe sollte hier schaffen: eine genaue Aufteilung der Geschäftsbereiche und ihre Organisation nach einheitlichen Strukturen, eine gerechte, angemessene Bezahlung und Versorgung des Personals, die Berufung des Personals durch fürstliche Patente. Für alle innenpolitischen Angelegenheiten sollten nach dem Vorbild des preußischen Generaldirektoriums regelmäßige Sitzungen mit von Fachreferenten aus den einzelnen Provinzen stattfinde. So wurde bereits am 23. April 1799 die Generallandesdirektion in Bayern errichtet. Nach französischem Vorbild sollte eine administrative Aufteilung des Staatsgebiets in Departements (= Kreise) erfolgen. Das Gesamtministerium sollte in die fünf Abteilungen Auswärtige Angelegenheiten; Finanzen, Justiz, Geistliche Angelegenheiten und Krieg geteilt werden, denen jeweils qualifiziertes Personal - vortragende Referendare, ein Geheimsekretär, zwei Kanzlisten, ein Registrator und ein Expeditor - beigegeben würden. Daneben sollte die Geheime Kanzlei als Kabinettssekretariat des Fürsten bestehen. Die Minister sollten die Budgethoheit haben und sich samt den Referendaren wöchentlich dreimal zu einem ordentlichen Staatsrat versammeln, in dem nach dem Mehrheitsprinzip abgestimmt würde. Dieser Staatsrat vertrat den Fürsten, der an den Sitzungen nach Wunsch teilnehmen konnte, während alle politischen Sachen, Kriegswesen und Schenkungen allein dem Regenten vorbehalten waren, der diese in dem nur mit den Ministern besetzten Kabinettsrat beratschlagte. In den Mittelbehörden sollte eine Trennung von Justiz, Verwaltung und Finanzwesen erfolgen; steuerliche und andere Vorrechte der privilegierten Stände sollten abgeschafft werden, ebenso sei die zu hohe Abgabenlast für die Untertanen zu senken. Schließlich wurde das katastrophale System der Binnenzölle in Bayern zu einer grundlegenden Reform empfohlen. Die Einschränkung der Zuständigkeit der Kirchen auf die Glaubenslehre wurde angestrebt, die Aufhebung der Bettelorden und Reform der Abteien und Klöster vorgeschlagen. Die Zensur sollte abgeschafft, die Pressefreiheit eingeführt werden. Eine derart weitgehende Revolution von oben sollte eine Revolution von unten, wie es die Französische Revolution war, verhindern. So postuliert das Mémoire:
Weiter forderte das Mémoire die Unabhängigkeit der Richter, die staatliche Oberaufsicht in allen judikativen Bereichen, die Reform des Straf- und Zivilrechts, die Möglichkeit für die Bauern, adeliges Obereigentum an Grund und Boden abzulösen, sowie die Verbesserung der Universitäten und Schulen. In einer übergeordneten Instanz sollte die Zusammenarbeit der Ministerien gefördert werden und eine Koordination der Einzelmaßnahmen erfolgen. Ziel war es, ein geschlossenes Staatsgebiet zu schaffen, in dessen Ministerien sich alle staatliche Macht vereinte. Darüber hinaus sah Montgelas die Notwendigkeit, ein bayerisches, patriotisches Empfinden zu wecken, um die lokalen und regionalen Gebundenheiten des Einzelnen zu lösen und stattdessen eine Identifikation mit dem Kurfürstentum - ab 1806 Königreich -Bayem herbeizuführen. All dies erforderte neben der politisch-militärischen Absicherung der Eigenstaatlichkeit in der revolutionären und napoleonischen Epoche auch die aktive Mitwirkung und Unterstützung seitens des Herrschers. Er mußte eine für das Herrscherhaus ebenso revolutionäre Trennung von Dynastie und Staat mittragen, um trotz aller Neuerungen oberste Integrationsfigur aller Untertanen in allen Landesteilen zu bleiben. Max Joseph befürwortete das Reformprogramm seines Ministers Montgelas in allen aspekten, was eine unverzichtbare Grundvoraussetzung für die Verwirklichung des gesamten Programms war.
|
|
|