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Schlossbräustüberl Odelzhausen
Was es hier einmal alles gab, lange bevor die Autobahn existierte! Ein Schloss, erbaut um 1150 und vergrößert 1451 unter dem edlen Auer von Pullach (das waren noch Namen!). Als 150 Jahre später Graf Wilhelm von Hundt hier residiert, kommt es 1618 zum »Stern-Ei-Wunder«. Wenn man den Quellen glauben darf, legte im Hühnerhof des Schlosses eine schwarze Henne ein Ei, auf dem Ei befand sich ein Bildnis der Gottesmutter in einem Stern. An der Geschichte muss was dran sein, schließlich schrieb kein geringerer als der hier von 1667 bis 1669 tätige Star-Prediger Abraham a Santa Clara ein Büchlein mit dem unvergesslichen Titel »Gack, Gack, Gack, Gack à Ga einer wunder-seltzamen Henne in dem Herzogthumb Bayrn. Das ist eine ausführliche und umbständliche Beschreibung der berühmbten Wallfahrt Maria Stern in Taxa«. Kein Wunder, dass Taxa bald die drittgrößte Wallfahrt im wallfahrtsfreudigen Bayern war. Um das Ei-Wunder und den dadurch ausgelösten logistischen Aufwand bewältigen zu können, wurde im 17. Jahrhundert ein stattlicher Klosterbau in Taxa errichtet, auf den wir aber nicht näher einzugehen brauchen, weil er in der Säkularisation 1802 restlos abgerissen wurde.
Hühnereier spielen – wenn auch unbemalt – immer noch eine große Rolle in Taxa, sie werden im Schlossbräustüberl verarbeitet, das – wie die Brauerei, das Hotel und das Schlossgut – seit drei Generationen von der Familie Eser bewirtschaftet wird, deren männliche Mitglieder der Einfachheit halber gerne auf den Namen Hans getauft werden. Die Eser Hänse sind ebenso tüchtige wie eigenwillige Leute, und so machten sie sich daran, aus dem, was das 19. Jahrhundert übrig gelassen hatte, einen f lorierenden Betrieb zu machen: Dort, wo sich früher die Wirtschaftsgebäude des Schlosses befanden, entstanden die Brauerei mit den erhaltenen historischen Gewölben und das Bräustüberl. 1968 wurde ein Teil des Schlosses mit dem noch erhaltenen Turm als Hotel wieder aufgebaut. Sogar für die abgerissene Klosterkirche schuf Hans Eser – genauer: der heutige Hans – Ersatz. In Erinnerung an das Kloster errichtete die Familie 2004 eine Kapelle mit sternförmigem Grundriss und stellte damit die in Bayern übliche, wenn schon nicht gottgewollte, so doch zumindest menschenfreundliche paarweise Anordnung von Kirche und Wirtshaus wieder her.
Wenn heute wieder gerne Wallfahrten nach Odelzhausen-Taxa unternommen werden, so weniger in der Erwartung eines neuerlichen Stern-Ei-Wunders als wegen des hier gebrauten vorzüglichen Biers. Kunstfreunde im Allgemeinen und Opernfans ganz speziell sollten an dieser Stelle mindestens eine Halbe »Operator« bestellen – ein dunkles Starkbier aus Hans Esers Schlossbrauerei. Mit diesem Bier hat es nämlich seine einschlägige Bewandtnis: In Erinnerung daran, dass beim Brand der Münchner Oper 1823 die Brauer mit Bier zu löschen versuchten, weil das Wasser ausgegangen war, und dass die Münchner Bürgerschaft den damaligen Wiederaufbau durch einen »Bierpfennig « mitfinanziert hatte, sollte auch bei der festlichen Wiedereröffnung des im Krieg zerstörten Nationaltheaters 1963 das Bier wieder eine besondere Rolle spielen. So wurde der »Operator« kreiert, der seit damals in Odelzhausen-Taxa gebraut wird. Und seither pilgert der Verein der Freunde des Nationaltheaters alljährlich zum Eser Hans, wo man dann die aparte Kombination von Starkbier und besonders guter Live-Musik, bisweilen vorgetragen von echten Kammersängern, genießen kann. Da kommt das Oktoberfest einfach nicht mit!
Essen kann man übrigens auch gut an diesem geschichts und geschichten-trächtigen Ort. Salat und Gemüse wachsen im Schlossgarten, die Forellen kommen aus dem eigenen Fischwasser, das Wild aus der eigenen Jagd und das Bauernbrot stammt aus dem eigenen Holzbackofen. Der Blick in die Speisekarte zeigt daneben, dass man aus einem wirklich guten Bier mit einem bisserl guten Willen (und dem nötigen Können) einfach alles machen kann: Da gibt es eine wunderbare Biersuppe, der Schweinsbraten wird selbstverständlich in einer Biersoße gereicht und zur Nachspeis muss es unbedingt die Biercreme sein!
Wer all das geschafft hat, wird sich vielleicht auch noch auf einen Bierschnaps freuen.
Ein Stamm des Publikums kommt aus Regensburg und München und zählt unleugbar zum neueren Geldadel der maßvoll sich aufführenden Schicki-Art. Und zu teuer ist die gutbürgerliche Küche in Kallmünz von der Forelle über die Fleischstrudel bis zur Entenbrust bestimmt nicht. Sondern »wir kochen wie früher, mit ein wenig mehr Pfiff vielleicht « (Richard Luber) – also im Zeichen unverbrüchlicher Bonität und Oberpfälzer Wohlgesinnung sowieso. Sozusagen obligat als (Zwischen-) Gericht: die mehlnudelig aparten, speckveredelt unwiderstehlichen »Bauchstechala«, die da fast allein eine Anreise hervorlocken.
Text: Toni Schmid