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Gasthof Goldener Adler in Mürsbach
Das Dorf Mürsbach liegt im Itzgrund etwa auf halber Strecke zwischen Bamberg und Coburg. Schon im 11. Jahrhundert bildete es eine eigenständige Großpfarrei mit damals 27 Orten. Mürsbach erfüllte somit über Jahrhunderte eine gewisse Mittelpunktsfunktion, zu der neben der Kirche auch die Wirtshäuser mit ihren Brauereien gehörten. Einer dieser Brauereigasthöfe war der „Goldene Adler“. Die Hofanlage liegt seit dem Mittelalter im Zentrum des Dorfes an der wichtigen Straßenkreuzung, wo im 19. Jahrhundert auch Märkte abgehalten wurden.
Die heutige Gastwirtschaft wurde wohl 1758 unter Verwendung eines Vorgängerbaus errichtet. 1882 erwarb sie Johann Feiler, der das Gasthaus umbauen und den heute noch bestehenden Saalanbau im Obergeschoss errichten ließ. Der letzte Besitzer aus der Familie Feiler, wie seine Vorväter Johann getauft (1922–2002), führte das Brauereianwesen im traditionellen Sinne weiter. Dabei übte er die Berufe des Gastwirtes und Landwirtes, des Brauers, Mälzers und Schnapsbrenners aus. Während zahlreiche Landbrauereien im Bamberger Umland im großen Stil modernisierten oder ganz aufgaben, behielt er die althergebrachte Betriebsform bei – natürlich mit den entsprechenden wirtschaftlichen Konsequenzen. Sanierung und Umbauten führte er nicht durch, weswegen das Anwesen und insbesondere die Gasträume den Zustand der Mitte des 20. Jahrhunderts konservierten. Dies zu bewahren war auch das Anliegen der Familie Andrea und Stefan Schneider, die 2003 die Hofanlage in einem stark schadhaften Zustand erwarb und mit großem Einsatz sanierte.
Das Gasthaus ist ein zweigeschossiger Walmdachbau aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Ursprünglich verputzt, ist sein schlichtes Fachwerk seit Beginn der 1950er Jahre freigelegt. Vom Grundriss unterscheidet sich ein derartiges Dorfgasthaus kaum von den gleichzeitigen Bauernhäusern der Region. Es folgt der üblichen Struktur der mittleren Erschließung auf der Traufseite, bei der man in den Hausplatz eintritt. In gerader Linie folgt die Küche, während man rechts in die Stube gelangt, von welcher aus die Kammer erschlossen wird. An der Stelle der üblichen Bauernstube befindet sich hier eben die Gaststube, die ehemalige, nun herausgenommene Wand der Kammer ist noch durch einen Unterzug ablesbar.
Der Gastraum besitzt noch den traditionellen, durch jahrzehntelanges Ölen und Wachsen dunkel gefärbten Weichholzdielenboden, die Wand umlaufen Holzpaneele, die mit Bierlasur gestrichen sind. Geheizt wird der Raum durch einen schlichten Kachelofen aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Der hintere Teil der Gaststube im Bereich der ehemaligen Kammer konnte vom vorderen Gästeraum abgetrennt werden, wenn er – was selten vorkam – als Wohnzimmer der Wirtsfamilie genutzt wurde. Zeugen dieser Mischfunktion sind noch das Familienklavier und ein altes Radio. Das Mobiliar besteht aus schlichten Stühlen und Tischen aus dem alten Bestand der Gastwirtschaft. Genauso schlicht ist auch der Tanzsaal eingerichtet. Er besitzt ebenfalls einen Dielenboden, belichtet wird er durch hochstehende, recht filigrane Kastenfenster, die in ihren Außenfenstern großteils noch aus der Bauzeit stammen. Bemerkenswert ist auch das alte, grobschlächtige, aber mobile Musikpodium. Im Keller des Gasthauses ist die alte Obstbrennerei mit ihrem Gerätebestand aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts untergebracht. Auch das Brauhaus aus dem frühen 19. Jahrhundert ist, mit einer Ausstattung aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, einschließlich einer Malzdarre noch komplett erhalten. Nördlich der Scheune des Hofes erstreckt sich der Wirtshaus garten unter den Obstbäumen, die den Grundstoff für die Brennerei lieferten. Die Kegelbahn, die den Garten zur Straße hin abschloss, ist nicht mehr vorhanden.
Heute präsentiert sich die Gastwirtschaft mit ihrer gesamten Hofanlage und in ihren Gasträumen authentisch wie nur noch wenige fränkische Dorfwirtshäuser. Unumgängliche Neuerungen wurden behutsam und unaufdringlich eingefügt.
Thomas Gunzelmann