Strigel malte den Nürnberger
Kaufmann und kaiserlichen Rat
Hieronymus Haller im Typus eines
erweiterten Brustbildes mit Händen
vor einer aus großen Quadern
gef�gten Wand mit Fensterausblick
in eine bergige Landschaft mit einer
am Wasser gelegenen Stadt. An diesem
hier erstmals von ihm angewandten
Porträttypus sollte Strigel bei
den meisten seiner späteren
Bildnisse festhalten. Der frontal
gesehene Haller, der sich nur ganz
leicht nach rechts dreht, tr�gt
eine dunkle, mit braunem Pelz
verbr�mte Schaube, unter der das
weit ausgeschnittene Wams sichtbar
ist. In Perlen sind die Buchstaben
„R W“, wohl die Initialen der Frau
des Dargestellten, einer geborenen
Wolffsthal, auf der breiten
Wamsborte aufgestickt. Um den
blo�en Hals liegen zwei
Goldketten, von denen eine ein Mal
geknotet ist. Auf dem
schulterlangen, glatten Haar sitzt
ein schwarzes Barett mit einer
goldenen Agraffe. Von den
übereinander gelegten,
schmalfingrigen Händen sind nur
einige Finger zu sehen. Auf dem in
der linken Hand gehaltenen Brief
steht die Anschrift, die den
Porträtierten identifiziert:
„Vnnserm Getreuwen Liebenn
Iheronimus Haller vnnserm“. Um die
Finger der rechten Hand ist ein
Rosenkranz aus roten Perlen mit
kleinen wei�en Zwischenperlen
gelegt.
Die Wendung Hallers nach heraldisch
links und die gestickten Initialen
an seinem Gewand lassen vermuten,
dass ein Bildnis der Ehefrau
existierte oder ursprünglich
geplant war. Anlass für den
Bildnisauftrag an Strigel war
wahrscheinlich die Aufnahme Hallers
in den Inneren Rat der Stadt
Nürnberg 1502. Das Bildnis soll
auf dem originalen Rahmen die
Jahreszahl 1503 getragen haben.
Erhalten hat sich der zugehörige
Schiebedeckel, der zum Schutz des
Gemäldes in den Bilderrahmen
eingeführt werden konnte
(Nürnberg, Germanisches
Nationalmuseum). Er zeigt das Wappen
der Haller mit Helmzier sowie das
von späterer Hand in verkleinertem
Ma�stab hinzugef�gte der Wolff
von Wolffsthal.
Eine alte Kopie des Gemäldes
befindet sich im Nationalmuseum in
Budapest.
Literatur:
Bayerische Staatsgemäldesammlungen
(Hg.): Alte Pinakothek München.
Erl�uterungen zu den ausgestellten
Gemälden, 3. Aufl., München
1999, S. 512f.
Germanisches Nationalmuseum
Nürnberg (Hg.): Die Gemälde des
16. Jahrhunderts, bearb. von Kurt
L�cher unter Mitarbeit von Carola
Gries, Stuttgart 1997, S. 485ff.
Otto, Gertrud: Bernhard Strigel,
München/Berlin 1964
(Kunstwissenschaftliche Studien Bd.
XXXIII), S. 71f.
Rettich, Edeltraud: Bernhard
Strigel. Herkunft und Entfaltung
seines Stils, Diss. Freiburg i.
Breisgau 1965, S. 94-100.
Person:
Hieronymus II. Haller zu Kalchreuth
* um 1470
† 22.6.1519
Sohn des Jobst (I.) Haller zu
Kalchreuth und der Magdalena
Hallwachs; seit 1491 verheiratet mit
Katharina Wolff von Wolffsthal.
Hieronymus II. Haller von Kalchreuth
war nach seiner Ausbildung zum
Kaufmann im Handelshaus seines
Schwiegervaters besch�ftigt.
Außerdem war er Mitglied des
Inneren Rates in Nürnberg sowie
Assessor und Schöffe im Stadt- und
Ehegericht.
Maler:
Bernhard Strigel
* November/Dezember 1460 in
Memmingen
† zwischen dem 4. Mai und 23. Juni
1528 in Memmingen
Bernhard Strigel, der aus einer
Memminger Künstlerfamilie stammte,
zählt zu den bedeutendsten
Künstlern der übergangszeit von
der Spätgotik zur Renaissance in
Schwaben. Bei seinen Zeitgenossen
war er sowohl als Altarmaler wie
auch als Porträtist hoch
geschätzt. Seit 1504 war er der
bevorzugte Porträtist von Kaiser
Maximilian I., dessen Hofmaler er
wurde.