Als Vorlage für Behams Porträt
des Pfalzgrafen Ottheinrich diente
ein 1531 von dem Neuburger Hofmaler
Peter Gertner geschaffenes Bildnis
(München, Bayerisches
Nationalmuseum), dessen
Bildausschnitt Beham erweiterte. Der
korpulente Pfalzgraf ist in
Halbfigur nach links dargestellt.
Auf dem Kopf des blondhaarigen und
blond.Ä.tigen Fürsten sitzt ein
schwarzes Barett, das mit einer
wei�en Feder und einer
kranzfürmigen, gedrehten
Goldschnur mit Agraffe geschmückt
ist. Zu dem rot und gelb
gestreiften, dazu geschlitzten und
an den Ärmeln gestauchten Wams
tr�gt Ottheinrich eine goldgelbe,
rosa gef�tterte und mit einem
breiten Schulterkragen versehene
Schaube aus schwerem Brokat. Das
gefÖltelte wei�e Hemd des
Pfalzgrafen ziert ein breiter, mit
Perlen bestickter Goldkragen.
Während von den zwei Goldketten
die gro�gliedrige im Wams
verschwindet, hängt die
feingliedrige, l�ngere Kette mit
einer Gef��fl�te als
Anhänger darüber. Dieses
Instrument, bei der Jagd und in der
Hofhaltung eingesetzt, war zugleich
Gebrauchsgegenstand,
Autorit�tssymbol und Schmuck der
Hofleute. In der rechten,
ringgeschmückten Hand hÖlt
Ottheinrich eine wei�e Nelke,
seine linke umfasst den
Schwertknauf.
Das Gemälde, das aus der „großen
Witttelsbacher-Serie“ von Barthel
Beham stammt, bildet das
Gegenst�ck zum Bildnis von
Ottheinrichs Gemahlin Susanna
(Bayerische
Staatsgemäldesammlungen Inv.-Nr.
2450). Es erweckt einen Eindruck von
Pracht und Luxus, der innerhalb der
Serie ungew�hnlich ist. 1535 schuf
Beham eine kleinere, lebensvoller
wirkende Fassung des Bildes
(Inv.-Nr. 5316), die in der Alten
Pinakothek in München ausgestellt
ist. Von dem Porträt Ottheinrichs
existieren noch weitere, im
Porträtausschnitt unterschiedliche
und in den Details leicht
abgewandelte Repliken.
Literatur:
Fudickar, Liselotte: Die
Bildniskunst der Nürnberger
Barthel Beham und Peter Gertner,
Diss. masch. München 1942, S. 17,
23 und S. 130, Kat.-Nr. 21.
L�cher, Kurt: Barthel Beham. Ein
Maler aus dem Dürerkreis,
München/Berlin 1999
(Kunstwissenschaftliche Studien Bd.
81), S. 146 und 200f.
Person:
Ottheinrich, Pfalzgraf bei Rhein,
Kurfürst von der Pfalz, Herzog von
Pfalz-Neuburg
* 10. 4. 1502 in Landshut
† 10. 2. 1559 in Heidelberg,
Grabstätte in der
Heiliggeistkirche, Heidelberg
Sohn von Pfalzgraf Ruprecht und
Elisabeth von Bayern-Landshut;
Bruder von Philipp dem Streitbaren;
seit 1529 mit Susanna von Bayern
(Witwe des Markgrafen Kasimir von
Brandenburg) verheiratet.
Ottheinrich erhielt 1522 mit seinem
Bruder Philipp die Regierung des neu
geschaffenen Herzogtums
Pfalz-Neuburg. 1542 führte er die
Reformation im Herzogtum ein. Nach
dem Tod Friedrichs II. wurde
Ottheinrich 1556 Kurfürst von der
Pfalz.
Ottheinrich fürderte nicht nur
zeitlebens gro�z�gig alle
künstlerischen Bestrebungen. Er
reformierte 1558 die Heidelberger
Universität und baute die
kurfürstliche Bibliothek zu der
bedeutenden „Bibliotheca Palatina“
aus.
Abgesehen von dem Ketzerprozess im
Jahr 1525, in dessen Folge Barthel
Beham aus der Reichsstadt Nürnberg
ausgewiesen wurde, existieren nur
wenige feste Daten zum Leben des
Künstlers. Seit seiner
Niederlassung in München 1527
arbeitete er in erster Linie als
Porträtist, ab 1530 überwiegend
für die herzogliche Familie. Als
Grafiker gehört Barthel Beham
zusammen mit seinem Bruder Sebald zu
den herausragenden Vertretern der
„Nürnberger Kleinmeister“.