|
Verfassung von 1946
Am 8.2.1946 erteilte General Clay den Ministerpräsidenten
der drei Länder in der US-Zone den Auftrag, Vorbereitungen
für die Ausarbeitung von demokratisch legitimierten Länderverfassungen
zu treffen, wobei sich die Besatzungsmacht das letzte Wort über
den Inhalt der Verfassungen vorbehielt. In Bayern wurde am 30.6.1946
die Verfassunggebende Landesversammlung gewählt. Die CSU errang
die absolute Mehrheit mit 58% der Stimmen; die SPD erhielt 29%.
Die Landesversammlung diskutierte auf der Grundlage eines Verfassungsentwurfes
von Wilhelm Hoegner. Obwohl die SPD auf der Ebene der drei Westzonen
für einen "dezentralisierten Einheitsstaat" eintrat,
war Hoegner ein überzeugter Föderalist; darin traf er
sich mit der CSU. So konnte auf dem Weg des Kompromisses verhältnismäßig
leicht ein gemeinsamer Verfassungsentwurf entstehen. Strittig war
aber z.B. die Frage, ob es neben dem Landtag eine Zweite Kammer
als Vertretung der berufsständischen und gesellschaftlichen
Organisationen geben solle. Der Kompromiß bestand darin, daß
zwar der Bayerische Senat ins Leben gerufen wurde, dieser aber nur
eine beratende Funktion erhielt. In der Frage der Konfessionsschule
gab die SPD nach, weil sie sich an das Konkordat zwischen Bayern
und dem Vatikan von 1924 gebunden fühlte. Erst 1968 wurde durch
die Verfassungsinstrumente des Volksbegehrens und des anschließenden
Volksentscheides die christliche Gemeinschaftsschule eingeführt.
In der Frage, ob das Amt eines Staatspräsidenten als Instanz
über den Parteien und als Symbol bayerischer Eigenstaatlichkeit
geschaffen werden solle, ging der Meinungsstreit quer durch die
Parteien. Der Plan wurde mit knapper Mehrheit abgelehnt.
Die Militärregierung genehmigte den
Verfassungsentwurf, setzte aber den Artikel 178 außer Kraft,
in dem Bedingungen für einen Beitritt Bayerns zu einem künftigen
deutschen Bundesstaat genannt waren. Sie erklärte, daß
Bayern nicht das Recht haben werde, "die Teilnahme an irgendeiner
Form der deutschen Regierung zu verweigern", und daß
sie keine spezielle bayerische Staatsangehörigkeit im Unterschied
zur deutschen anerkenne. Das bayerische Volk nahm am 1.12.1946 in
einem Volksentscheid die Verfassung mit 71% der Stimmen an.
Erster Nachkriegslandtag
Gleichzeitig wurde der erste Nachkriegslandtag
gewählt, wobei die CSU wiederum die absolute Mehrheit der Stimmen
gewann. Es ist bezeichnend für die Flügelkämpfe in
der frühen CSU, daß der katholisch-konservativ-altbayerische
Flügel, dessen Sprecher Fritz Schäffer und Alois Hundhammer
waren, sich lieber mit der SPD über einen gemeinsamen Kandidaten
für das Amt des Ministerpräsidenten einigte, als den Vorsitzenden
der eigenen Partei, den Würzburger Josef Müller (genannt
"Ochsensepp"), zu wählen. Müller vertrat eine
Richtung, die auf die Gewinnung unterschiedlicher Wählergruppen
abzielte: Es sollte eine Brücke zwischen den Konfessionen,
zwischen Stadt und Land und zwischen Alt- und Neubayern geschlagen
werden. Statt Müller wurde mit Hilfe der SPD Hans Ehard zum
Ministerpräsidenten gewählt. Dieser bildete eine Koalitionsregierung
mit der SPD und schließlich eine reine CSU-Regierung, als
die SPD im September 1947 ihre Minister zurückzog.
Münchener Ministerpräsidentenkon-ferenz
Aus gesamtdeutschem Verantwortungsgefühl
heraus lud Ehard im Juni 1947 alle Ministerpräsidenten der
deutschen Länder nach München ein, um Wege aus der gemeinsamen
Notlage zu besprechen. Die Ministerpräsidenten aus der Ostzone
wollten jedoch politische Punkte auf die Tagesordnung setzen, die
die Ministerpräsidenten aus den drei Westzonen nicht annehmen
konnten und durften. So scheiterte dieses letzte gesamtdeutsche
Treffen.
Bayern und das Grundgesetz
Als die Westmächte den Weg zur Gründung
der Bundesrepublik Deutschland vorzeichneten, versuchte Bayern -
und vor allem Ministerpräsident Ehard -, eine möglichst
föderalistische Verfassung durchzusetzen. Besonders sollten
die Vertretung der Länderregierungen (also der heutige Bundesrat)
und die Volksvertretung gleichberechtigte Gesetzgebungsinstanzen
sein. Die Länder sollten finanziell nicht vom Bund abhängen.
Er berief für August 1948 eine Expertenkommission der Länder
zur Vorbereitung eines Verfassungsentwurfs nach Herrenchiemsee.
Die dort ausgearbeiteten Vorschläge dienten dem Parlamentarischen
Rat in Bonn als wesentliche Anregung für die Ausgestaltung
des Grundgesetzes. Bayern erreichte im Parlamentarischen Rat seine
Ziele weitgehend, aber nicht vollständig. Daher entschied der
Landtag auf Antrag der Staatsregierung, das Grundgesetz abzulehnen,
es aber dann als verbindlich anzuerkennen, wenn zwei Drittel der
Bundesländer es annehmen würden. Außer Bayern verwarf
kein Bundesland das Grundgesetz.
Bayern beteiligte sich von Anfang an im
Bundesrat aktiv an der Gestaltung der Bundespolitik. Im Bundestag
ging die CSU stets eine Fraktionsgemeinschaft mit der Schwesterpartei
CDU ein, ohne ihre organisatorische Selbständigkeit aufzugeben.
In jedem Bundeskabinett wirkten Minister aus Bayern mit.
|