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Das Königreich Bayern
(1806-1918)


 

 

 

 

 

 

 

Verfassung
Dieser Teil der Konstitution erhielt erst Gestalt in der Verfassung von 1818. Zur politischen Geschichte Bayerns gehören von diesem Zeitpunkt an regelmäßig stattfindende Sitzungen der beiden Kammern des Landtags. Die erste Kammer, die der Reichsräte, war als adelige, konservative Kammer gedacht, die zweite, die Kammer der Abgeordneten, war noch stark nach ständischem Prinzip zusammengesetzt. Auf diese Weise war das Übergewicht des Adels im Landtag festgeschrieben. Das alte Steuerbewilligungsrecht, das schon den Ständen ihren Einfluß gesichert hatte, war auch das zentrale Machtinstrument der "Volksvertretung". In der Präambel waren bereits die wesentlichen Grundrechte garantiert.

Ludwig I. (1825-1848) allerdings installierte nach liberalen Anfängen ein autoritäres Regierungssystem, das den König in den Mittelpunkt des politischen Geschehens stellte und das seiner Neigung zum Selbstherrschertum entsprach.

Nach der französischen Julirevolution von 1830 schloß er sich mehr und mehr der restaurativen Politik des österreichischen Staatskanzlers Metternich an, der Verfassungen und freiheitliches Denken für die wahren Gefahren der Zeit hielt. Das Hambacher Fest von 1832, das größte politische Volksfest jener Jahre, gab den Ausschlag. Die Angst vor dem Umsturz bestimmte nun die Politik der Fürsten, das konstitutionelle System wurde bis 1848 eingeschränkt, wo immer dies möglich war.

Nach Unruhen in München und erzwungenen Zugeständnissen an den Volkswillen trat König Ludwig am 20. März 1848 zurück.

Der erste Reformlandtag unter seinem Sohn Max II. (1848-1864) brachte nun alle seit Jahrzehnten geforderten Verbesserungen: ein neues Wahlgesetz, das Recht der Gesetzesinitiative des Landtags, die Ministerverantwortlichkeit. Die Zensur wurde abgeschafft, das Vereins- und Versammlungsrecht gestärkt. Endgültig der Vergangenheit gehörte nun die Grundherrschaft an. Auch die Öffentlichkeit und Mündlichkeit der Rechtspflege setzten sich endgültig durch. Die Folge dieser Liberalisierung war in den nächsten Jahrzehnten das Aufblühen politischer Zeitungen, Vereine und Parteien. Damit war der entscheidende Schritt zum Rechtsstaat getan, der seine Wurzeln in der englischen und französischen Verfassungstradition hatte.

Bayern und die deutsche Frage
Die schwierigsten Entscheidungen waren Max II. ohne Zweifel in der deutschen Frage gestellt. Die Reichsverfassung von 1849 lehnte er wie die Mehrzahl der deutschen Fürsten ab. Zugleich aber betrieb er die sogenannte Triaspolitik eines "Dritten Deutschlands", die Bayern als Führungsmacht der deutschen Klein- und Mittelmächte seine Vorrangstellung sichern sollte. Diese Konzeption, die stets Österreich und Preußen in einen künftigen deutschen Staatsverband einschloß, scheiterte und konnte den wachsenden Gegensatz zwischen den beiden deutschen Großmächten nicht mildern.

Im Krieg von 1866 fiel endgültig die Entscheidung zugunsten Preußens und der kleindeutschen Lösung. Bismarck, der preußische Ministerpräsident, bestrafte Bayern, das im Bund mit Österreich den Krieg verloren hatte, mit Gebietsabtretungen und hohen Kriegskostenentschädigungen; zugleich aber band er durch Schutz- und Trutzbündnisse die süddeutschen Staaten an den neu gegründeten Norddeutschen Bund. Nicht zuletzt die Wiedererneuerung des Zollvereins und die Errichtung eines Zollparlaments wurden zu Wegbereitern des preußisch-deutschen Reiches.

Seither war die bayerische Politik zunehmend auf Preußen ausgerichtet. 1868 wurde in deutlicher Gegnerschaft zu dieser Entwicklung die konservative Patriotenpartei gegründet, die vor allem gegen die 1863 entstandene liberale Fortschrittspartei und deren kleindeutsche Nationalpolitik kämpfte. 1870 trat Bayern im Bündnis mit Preußen in den Krieg gegen Frankreich ein, den Bismarck geschickt inszeniert hatte. Im November 1870 unterzeichnete Bayern die Verträge über seinen Beitritt zum Norddeutschen Bund, Bayerns König Ludwig II. (1864-1886) schrieb, gegen Zahlung einer bedeutenden Geldsumme, den "Kaiserbrief" an Wilhelm I. von Preußen, in dem er ihn namens der deutschen Fürsten zur Annahme der Kaiserkrone aufforderte. Mit der Kaiserproklamation im Januar 1871 und der knappen Annahme der zwischen dem Reich und Bayern abgeschlossenen Sonderverträge durch die Abgeordnetenkammer begann ein neues Kapitel bayerischer Geschichte.