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Franken
Franken bewahrte bis zu seinem Übergang an Bayern im wesentlichen
seine vielgestaltige Struktur aus dem Spätmittelalter. Der
moderne geschlossene Flächenstaat mit uneingeschränkter
Gebietshoheit und zentraler Verwaltung konnte sich hier nicht durchsetzen.
Dies hatte zur Folge, daß dem fränkischen Reichskreis
eine besondere Aufgabe bei der Behebung der Schäden des 30jährigen
Krieges und bei der Wahrung des inneren und äußeren Friedens
zukam. Bis zum Spanischen Erbfolgekrieg entwickelte er sich zu einer
nahezu selbstverantwortlichen Provinzialorganisation mit wesentlichen
staatlichen Funktionen im militärischen, wirtschaftlichen und
rechtlichen Bereich. Als selbständig handelnder, nahezu souveräner
Vertragspartner trat der fränkische Reichskreis schließlich
der Großen Allianz gegen Ludwig XIV. bei. Der Beitritt des
Kaisers zum Bündnis der Reichskreise (1714) verhinderte jedoch
eine Fortentwicklung, die zu einer völlig neuen Staatlichkeit
in Deutschland hätte führen können. Dennoch konnte
der fränkische Reichskreis seine Ordnungsfunktion bis zum Ende
des Alten Reiches wahren.
In den geistlichen Fürstentümern Frankens hatten die Landstände
bereits im 17. Jahrhundert ihre Bedeutung eingebüßt.
Lediglich die Domkapitel widersetzten sich mit wechselndem Erfolg
den absolutistischen Bestrebungen der Bischöfe. Vor allem in
Würzburg und Bamberg mußten sie schließlich vor
der beherrschenden Stellung der Schönborn-Bischöfe kapitulieren.
Bei der Ausgestaltung des aufgeklärten Wohlfahrtsstaates leisteten
die geistlichen Fürstentümer Frankens Vorbildliches. Mit
einer großangelegten Getreideschutzpolitik, einer systematisch
betriebenen Forstwirtschaft und der Anlage erster Kunststraßen
suchten die Schönborn-Bischöfe den Wohlstand ihrer Untertanen
zu heben. Mit Arbeitshäusern, Armeninstituten und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen
versuchten sie, Mißstände zu lindern, ohne jedoch die
bestehende Sozialstruktur zu ändern. Eine vorbildliche Ärzte-
und Pflegerausbildung und erste allgemeine Krankenhäuser zeigen,
wie sich der aufgeklärte Wohlfahrtsstaat auch dem Sozialbereich
zuwandte.
Die Versuche der absolutistisch regierten Territorien, sich wirtschaftlich
abzuschließen, engten vor allem den Wirtschaftsraum der Reichsstädte
ein, so daß sie ihre frühere Bedeutung nicht mehr wiedererlangen
konnten. Versuche, ihre innere Verfassung unter dem Eindruck der
Französischen Revolution zu reformieren, kamen zu spät.
Sie waren hoch verschuldet, als die Mediatisierung ihrer Autonomie
ein Ende bereitete.
In den Markgrafschaften Ansbach und Bayreuth nahmen die Landstände
im 18. Jahrhundert ihr Steuerbewilligungsrecht nicht mehr wahr.
Prunksucht und Mäzenatentum der Fürsten führten zu
völliger Staatsverschuldung. Die Bedürfnisse des Staates
konnten teilweise nur noch durch Kredite finanziert werden. Im Gegensatz
zu anderen Territorien setzte sich in Ansbach und Bayreuth der Gedanke
der religiösen Toleranz gegenüber Katholiken und Reformierten
relativ früh durch. Unter Karl Alexander (1757-1791), der beide
Fürstentümer gleichzeitig regierte, kamen auch hier wohlfahrtsstaatliche
Grundsätze zur Anwendung. Nach dessen Abdankung (1791/92) zugunsten
des Königs von Preußen schuf Minister Karl August Frhr.
v. Hardenberg ein geschlossenes Staatsgebiet und organisierte dessen
Verwaltung nach preußischem Vorbild. Justiz und Verwaltung
wurden getrennt, und ein junges und ehrgeiziges fränkisches
Beamtentum wurde herangebildet. Aus beidem sollte das Königreich
Bayern in der Folgezeit großen Nutzen ziehen.
Schwaben
Ostschwaben gehörte zu den Regionen des Alten Reiches, die
vom 30jährigen Krieg mit am härtesten betroffen waren.
Es verlor seine reichspolitische Bedeutung. Zwar führte auch
hier der Westfälische Friede zur Landeshoheit der Territorialherren,
doch ließ die vielgestaltige politische Struktur aus größeren
bis kleinsten weltlichen und geistlichen Herrschaften keine staatsbildende
Macht aufkommen. Der territoriale Druck Kurbayerns zwang die schwäbischen
Reichsstände zur Anlehnung an das Haus Habsburg. Wie der fränkische
so war auch der schwäbische Reichskreis nicht nur verlängerter
Arm der Reichsgewalt, sondern eine Art ständischer Selbstverwaltungskörper,
der lebensnotwendige rechtliche und wirtschaftliche Funktionen erfüllte.
Die absolutistische Staatsauffassung setzte sich auch in Ostschwaben
bis in die Zwergterritorien durch, wobei deren politische Bedeutungslosigkeit
häufig durch einen aufwendigen höfischen Lebensstil kompensiert
wurde. Ständische Vertretungen fanden sich nur mehr in wenigen
Gebieten.
Die Aufklärung führte auch in
Ostschwaben zu Veränderungen. So kam es im Zug der Reformen
Kaiser Josephs II. zur Aufhebung der Leibeigenschaft (1781) und
zur Abschaffung von Klöstern und Wallfahrten auch in den habsburgischen
Besitzungen in Ostschwaben.
(Karlheinz Scherr)
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