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Territorienbildung
in Franken
Auf ganz andere Art als in Altbayern vollzog
sich die Territorienbildung in Franken und Schwaben. In Franken
konnte sich bis zum 12. Jahrhundert keine einheitliche Zentralgewalt
entwickeln. Die Geschichte Frankens im Spätmittelalter ist
geprägt von den Fürstbistümern (Hochstiften), der
Burggrafschaft Nürnberg, den Reichsstädten und den vielen
kleinen adeligen und geistlichen Herrschaften.
Das Hochstift Würzburg erreichte die
größte Ausdehnung. Sein Territorium, das sich zwischen
Spessart und Obermain erstreckte, war jedoch nicht geschlossen,
sondern von verschiedenen Herrschaftsgewalten durchsetzt. In der
Auseinandersetzung mit den Burggrafen von Nürnberg konnte das
Fürstbistum Bamberg nach dem Aussterben der Grafen von Andechs-Meranien
einen Teil ihrer Güter erwerben. Es entstand bis zum 15. Jahrhundert
ein Territorium, das nur im Bamberger und Forchheimer Raum größere
Geschlossenheit aufwies. Das kleinste der geistlichen Territorien
blieb das Fürstbistum Eichstätt. Sein Gebiet bestand im
wesentlichen aus dem sogenannten Unter- und Oberstift.
Entscheidenden Einfluß auf die Geschichte Frankens im Spätmittelalter
hatten die Reichsstadt Nürnberg und die zollernschen Burggrafen
von Nürnberg. Die Hohenzollern bildeten seit dem 14. Jahrhundert
aus dem Erbe der Grafen von Andechs-Meranien, der Grafen von Abenberg
und von Orlamünde das Fürstentum "Ober- und unterhalb
des Gebirges" (1398). Mit dem Erwerb der Mark Brandenburg hießen
die beiden Fürstentümer Markgrafschaften. Größere
Bedeutung erreichten diese unter Markgraf Albrecht Achilles (1440-1486),
der Franken unter den Hohenzollern einigen wollte.
Die Burggrafen lagen in ständiger
Auseinandersetzung mit der Reichsstadt Nürnberg. Obwohl es
der Stadt bereits im 13. Jahrhundert gelang, sich von der burggräflichen
Mitregierung zu lösen und sich eine patrizische Reichsverfassung
zu geben, konnte sie erst im 15. Jahrhundert ein eigenes reichsstädtisches
Territorium bilden. Territorien entwickelten auch andere fränkische
Reichsstädte wie Rothenburg, Dinkelsbühl, Schweinfurt,
Weißenburg und Windsheim.
Der Reichsgedanke war seit der staufischen
Zeit in Franken vorhanden. Lebendig hielten ihn vor allen Dingen
die kleineren Territorialherren. Sie schlossen sich zusammen und
bildeten die sogenannte "Fränkische Reichsritterschaft".
Wie die Reichsstädte sahen sie sich als direkte Untertanen
des Kaisers.
Schwäbische Territorien
Auch in Schwaben entstand im 13./14. Jahrhundert
eine Reihe von weltlichen und geistlichen Herrschaftsbereichen.
So gab es die Grafen Oettingen, Werdenberg, Kirchberg, Montfort,
die Herren von Pappenheim, Rechberg und die Herrschaften Staufen,
Mindelheim, Schwabegg und Thannhausen. Die wittelsbachischen Herzöge
versuchten, ihr Gebiet westlich von Lech und Iller zu erweitern.
1268 bekamen sie schwäbische Teile der Konradinischen Erbschaft.
Im 14. Jahrhundert erwarben sie Besitzungen an Donau, Lech und Wertach.
Es kam auch zu Auseinandersetzungen mit den Habsburgern, die die
Markgrafschaft Burgau erwarben.
Neben den weltlichen Herrschaftsträgern traten das Bistum Augsburg,
die Reichsabtei Kempten, die Abteien Ottobeuren und St. Ulrich in
Augsburg hervor. Das Hochstift Augsburg und das Fürststift
Kempten besaßen um 1450 relativ geschlossene Territorien,
die sich zwischen Lech, Wertach und Iller bis ins Gebirge nach Oberstorf
erstreckten.
In Schwaben erhielten die Städte im
12. und 13. Jahrhundert reichsstädtische Freiheit. Die Reichsunmittelbarkeit
erlangten so Augsburg, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen und
Nördlingen. Heftige Auseinandersetzungen zwischen Reichsstädten
und geistlichen Fürstbistümern gab es u.a. zwischen der
Reichsstadt Augsburg und dem Bistum Augsburg.
Fränkischer und schwäbischer
Raum waren am beginnenden 16. Jahrhundert in unterschiedliche Teilgebiete
zersplittert. Neben den Kleinstherrschaften der Reichsritter und
Reichsstädte gab es relativ geschlossene Territorien von Adelsgeschlechtern
und Fürstbistümern. So konnten sich einerseits partikularistische
Tendenzen, andererseits aber auch Reichsbewußtsein entwickeln.
Im Gegensatz zum Herzogtum Bayern und zur Oberpfalz, wo nach dem
Landshuter Erbfolgekrieg 1506 ein einheitliches Staatsgebilde unter
den Wittelsbachern entstand, war die Verbundenheit mit Kaiser und
Reich stärker ausgeprägt.
(Otto Helwig)
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