1.3 Überleben in der „Stein-Zeit"
Drei Fragen beschäftigten die Menschen in den ersten Nachkriegsjahren: "Wie werde ich satt? Wo kann ich unterkommen? Wann finde ich meine Familie wieder?" Notbehelfe, Schwarzmarkt und Suchdienst waren die Antworten.

Vor allem nach dem strengen Winter 1946/47 wurde die Versorgung mit Nahrungsmitteln zum Problem. Selbst in der US-Zone, in der verglichen mit den anderen Besatzungszonen die größten Rationen erhältlich waren, kam es ab 1947 zu Hungerdemonstrationen. Die schwierige Ernährungslage änderte sich grundlegend nach der Währungsreform 1948.

Inventur

Dies ist meine Mütze,
dies ist mein Mantel,
hier mein Rasierzeug
im Beutel aus Leinen.


Konservenbüchse:
Mein Teller, mein Becher,
ich hab in das Weisblech
den Namen geritzt.


Geritzt hier mit diesem
kostbaren Nagel,
den vor begehrlichen
Augen ich berge.


Im Brotbeutel sind
ein Paar wollene Socken
und einiges, was ich
niemand verrate,


so dient es als Kissen
nachts meinem Kopf.
Die Pappe hier liegt
zwischen mir und der Erde.

Die Bleistiftmine
lieb ich am meisten:
Tags schreibt sie mir Verse,
die nachts ich erdacht.


Dies ist mein Notizbuch,
dies meine Zeltbahn,
dies ist mein Handtuch,
dies ist mein Zwirn.




Günter Eich
Remagen, April/Mai 1945

Die großen und mittleren Städte waren oftmals bis zur Hälfte zerstört. Drei Millionen Wohnungen waren vernichtet, zweieinhalb Millionen schwer beschädigt. Für einen erheblichen Teil der deutschen Bevölkerung, vor allem für viele Evakuierte und Flüchtlinge, setzte sich das Bunkerleben der Kriegszeit bis zum Beginn der fünfziger Jahre fort.

Auch für die Millionen DP's ("Displaced Persons"), vor allem ehemalige Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge, war die Existenz höchst ungesichert.

Die Bevölkerungsbilanz am Ende des Krieges war verheerend: 3,8 Millionen Soldaten waren gefallen, ebenso viele Zivilisten hatten ihr Leben verloren. Millionen gerieten in Kriegsgefangenschaft, Millionen wurden aus ihrer Heimat vertrieben. Viele von ihnen kamen in Lagern und auf der Flucht ums Leben.

Heimkehrer - Zum Vergrößern bitte anklicken (22 KB)
Heimkehrer. München, 1945.
Behelfsgegenstände
Christbaumschmuck aus einem Wehrmachstmantel und Stacheldraht.
Kinderspielzeug aus Gasmaskenfilter und Geschoßspitze.
Elektroheizplatte aus Schamott und Eisen. Wegen der hohen Unfallgefahr durch leitende Teile auch sarkastisch als „Witwentöter" bezeichnet.

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