Ausstellung: "... wider Laster und Sünde" Augsburgs Weg in der Reformation |
Almosenspende der Reichsstadt Augsburg |
Mit der Reformation ging die
Organisation des Armenwesens in die Verantwortung städtischer Behörden
über. Das Betteln der armen Mitglieder der Gemeinschaft sollte durch tätige
Nächstenliebe überflüssig gemacht werden.
Augsburg, 1537 Öl/Holz, 53 x 110 Augsburg, Städtische Kunstsammlungen (3820) |
Im Zuge der
Reformation fand in den evangelischen Reichsstädten eine grundlegende
Neuorganisation der Armenpflege statt.Wohl hatte es in Augsburg schon vor 1469
eine Bettelordnung gegeben, mit der versucht werden sollte, das Betteln einer
ständig wachsenden Anzahl von Armen und Hilfebedürftigen zu
reglementieren. Der Bettelordnung aus dem Jahr 1491 zufolge durfte nur mit der
Erlaubnis der vom Rat der Stadt ernannten Bettelherren um Gaben gebeten werden,
zudem bestand eine Art von Kennzeichnungspflicht für die Bettler. Luther
vertrat jedoch die Ansicht, daß die Armenpflege und das Almosengeben von
der Gemeinde im Sinne tätiger Nächstenliebe geregelt werden müßten,
um so das Betteln der eigenen Mitbürger überflüssig zu machen.
Dementsprechend ordnete der Rat das Armenwesen 1522 erneut und ernannte sechs
Almosenherren, die jeweils zu zweit für die Verteilung und Organisation
der Hilfe in einem von drei Stadtbezirken verantwortlich waren und denen
Gehilfen zur Seite standen. Die Almosentafel zeigt im Zentrum der Darstellung den Stadtpyr, das aus römischer Zeit stammende Wahrzeichen (und ab 1540 offizielle Wappen) der Stadt, auf einem sechseckigen Sockel stehend, der die Jahreszahl 1537 trägt. Rechts und links davon sind zwei Gruppen von Armen zu sehen, denen je ein reichgekleideter Herr Münzen aus einem Geldbeutel schenkt. Ob die Figuren der zwei Spendengeber als die beiden damaligen Bürgermeister Georg Herwart und Simprecht Hoser zu identifizieren sind, muß bezweifelt werden. Eher dürfte es sich in einem allgemeineren Sinn um die obersten Repräsentanten der Stadt handeln, die 1537 offiziell die Reformation einführte und damit auch die Verantwortung für die Armenpflege übernahm. Etwas unklar ist die Rolle der zwei Figuren, die rechts und links mit dem Rücken zum Stadtpyr stehen. Beide tragen ein weißes Abzeichen mit einem Pyr - vielleicht handelt es sich um das in der Bettelordnung von 1491 für die "zugelassenen" Bettler vorgeschriebene Zeichen ("ain weyß plächens Statberlin"). Bereits 1541, also vier Jahre nach Vollendung dieses Bildes, wurde unter dem Eindruck der Lehre Luthers das Betteln ganz verboten, zudem ging der Rat wohl auch aufgrund zahlreicher, von außerhalb kommender Bettler dazu über, nur noch Naturalien an Stelle von Geld zu verteilen - die Bettelei konnte damit jedoch nicht abgeschafft werden. A. H. Lit.: Lieb, Führer, S. 20; AK Welt im Umbruch, Bd. 1, S. 204f., Nr. 134; AK Freiheit und Ordnung, S. 47f., Nr. 48; AK Reformation und Reichsstadt, S. 113f., Nr. 21. |