Der Pyr in der Mitte der
Tafel dürfte von allen Schülerinnen und Schülern als Wahrzeichen
der Stadt erkannt werden. Rechts und links davon sind zwei Gruppen von Armen zu
erkennen, denen je ein reichgekleideter Herr Münzen schenkt. Symbolhaft
wird damit die neue Rolle der Stadt als Verwalter des städtischen Almosens
verdeutlicht werden. Schon die Augsburger Armenordung von 1491 schrieb eine
Kennzeichnungspflicht vor: Zugelassene Bettler mußten eine blecherne
Marke tragen, wie sie vermutlich in ähnlicher Weise auch bei den Gestalten
rechts und links vom Stadtpyr zu sehen ist. Den Sinn dieser Maßnahme - die
Abgrenzung von "zugelassenen" (vor allem ortsansässigen) von "illegalen"
(vor allem vagierenden) Bettlern - werden die Schüler/innen sicherlich
selbst erschließen und evtl. diskutieren. Im Anschluß kann der
Lehrer anhand der Tafel auch die Umwidmung religiöser Stiftungen, die
Aufhebung von Klöstern und die Unterstellung von Armenpflege, Schulwesen
(vgl. Kat. 82!) und kirchlichem Leben unter die Gewalt des Rats ansprechen, die
für die städtische Obrigkeit neue Aufgaben, aber auch einen Zuwachs
an Macht bedeuteten. Dabei geht die reformatorische Forderung nach einer städtischen
Regie des Armenwesens auf Martin Luther selbst zurück, der in mehreren
Schriften die Verantwortung des Rats für die Unbemittelten und Hilflosen
betont hat.
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