Inschrift oben: Sum wolfgang9 ego
Comes ex oeting bene natus /
Quinquaginta duos phebus mihi
sustulit Annos / Me. quum Solis equi
petierunt Cornua Tauri, / Martinus
Schaffner mira depinxerat Arte /
1.5.0.8. (Ich bin Wolfgang von
Oettingen, der Wohlgeborene. Apollon
hatte mir 52 Jahre auferlegt, als
mich mit bewunderswerter
Kunstfertigkeit Martin Schaffner
1508, zu der Zeit, als die Pferde
des Sonnenwagens den Härnern des
Stieres zustrebten, malte)
Das erste eigenständige Porträt
von der Hand des Ulmer Malers Martin
Schaffner tr�gt eine humanistisch
gelehrte Inschrift, die in
kunstvoller Umschreibung die genaue
Entstehungszeit des Bildnisses
bezeichnet. Wolfgang von Oettingen
ließ sich 1508 im Alter von 52
Jahren von Schaffner malen, als sich
die Sonne dem Sternbild des Stiers
n�herte, also wohl im April.
Das Brustbild zeigt den Grafen von
Oettingen in leichter Wendung nach
rechts vor einem blaugr�nen
Hintergrund, vor dem sich die Figur
des Dargestellten in klarem Umriss
abhebt. Seinen Kopf bedeckt eine
Haube aus Goldbrokat. Gekleidet ist
er mit einer dunklen Schaube mit
Pelzbesatz. Darunter tr�gt er ein
schwarzes geschn�rtes Wams und ein
rotes kragenloses Hemd, das den Hals
freil�sst. Um seinen Hals hängt
eine schwere Goldkette mit einem
Anhänger in Form eines L�wen,
dessen Aussehen jenem im Bundbrief
des Ritterbundes der „L�wler“
beschriebenen entspricht. Die
Mitgliedschaft des Grafen in diesem
Bund, in dem sich der Adel des
ehemaligen Straubinger Herzogtums
gegen Herzog Albrecht IV. von
Bayern-München zusammengeschlossen
hatte, konnte allerdings bisher
nicht urkundlich belegt werden.
Seine angewinkelten Arme hat der
Dargestellte über die Brust
gelegt. In den Fingern seiner linken
Hand hÖlt der Ratsherr Kaiser
Maximilians I. einen Rosenkranz,
während seine rechte Hand eine
Schriftrolle umfasst, die ihn als
Gelehrten ausweist.
Den blaugr�nen Hintergrund ziert
eine in goldenen Umrisslinien
gestaltete Landschaftszeichnung, in
die eine Jagdszene eingebettet ist.
M�glicherweise ist diese Szene als
Hinweis auf die Jagdleidenschaft des
Auftraggebers zu verstehen.
Literatur:
Bayerische Staatsgemäldesammlungen
(Hg.): Alte Pinakothek München.
Erl�uterungen zu den ausgestellten
Gemälden, 3. Aufl., München
1999, S. 487ff.
Lustenberger, Suzanne: Martin
Schaffner. Maler zu Ulm, Diss. Bonn
1961, S. 43ff.
Martin Schaffner. Maler zu Ulm, Ulm
1959 (Ausstellungskatalog)
(Schriften des Ulmer Museums. Neue
Folge Bd. 2), S. 74ff.
Person:
Wolfgang (I.) von Oettingen
* um 1456
† 1522
Sohn von Graf Wilhelm von Oettingen
und dessen erster Frau Beatrix;
verheiratet mit Anna
Reichserbtruchsessin von Waldburg.
Wolfgang I. von �ttingen war
kaiserlicher Rat bei Maximilian I.
und Mitglied des Schwäbischen
Bundes.
Der zwischen 1499 und 1546 in der
Reichsstadt Ulm nachweisbare
Tafelmaler Martin Schaffner
übernahm neben Aufträgen für
Altartafeln und Epitaphien
verschiedentlich auch
Porträtaufträge. Sein
wichtigstes Spätwerk ist die mit
allegorischen Figuren bedeckte
Kasseler Tischplatte. Martin
Schaffner gilt als der letzte
große Vertreter der Ulmer Kunst.