Die
Tafel vom ehemaligen Hochaltar des
Zisterzienserklosters Kaisheim
stellt die Beschneidung Christi dar.
Nach oben ist die Szene im Tempel
durch gemaltes goldenes Maßwerk
abgegrenzt. Eine Personengruppe hat
sich um den Priester versammelt, der
das Christkind auf dem Schoß
hÖlt, während der Mochel die
Beschneidung vornimmt. Links unten
auf der Tafel kniet der Auftraggeber
und Stifter des Altars, Georg II.
Kastner, der das
Zisterzienserkloster von 1490 bis
1509 als Abt regierte. Der in
Ordensgewand und Birett gekleidete
Abt hat die Hände zum Gebet
erhoben. An seiner linken Schulter
lehnt der Abtsstab. Vor ihm ist sein
Wappen zu sehen.
Die Tafel bildete einst mit sieben
anderen Tafeln die
Flügelinnenseiten des Hochaltars
in der Zisterzienserkirche St.
Mariae Himmelfahrt in Kaisheim bei
Donauw�rth. Während die
Flügelinnenseiten Szenen aus dem
Marienleben zeigen, setzen sich die
Flügelau�enseiten aus acht
Szenen aus der Passion Christi
zusammen. Neben den frei
entworfenen, teilweise
karikatur�hnlichen Gesichtern der
Statisten der heilsgeschichtlichen
Szenen finden sich in mehreren
Tafeln typische Bildnisse, die aber
nicht identifiziert werden konnten
(Frauenk�pfe links im Hintergrund
von Mariae Tempelgang, Mann mit
Patrizierhaube rechts hinten in der
"Beschneidung", junger Mann rechts
in der "Anbetung der Könige").
Vermutlich handelt es sich um
Mitglieder von Familien, die dem
Kloster durch Stiftungen verbunden
waren. Der Abt Georg Kastner hatte
den Altar bei den drei damals
führenden Meistern in Augsburg
bestellt: dem Kistler Adolf Daucher,
dem Bildhauer Gregor Erhart und dem
Maler Hans Holbein d.Ä. Bis 1673
blieb der sp�tgotische
Flügelaltar in der Klosterkirche,
dann wurde er durch einen barocken
Altaraufbau ersetzt. Die
Flügeltafeln Holbeins wurden in
ihre einzelnen Kompartimente
zerteilt, die schließlich 1715
gespalten wurden. Die dadurch
gewonnenen sechzehn Bildtafeln
wurden einzeln gerahmt in der Kirche
aufgehängt. Nach der Auflösung
des Klosters im Zuge der
S�kularisation gelangten die
Tafeln in bayerischen Staatsbesitz.
Literatur:
Bayerische Staatsgemäldesammlungen
(Hg.), Alte Pinakothek München.
Erl�uterungen zu den ausgestellten
Gemälden, 3. Aufl., München
1999, S. 565f.
Goldberg, Gisela: Der Kaisheimer
Hochaltar von 1502. Bemerkungen zu
Arbeiten Hans Holbeins des Älteren
für das Zisterzienserkloster
Kaisheim bei Donauw�rth, in:
Nordschwaben (Der Daniel), Heft 1,
1988, S. 2-8.
Person:
Georg Kastner, Abt
* ? in Donauw�rth
† 20.2.1509
Sohn des Feintuchwebers Hans
Kastner.
Georg Kastner wurde nach dem Tod von
Johannes Visches im Jahr 1490 zu
dessen Nachfolger als Abt des
Zisterzienserklosters in Kaisheim
bei Donauw�rth gewählt. Kastner
machte sich vor allem als kundiger
Fürderer von Malerei und
Bildschnitzerei einen Namen. So
beauftragte er Hans Holbein, Gregor
Erhart und Alfred Daucher mit der
Ausf�hrung des neuen Hochaltars
sowie Adam Krafft mit einem
Sakramentshaus für die
Klosterkirche, das allerdings nicht
erhalten ist. Außerdem ließ er
eine beheizbare Stube für den
Konvent errichten.
Hans Holbein d.Ä., der Vater von
Hans und Ambrosius Holbein,
gehörte zu den geschütztesten
Malern seiner Zeit und gilt neben
Hans Burgkmair d.Ä. als
führender Augsburger Künstler
der Spätgotik. Sein malerisches
Werk besteht aus Altargemälden,
selbstständigen Einzeltafeln mit
religiösen Themen und Porträts.
Innerhalb seines zeichnerischen
Œuvres kommt den mit Silberstift
gefertigten Bildnissen besondere
Bedeutung zu. Außerdem lieferte
Holbein Entwürfe für
Glasgemälde und
Goldschmiedearbeiten.