Öl auf
Leinwand, 102,3 x 92,5 - Inv.-Nr. 678 (Gm
1836)
Auf
dem Rahmen allseitig umlaufende
Inschrift: IO(H)AN(N)ES
NEVDORF(ER):PER EVROPA(M)
VNIVERSA(M) I(N)FINITA
DISCIPVLOR(VM) ARITHMETICES
GRAPHICES, MVLTITVDINE CELEBRIS.
INCO(M)PARABILIS INDVSTRIAE
EXE(M)PLAR MAGNV(M) ORNAME(N)TV(M)
PATR(IAE): REIP(VBLICAE):
NORI(M)B(ERGENSIS): CVI
DESIDERATISS(IMI): CIVIS EFFIGIE(M)
V(IVAM). AETAT(IS): LXIII. AVTOR
NICOLAVS DE NOVO CASTELLO,
HOSPES.GR(ATVS oder GRATISSIMVS).
ER(GO). D(E)D(ICAVIT). AN(NO).
M.D.LXI. (Johannes Neudörfer bilde
ich nach, gefeiert durch ganz Europa
durch die unendliche Menge der
Schüler der Mathematik und
Schreibkunst, unvergleichlich an
Erfindungskunst, eine große Zierde
des Vaerlandes, der Republik
Nürnberg, der ich die Gestalt des
h�chst erw�nschten Bürgers im
Alter von 63 Jahren nach dem Leben
gestaltet habe. Urheber Nicolaus
Neuchatel, ein Gast, hat also aus
Dankbarkeit gegeben. Im Jahr 1561)
An einem gr�n gedeckten Tisch
sitzen der Nürnberger Schreib- und
Rechenmeister Johann Neudörfer und
ein junger Schüler, bei dem es
sich offensichtlich nicht um
Neudörfers Sohn Johann d.J.
handeln kann, der zum Zeitpunkt der
Entstehung des Bildes bereits 18
Jahre alt war. Neufchatel verwendete
bei dem Neudörfer-Bildnis, seinem
wohl bekanntesten Werk, die Form des
halbfigurigen Porträts. Der
Gelehrte diktiert dem Jungen die mit
einem Stechzirkel an einem
Dodekaeder abgenommenen Ma�e, die
dieser in ein Merkbuch eintr�gt.
Der ergraute Meister tr�gt einen
pelzgef�tterten Rock, ein
schwarzes Wams, ein rotes Wollhemd
sowie ein wei�es Leinenhemd, von
dem nur der offene Hemdkragen mit
R�schenabschluss sichtbar ist. Der
Schüler steckt ebenfalls in
dunkler Kleidung, die nur durch den
wei�en R�schenkragen seines
Hemdes aufgehellt wird. Auf dem
Tisch befinden sich eine
Schreibfeder, ein ge�ffnetes
Futteral mit Schreibzeug und ein
pokalfürmiges Tintenfass mit
daneben liegendem Deckel. An der
dunklen Wand des „Studios“ h�ngen
das Modell eines Hexaeders und eine
S�ulchensonnenuhr. Die Inschrift
auf dem Rahmen preist den
dargestellten Gelehrten und nennt
den Maler mit vollem Namen, der sich
auf diese Weise auch selbst
verewigt.
Der Künstler schenkte das
Neudörfer-Porträt, wie aus der
Rahmeninschrift hervorgeht, dem Rat
der Stadt Nürnberg aus Dankbarkeit
für seine Aufnahme. Der Rat
verehrte Neufchatel im Gegenzug
dafür laut Ratsverlass vom 7.
November 1564 einen Betrag von 32
Gulden. Das Gemälde wurde in die
im Nürnberger Rathaus befindliche
Reihe von Bildnissen bedeutender
Bürger der Stadt aufgenommen. Es
ist daher m�glich, dass der Rat
den Maler mit einem Porträt
Neudörfers beauftragt hatte.
Von diesem der niederländischen
Tradition verpflichteten Gemälde
mit seiner nahezu ideal anmutenden
Lösung des Themas „Lehrer und
Schüler“ gibt es eine spätere
Kopie (Lille, Mus�e) und eine auf
die Wiedergabe Neudörfers
beschränkte gemalte Studie oder
Wiederholung (St. Petersburg,
Ermitage).
Literatur:
Peltzer, Rudolf Arthur: Nicolaus
Neufchatel und seine Nürnberger
Bildnisse, in: Münchner Jahrbuch
der bildenden Kunst, N. F. Bd. 3,
1926, S. 187-231, hier S. 208f.
Germanisches Nationalmuseum
Nürnberg (Hg.): Die Gemälde des
16. Jahrhunderts, bearb. von Kurt
L�cher unter Mitarbeit von Carola
Gries, Stuttgart 1997, S. 328ff.
Person:
Johann Neudörfer d. Ä.,
Schreibmeister, Mathematiker und
Künstlerbiograf, und ein Schüler
* 1497 in Nürnberg
† 12.11.1563 in Nürnberg,
Grabstätte auf dem
Johannisfriedhof, Nürnberg
Sohn des K�rschners Stephan
Neudörfer; seit ca. 1522
verheiratet mit Magdalena,
verwitwete Schellmann; seit ca. 1542
verheiratet mit Katharina,
verwitwete Sidelmann.
Johann Neudörfers Lehrb�cher
über die Schreibkunst waren
maßgebend für die Entwicklung
der deutschen Schrift. Neudörfer
hatte darin die Grundlage für die
Frakturschrift geschaffen.
Außerdem verfasste er mit den
"Nachrichten von Nürnberger
Künstlern und Werkleuten" ein
wichtiges Werk für die
Nürnberger Kunstgeschichte. In
seinen letzten Lebensjahren
besch�ftigte er sich vor allem mit
der Mathematik.
Maler:
Nicolaus Neufchatel, gen. Lucidel
* vor 1527, Geburtsort unbekannt
† nach 1573, Sterbeort unbekannt
Nicolaus Neufchatel, dessen
Lebenslauf nur in wenigen Daten
fassbar ist, beschränkte sich in
seinem künstlerischen Schaffen auf
die Bildnismalerei. Seit 1561 war er
der bevorzugte Porträtist des
Nürnberger Patriziats. Er gehört
zu den bedeutendsten Bildnismalern
seiner Zeit auf deutschem Boden.