Bayerische Landesausstellung 2015
Das heitere Wetter und die völlige Waffenruhe des 6. machte
ich mir trefflich zu Nutzen. Ich entwarf eine sehr genaue Zeichnung
von dem Terrain und der Aufstellung der Russen in einem halben
Panorama. Mein überaus scharfes Auge leistete mir hiebei die besten
Dienste. Ich bemerkte jede Bewegung der Russen. So entstand eine
Zeichnung von großem historischen Werthe. Aber diese Arbeit wäre mir
bald übel bekommen. Ich hatte mich möglichst weit vorgemacht und saß
stundenlang an einem und demselben Flecke, mein Pferd, ein Schimmel,
stand neben mir, das mag besonders durch seine Farbe die
Aufmerksamkeit der Russen auf mich gezogen haben. Es fiel plötzlich
ein Kanonenschuß aus der großen Redoute der Russen, die Kugel sauste
mir an den Ohren vorüber und riß einem armen Artilleristen, der hinter
mir stand und mit großem Interesse meiner Arbeit zusah, den linken Arm
weg. Durch diesen unerwarteten derben Fingerzeig veranlaßt, zog ich
mich weiter zurück nach dem Platze, wo Prinz Eugen mit seiner Suite
stand … Ségur erwähnt in seinem Werke dieses Kanonenschusses, des
einzigen, der an diesem Tage fiel. Er gab zu den sonderbarsten
Vermuthungen Anlaß. Ségur z.B. meint, diese Kugel habe dem Kaiser
gegolten, der sich aber in jenem Augenblicke viel weiter zurück auf
der Höhe von Borodino befand; allein der Schuß war zu gut gezielt und
die Wahrscheinlichkeit zu groß, daß er meiner unbedeutenden
Persönlichkeit gegolten habe.
Albrecht Adam: Aus dem Leben eines Schlachtenmalers, Stuttgart
1886
©
Bayerisches
Armeemuseum Ingolstadt