Bayerische Landesausstellung 2015
Am 12. kamen wir zu der schönen Abtei Zwenigorod. Diese
liegt auf einem sanft ansteigenden Hügel mit üppigen Bäumen und
Laubholz bewachsen, welche trotz der vorgeschrittenen Jahreszeit noch
im schönsten Grün standen. Um dieselbe zieht sich durch ein anmuthiges
Wiesenthal ein Bach, so daß man die Lage des Klosters mit Recht
romantisch nennen kann und man auch hier die Beobachtung macht, daß
die geistlichen Herren die Orte, wo sie ihre Klöster erbauten, sehr
gut zu wählen verstanden. Das Kloster selbst ist mit starken Mauern,
Schießscharten und Thürmen versehen; man könnte leicht in Versuchung
gerathen, es eher für einen festen Platz, als für ein Kloster zu
halten, wenn nicht über die Mauern heraus große Gebäude und
Thurmspitzen mit Kuppeln von wunderlicher Form emporragten. Das Ganze
machte einen eigenthümlich fremdartigen Eindruck. Die Mönche hatten
ihr Kloster nicht verlassen, baten um Schonung der geheiligten Stätte
und benahmen sich mit der Würde, wie sie ihr Stand erheischt. Einer
derselben eröffnete uns mit furchtloser Freimüthigkeit, welch
trauriges Loos unser in nächster Zukunft harre, und da alles, was wir
erfuhren, errathen ließ, die Geistlichen in Zwenigorod seien über die
politische Lage gut unterrichtet, selbst über die Zustände in
Deutschland, so konnte manche dieser Mittheilungen Stoff zu ernstem
Nachdenken geben; allein der Gedanke: „Wir stehen vor Moskau“,
verdrängte alle anderen Eindrücke. Prinz Eugen übernachtete im
Kloster; edel, wie er sich stets zeigte, wachte er sorgfältig darüber,
daß keine Excesse vorfielen.
Albrecht Adam: Aus dem Leben eines Schlachtenmalers, Stuttgart
1886
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Bayerisches
Armeemuseum Ingolstadt