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Kleinsteinach |
(Gemeinde Riedbach, Lkr. Hassberge, Regierungsbezirk Unterfranken) |
Fotodokumentation „Steinerne Zeugnisse“:
Israel Schwierz hat uns großzügigerweise die Originalfotografien zu seiner 1988 erschienenen Dokumentation „Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern“ überlassen. Dafür gilt ihm unser großer Dank. Diese Fotografien stellen gerade im Hinblick auf die in vielen Fällen in den letzten 25 Jahren sehr rasch fortgeschrittene Verwitterung der Grabsteine eine wertvolle Quelle dar. |
Lage: Ca. 1,5 km südöstlich von Kleinsteinach unweit des Sportplatzes. |
Größe: 12240 qm; Einfriedung durch einen Maschendrahtzaun und ein Metallgitter auf einem Steinsockel. |
Alter:
1453 angelegt laut Urkunde; der älteste erkennbare Grabstein
stammt aus dem Jahr 1596. Einzugsbereich: Aidhausen, Haßfurt, Hofheim, Knetzgau, Lendershausen, Schonungen, Schweinshaupten, Steinach, Westheim, Zeil u.a. |
Beerdigungen: Zwei große Grabfelder; auf dem neueren Teil des Friedhofs stehen etwa 700 Grabsteine sowie ein Kriegerdenkmal für die jüdischen Gefallenen des Ersten Weltkriegs, auf dem älteren Teil des Friedhofs ca. 1000 Grabsteine. Zahlreiche Rabbiner- und Gelehrtengrüber; erhalten ist u.a. das Grab des Rabbi Shmuel, Sohn des David Moshe HaLevi aus Miedzyrzecz. 1898 sammelte der damalige Lehrer N. Sichel Spenden für die Erneuerung des Grabsteines eines Gelehrten, wie die Zeitschrift „Der Israelit“ vom 8. Juni 1898 berichtete. Der letzte Verstorbene, der in Kleinsteinach einen Grabstein erhielt, ist Daniel Mahler aus Westheim. Die in die USA ausgewanderten Söhne ließen ihrem am 18. Januar 1942 in Westheim gestorbenen Vater einen Grabstein setzen, damit der Tote nach jüdischem Brauch seine Ruhe finden kann. Nach Cordula Kappner, die die jüdischen Friedhöfe im Landkreis Haüberge eingehend erforscht hat, war mit gr��ter Wahrscheinlichkeit die am 29. März 1942 in Haßfurt in der Br�ckenstraße 3 (ab Juni 1941 mussten alle noch verbliebenen judischen Haßfurter Bürger dort wohnen) verstorbene Rosa Lonnerst�dter die letzte (jüdische) Beerdigung. Laut Cordula Kappner liegen ohne Grabstein in Kleinsteinach auch begraben: Lina Goldmann aus Haßfurt (gestorben im Februar 1942), Max Goldmann aus Zeil (gestorben im Februar 1941), Seligmann Gr�nbaum aus Kleinsteinach (gestorben im April 1940), Josef Oppenheimer aus Hofheim (gestorben im Dezember 1933), Klara Rosenbach aus Hofheim (gestorben im November 1938), Emma Stein aus Haßfurt (gestorben im November 1930), Michael Vandewart aus Lendershausen (gestorben im Dezember 1909, dessen Grab in der Nazizeit zerstört wurde), Seligmann Lippst�dter aus Westheim (gestorben im September 1940; eventuell ist er in Schweinshaupten begraben). In der NS-Zeit wurden in Kleinsteinach wie auch auf anderen jd�ischen Friedhöfen Kriegsgefangene und andere gewaltsam zu Tode gebrachte unliebsame Personen begraben (in Kleinsteinach der Ende Februar 1945 in Haßfurt erschossene Italiener Guiseppe Fava, dessen Leichnam nach Kriegsende nach Italien überfährt wurde). |
Besonderheiten: Großes Tahara-Haus mit fast vollständigem Inventar. Im Ort existierte eine Chewra Kaddischa. Das Kriegerdenkmal für die Gefallen des Ersten Weltkriegs verzeichnet die Namen der jüdischen Soldaten und trägt die Inschrift: "Wie sind gefallen die Helden, verloren gegangen die Waffen des Krieges! 2.Sam. 1,27. Zur Erinnerung an die im Weltkriege 1914-18 auf dem Felde der Ehre Gefallenen der dem Friedhofsbereich Kleinsteinach angeschlossenen Kultusgemeinden Kleinsteinach, Hofheim, Haßfurt, Schonungen und Westheim". |
Schändungen: 1894 (mehrere Grabsteine wurden umgestürzt) und in den 1920er-Jahren; sodann am 10. November 1938 (in Anwesenheit verhafteter jüdischer Männer, die die Schändung mitansehen mussten); 1944 durch eine Kleinsteinacher Schulklasse mit ihrem Lehrer; 1947 warfen ehemaige Nazis und SS-Männer Grabsteine um; Anfang der 1960er-Jahre verschwand ein Grabstein von 1933 spurlos. |
Fotodokumentation: Ab 1988 wurde von Schulklassen der Hauptschule Hofheim in dreij�hriger Arbeit eine Fotodokumentation der Gräber auf dem neuen Teil des jüdischen Friedhofs Kleinsteinach erstellt. Die Leitung hatten die Lehrkr�fte Herbert Dietz und R�diger Reining, die uns freundlicherweise die Erlaubnis erteilten, diese Fotografien hier zu zeigen. Unser Dank gilt Frau Cordula Kappner, Zeil a. Main, die uns die Fotovorlagen zur Verfügung gestellt hat. Für die Erstellung der Scans danken wir der Agentur media men GmbH, Augsburg. Angaben zur Dokumentation der jüdischen Friedhöfe im Landkreis Haüberge finden Sie hier. Die Fotografien unterliegen dem Urheberrecht, jegliche Nutzung ist untersagt bzw. genehmigungspflichtig. Für Anfragen wenden Sie sich bitte an: poststelle@hdbg.bayern.de Zur Liste der deutschsprachigen Namen kommen Sie hier. |
Literatur: Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens, S. 80; Träger, Michael: Jüdische Friedhöfe in Bayern (8) [Schweinshaupten, Kleinsteinach, Bad Brückenau, Limbach]. In: Der Landesverband der Israelit. Kultusgemeinden in Bayern 9 (Dezember 1994), S. 23-24, hier S. 23; Kappner, Cordula: Die jüdischen Friedhöfe im Landkreis Haüberge. Informationsbroschüre anlässlich des Tags des offenen Denkmals 2005 (erhältlich beim Landratsamt Haüberge, Postfach 1401, 97431 Haßfurt). Ein PDF der Broschüre finden Sie hier (mit freundlicher Genehmigung der Autorin und des Landratsamtes Haüberge); Werner, Constanze (Bearb.): KZ-Friedhöfe und Gedenkstätten in Bayern. „Wenn das neue Geschlecht erkennt, was das alte verschuldet …", Regensburg 2011 [allgemein zum Thema sowie Dokumentation der in der Zuständigkeit der Bayerischen Schlösserverwaltung stehenden KZ-Friedhöfe und Gedenkstätten] > vollständig zitierte Buchtitel finden Sie hier |