Mellinger und sein Werk |
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In bewußter Bezugnahme auf
die benachbarte Residenz hatte sich Mellinger bei seinem Neubau in der Zeit des
späteren Historismus für die zum Teil - modern abgewandelten - Formen
der italienischen Hochrenaissance entschieden. Seine Reise zu den Hochburgen
der Renaissance spiegelt sich in seinem Gebäude wieder. Verschiedene
Details weisen auf das römische Pantheon als Vorbild hin und reihen damit
diese Ruhmeshalle in die Gemeinschaft der erhabenen historischen Pantheonähnlichen
Gedenkstätten ein. Byzantinische Anregungen, die sich z.B. in den Motiven
der in die Kreuzarme eingelassenen Säulenarkaturen wiederfinden, könnte
Mellinger in Ravenna oder auch in der Kirche St. Marco in Venedig erhalten
haben. Erkennbar sind aber auch klassizistische Grundformen, besonders
geometrische und stereometrische Formen (z.B. Kreise, Halbkugel, Würfel
usw.), die Mellinger, vermutlich aus Rücksicht auf den Bayernkönig
Ludwig I., einem bedeutenden Förderer des Klassizismus, aufgenommen und
somit sein Bauwerk dem städtebaulichen Gesamtbildnis angepaßt hat.
Auch die frühchristliche Zahlensymbolik war noch bis zum Zeitalter des
Historismus nachvollziehbar. |
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(38) Ludwig von Mellinger. Geboren:
11.12.1849 in Rheinzabern/Germersheim, Realgymnasium Speyer, Studium an der
Polytechn. Hochschule München, praktizierte an den Landbauämtern
Memmingen, Weilheim u. Speyer. Seit 1886 Bau- u. Intendanturrat in der Militärbauverwaltung
Würzburg, ab 1895 als Geh. Baurat im Kriegsministerium, 1898 Geh.
Oberbaurat, 1905 Ritter des Verdienstordens der Bayer. Krone. Gestorben
20.07.1929 in Passau. * |
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(39) Auszug aus Planungsphase zum
Museumsneubau mit Unterschriften von Ludwig v. Mellinger und August Winter, Geh.
Baurat in der Sektion V - Bauwesen - des Kriegsministeriums, Hauptmann a.D. der
Landwehr. * |
Das Kuppelgebäude wurde durch
Mellingers Idee in mehrfacher Hinsicht ein frühes Beispiel für die
Anwendung moderner Baustoffe und Baumethoden. Die Eisenbetonbauweise, die eine
neuartige Drahtnetzeinlage verwendete (Rabitztechnik), ermöglichte eine
statisch wie kostenmäßig günstige Ausführung beliebig
weitgespannter Wölbungen jeder Art; diese Rabitztechnik, die auch im Vestibül
und Kuppelsaal sichtbar ist, wurde für Gewölbe historisierender Bauten
überaus häufig angewendet. Dominierend und zu jener Zeit eine
bauliche Sensation war der Eisenbeton-Kuppelaufbau. Der Beton wurde vorwiegend
mit Rundeisen verstärkt, was zu einer enormen Festigkeit führte.
Der
Kuppelbereich besteht aus einer inneren und einer äußeren
Kuppelschale, die 16 bzw. 16,6 Meter im Durchmesser sind und, wie auch die 9
Meter hohe achteckige Laterne darüber, vollständig aus Eisenbeton
hergestellt wurden. Die Last des Kuppelaufbaus mußte über den
kreisrunden Kuppeltambour auf einen quadratischen Unterbau gesetzt werden. Der
Kuppelbau wird von den vier parabolisch geformten Eisenbetonbögen und den
Eisenbetonpfeilern getragen. Diese vier Pfeiler führen das errechnete
Gewicht von je 571 Tonnen den Fundamenten zu.
Die Baukosten für
das gesamte Bayerische Armeemuseum betrugen damals ca. 2 Millionen Mark. Mit
seinem Kuppelgebäude konnte Mellinger Bayerns Armee, das Bayerische Königshaus
und die bayerische Geschichte, aber auch den technischen Fortschritt besonders
bei der Anwendung damals moderner Baustoffe und Baumethoden hervorragend präsentieren. |
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(41) Innere und äußere
Kuppelschale * |
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(42) Arkadengang (Decke in Rabitzgußtechnik)
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