Weiblicher Lebenslauf

Geburt eines Mädchens und Erziehung zur Frau

Mädchen werden anders auf der Welt empfangen als Jungen.
Der Wunsch nach einem Stammhalter führte oft zur Enttäuschung, wenn der neue Erdenbürger „nur ein Mädchen" war.

Die Rolle „Mädchen" ist nicht genetisch vorgegeben, sondern wird von der Kultur definiert, in die es geboren ist. Viele Eltern wollen heute ihren Kindern keine traditionellen Rollenklischees vermitteln. Doch verhalten sie sich im Umgang mit Töchtern und Söhnen unterschiedlich.

Auch in früheren Zeiten war eine geschlechtsspezifische Formung ausgeprägt, darüberhinaus gab es klare, vom jeweiligen Stand bestimmte Rollenbilder.

Erst im 19. Jahrhundert wurden die Aufgaben der Hausfrau und Mutter zur einzigen Bestimmung der Frau erklärt.

Bis heute macht dieses verengte Idealbild Frauen zu schaffen.



Puppenhaus
Puppenhaus
(JPEG, 381x527, 52 KB)

Heirat und Ehe

Nicht die romantische Liebe war früher der ausschlaggebende Faktor für eine Eheschließung. Erst die Heirat ermöglichte Frauen und Männern ein selbständiges Wirtschaften. Die Partnerwahl folgte sozialen und wirtschaftlichen Kriterien.

Bis ins 19. Jahrhundert war die obrigkeitliche Heiratserlaubnis an die Übernahme einer „Stelle", z.B. eines bäuerlichen Anwesens oder eines Handwerksbetriebes gebunden.

Das Paar konnte sich auch als Tagelöhner bei einem Bauern verdingen und dort einen eigenen Haushalt führen.

In vielen Gebieten Bayerns war das Anerbenrecht üblich, das eines der Kinder (auch eine Tochter) als Übernehmer des Besitzes einsetzte. Die weichenden Geschwister wurden ausgezahlt. Die Eltern zögerten die Übergabe oft so lange hinaus, bis die Mehrzahl der Kinder durch Auswärtsheiraten versorgt war. Das Heiratsalter lag daher in den meisten Regionen Bayerns hoch.

Das Verhältnis der Eheleute zueinander konnte durch Zuneigung und Achtung, aber auch durch Gleichgültigkeit bestimmt sein. Der Mann hatte das Recht, seine Frau zu züchtigen. Eine Scheidung war nur in seltenen Ausnahmefällen möglich.

Baum
Der Baurenknecht Baum
(JPEG, 309x538, 76 KB)


Krone
Augsburger Brautkrone
(JPEG, 348x549, 50 KB)

Mutterschaft

Bis an die Schwelle der Gegenwart war die Zeugung von Nachkommen der Sinn der Ehe. Kinderlosigkeit galt als Makel, an dem zumeist der Frau die Schuld gegeben wurde. Magische Praktiken sollten bei Frauen aller Stände für Fruchtbarkeit und eine glückliche Entbindung sorgen.

Gefährdet war das Ungeborene, aber auch die Mutter. Viele Frauen mußten bis kurz vor der Niederkunft schwere Arbeit leisten und sie kurz danach wieder aufnehmen. Geburtskomplikationen und Wochenbettfieber bildeten die häufigste Todesursache von Frauen im gebärfähigen Alter.

Die Geburtshilfe, die zunächst eine reine Frauensache war, geriet seit dem Spätmittelalter unter die zunehmende Kontrolle der männlichen Ärzteschaft.

Nach und nach wurden die Kompetenzbereiche der Hebammen eingeschränkt. Noch im Mittelalter durften die Hebammen an einer toten Mutter den Kaiserschnitt vornehmen. Später wurden sie aus der Leitung erst der schwierigen, dann auch der normal verlaufenden Geburten verdrängt.

In den Teilen Bayerns, in denen Frauen selten oder nur kurz stillten, lag die Säuglingssterblichkeit äußerst hoch (1860: ca. 46%). Zudem wurden die Frauen schneller wieder schwanger und waren damit stärker gefährdet.

An der Erziehung der Kinder war der ganze Hausverband beteiligt. Erst im 19. Jahrhundert wurde die Frau allein dafür verantwortlich.

Antonia
Erzherzogin Maria Antonia von Österreich
(JPEG, 543x383, 34 KB)


Haushalt

Die Haushaltsführung war jahrhundertelang nur eine von vielen Aufgaben einer „Hausmutter": Wohnen und Arbeiten fanden in enger räumlicher Nähe statt;

oft waren die Wohnstuben von Handwerkern gleichzeitig Werkstatt.

Die Mitarbeit der Frauen war selbstverständlich.

Die seit dem 19. Jahrhundert einsetzende Industrialisierung führte zur Trennung von Heim und Arbeitsplatz. Das Ideal der „Hausfrau und Mutter", dessen Anfänge in der Reformationszeit liegen, wurde nun zum beherrschenden Leitbild.

Die Anforderungen an die Hausfrau veränderten sich.

Der „Sparherd" ersetzte das offene Feuer; die rußfreien Küchen konnten und mußten sauber gehalten werden. Eine größere Vielfalt an Zubereitungstechniken (z.B. Backen) bereicherte den Speisezettel, bedeutete aber auch mehr Arbeit für die Köchin.

In der Ausstellung wird eine Kücheninszenierung gezeigt. Sie erinnert auch an zwei Frauen mit einem ungewöhnlichen Lebensweg:

die Blech- und Emailwarenfabrikantin Katharina Baumann und
die Gründerin einer Waschmaschinenfabrik, Agnes Hörhold.
Waschmaschine
Waschmaschine
(JPEG, 424x562, 44 KB)

Frauen im Alter

Häufig starb einer der Ehepartner vor dem Erreichen des gemeinsamen Alters.

Auf dem Land drängte die Grundherrschaft dann auf eine schnelle Wiederheirat oder auf die Übergabe. Witwen in der Stadt konnten dagegen oft jahre- und jahrzehntelang das Gewerbe ihres Mannes weiterführen.

War eine Heirat aus Altersgründen nicht mehr möglich, so wurde an eines der Kinder übergeben und ein Austragsvertrag abgeschlossen. In ihm wurde die Versorgung der Alten detailliert geregelt. Je größer der Hof, desto gesicherter war die Versorgung der Austräglerin. Ein kleiner Besitz konnte dagegen für die übergebende Witwe nur für begrenzte Zeit ein sicheres Auskommen bieten.

Ledige Frauen fristeten oft bei Verwandten ein armseliges und bis ins hohe Alter arbeitsreiches Leben.

Kraer
Madam Kraer
(JPEG, 350x542, 32 KB)

Sexualität außerhalb der Ehe

Das Delikt der sogenannten Leichtfertigkeit, des vorehelichen Geschlechtsverkehrs, war in vielen Teilen Bayerns außerordentlich häufig.

Voreheliche sexuelle Beziehungen wurden durch die Schwangerschaft der Frau bekannt und sind, da sie strafbar waren, in den Quellen gut dokumentiert.

Die rigiden Heiratsbeschränkungen und das hohe Heiratsalter waren die Ursachen für eine große Zahl unehelicher Geburten.

Viele vorehelichen Beziehungen wurden legitimiert, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse erlaubten. Doch auch die Eheschließung mit einem anderen Partner war möglich.

Aufgrund dieser liberalen Regelung war Kindsmord im Bayern des 18. und 19. Jahrhunderts ein relativ seltenes Delikt.

Cathy
Die Schiffer-Cathy vom Königssee
(JPEG, 408x560, 54 KB)

Prostitution

Prostitution gab es zu allen Zeiten. Sie wurde mehr oder weniger geduldet. Eine Reglementierung setzte mit dem Beginn der Neuzeit ein. Dazu trug die Reformation ebenso bei wie die Einschleppung der Syphilis. Die jeweiligen Städte und Landschaften erließen verschiedene Ordnungen; erst 1871 kam es zu reichseinheitlichen Gesetzen.

Der Grundwiderspruch blieb jedoch bestehen. Die Frauen wurden gesundheitlich kontrolliert, sittenpolizeilich verfolgt und gesellschaftlich stigmatisiert. Ihre Kunden blieben unbehelligt.



Auspaukung
Auspaukung der Regensburger Dirnen
(JPEG, 503x414, 50 KB)

Geschichtswürdigkeit Frauenarbeit

Achtung!
Wenn Sie die Vorschaubilder anklicken, erhalten Sie die Abbildung jeweils in einem größeren Format mit weiteren Erläuterungen. Die Bildgröße ist in Bildpunkten (pixel) und KiloByte angegeben.
Überblick Geschichte ohne Frauen? Frauenbilder aus Bayern Archäologie
Geschichtswürdigkeit Weiblicher Lebenslauf Frauenarbeit Selbst ist die Frau

Blick nach vorn [Zurück]