Zeittafel zur
Reformation in Augsburg und dem Reich
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1515 |
Papst Leo X. verkündet Ablaß
zugunsten des Petersdoms in Rom |
1517 |
Luthers 95 Thesen zum Ablaßwesen werden als
Druck verbreitet |
1518 |
Disputation Luthers mit Kardinal Cajetan in
Augsburg |
ab 1518 |
Luthers Schriften zu allen Themen christlicher
Religiosität werden in rascher Folge veröffentlicht und dank des
Buchdrucks weit verbreitet; dabei ist Augsburg (insgesamt ca. eine halbe Million
Exemplare mit Höhepunkt 1520) nach Wittenberg zweitwichtigster Druckort
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1519 |
Wahl Karls V. zum Kaiser unter erheblicher
finanzieller Unterstützung durch die Augsburger Handelshäuser der
Fugger und Welser
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1520 |
Luther verbrennt die Bannandrohungsbulle Der
Augsburger Bischof Christoph von Stadion läßt die Bannandrohung
nach längerem Zögern durch den neu berufenen Prediger Urbanus Rhegius
verkünden |
1521 |
Bannspruch des Papstes gegen Luther Verhör
Luthers auf dem Wormser Reichstag; danach Flucht auf die Wartburg; Wormser
Edikt (Reichsacht über Luther) Wormser Edikt wird in Augsburg ohne
großes Echo verkündet; Urbanus Rhegius gibt sich als Anhänger
Luthers zu erkennen und muß die Stadt verlassen (Rückkehr 1524)
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1523 |
Erste öffentliche Hochzeit eines Predigers
in Augsburg trotz Verbots des Rates
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1524 |
Tumulte um den Augsburger Barfüßermönch
Johannes Schilling; Politisierung der religiösen Frage Erstmals
werden vier - unterschiedlich ausgerichtete - evangelische Prediger offiziell
vom Augsburger Rat angestellt (Rhegius, Keller, Frosch, Agricola)
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1527 |
Versuch einer Einigung der protestantischen
Prediger in Augsburg über das Verständnis vom Abendmahl Treffen
der Täufer in Augsburg; hartes Eingreifen der Obrigkeit Verhaftungen,
Zwangsbekehrungen, Hinrichtungen)
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1529 |
Protestation der evangelischen Stände auf
dem zweiten Speyrer Reichstag; Augsburg beteiligt sich nicht
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1530 |
Augsburger Reichstag: festlicher
Einzug des Kaisers; auf seinen Befehl Ausweisung aller evangelischer Prediger,
Kontrolle des religiösen Lebens in seinem Sinne. Vorlage des Augsburger
Bekenntnisses (Confessio Augustana) durch die Mehrzahl der protestantischen Stände,
der Confessio Tetrapolitana durch Straßburg, Memmingen, Lindau und
Konstanz. Stadt Augsburg vermeidet Parteinahme, nähert sich erst am Ende
des Reichstags der evangelischen Seite an.
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1531 |
Gründung des protestantischen St.
Anna-Gymnasiums in Augsburg |
ab 1531 |
Oberdeutsche, zwinglinahe Reformationsrichtung
unter Führung von Bucer setzt sich in Augsburg durch. Wolfgang Musculus
kommt für 17 Jahre in die Stadt. Wunsch nach durchgreifender Reformation
verstärkt sich
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1534 |
Großer Rat beschließt Einführung
der Reformation in Augsburg; katholischer Gottesdienst nur noch in acht Kirchen
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1536 |
Augsburg wird Mitglied im Bündnis der
evangelischen Reichsstände, dem 'Schmalkaldischen Bund' Unter Führung
von Musculus tritt Augsburg der Wittenberger Konkordie bei (Kompromiß
zwischen oberdeutscher und sächsischer Abendmahlsauffassung) |
1537 |
Vollständige Einführung der Reformation
in Augsburg durch die Stadtregierung: Abschaffung der altgläubigen Messen
und Gottesdienste, Auflösung der Klöster, 'Bildersturm', Exil der
altgläubigen Geistlichen
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1543 |
Otto Truchseß von Waldburg, strikter Anhänger
von Papst und Kaiser, wird Nachfolger des verstorbenen Augsburger Bischofs
Christoph von Stadion
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1546 |
Im Schmalkaldischen Krieg versucht Augsburg -
letztlich vergeblich -, sein Einflußgebiet auszudehnen und die
Reformation im Umland durchzusetzen
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1547 |
Nach der Niederlage im Schmalkaldischen Krieg
unterwirft sich Augsburg dem Kaiser |
1547/48 |
"geharnischter Reichstag" in Augsburg
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1548 |
Einführung des Interims: Katholiken erhalten
alte Rechte und Besitzungen - auch in Augsburg - zurück; Einschränkung
des evangelischen Gottesdienstes und der evangelischen Lehre; Musculus flieht
aus der Stadt Einführung der Patriziatsverfassung in Augsburg mit
weitgehender Entmachtung der Zünfte und Bevorzugung der katholischen
Minderheit |
1552 |
Fürstenbund bringt Karl V. in Bedrängnis;
Passauer Vertrag beendet praktisch das Interim
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1555 |
Reichstag beschließt Augsburger
Religionsfrieden: Anerkennung der evangelisch-lutherischen (nicht der
reformierten) und der katholischen Konfession; Bikonfessionalität für
Augsburg, d.h. für Protestanten nunmehr lutherische Ausrichtung; paritätische
Besetzung der politischen Ämter
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Ausschnitte aus Quellentexten
Aus dem Reformationsmandat der Reichsstadt Augsburg vom 29. Juli 1534 (vgl.
Kat. 68 / Text dem heutigen Sprachgebrauch angepaßt):
Nachdem ein ehrsamer Großer Rat dieser Stadt Augsburg betrachtet
hat, wie merklich die Ehre Gottes durch die widerwärtigen Lehren beeinträchtigt
wird, die Gewissen der Gutherzigen beschwert werden und der gemeine Mann
entweder in den Irrtum oder doch zum wenigsten in einen gefährlichen
Zweifel geführt wird [...], wodurch allerlei Folgen, besonders Unruhe
unter der Stadtgemeinde, Zerrüttung der Bürgerschaft und zuletzt
unwiederbringlicher Schaden an dieser Stadt zu besorgen gewesen wäre, wenn
solche schwebenden Widerwärtigkeiten, Gefahren und Unrat durch die Gnade
des Allmächtigen nicht abgewendet werden, so hat erwähnter Rat als
christliche Obrigkeit und Diener Gottes [...] die Spaltung der sich
widersprechenden Prediger allhier abgestellt, alle und jede Prediger, die nicht
von ihm aufgestellt, die auch wider das klare Wort Gottes (wie es beweisbar und
offenbar ist) gelehrt haben, die deshalb mit den Prädikanten des Rats über
die Verkündung und Auslegung des Evangeliums uneinig sind und sich doch
mit ihnen nie zu einem Vergleich in einem gemeinsamen christlichen und brüderlichen
Gespräch bereit erklärt haben (wie es oft an sie herangetragen
wurde), entlassen, ihnen geboten, mit ihrer Lehre stillzuschweigen und an ihrer
Stelle Prediger aufgestellt und verordnet, um [...] allein das reine, lautere
Wort zu lehren und zu predigen [...].
Auszug aus der Bestallungsurkunde des Prädikanten Dr. Michael Weinmeier
mit Auflistung seiner Pflichten (vgl. Kat. 69 / Text dem heutigen
Sprachgebrauch angepaßt.)
Ich, Michael Weimmar von Lindenfels, bekenne hier mit diesem Brief und
tu allen kund, daß die vorsorglichen, ehrsamen und weisen, meine günstigen
und gebietenden Herren Bürgermeister und Räte der Stadt Augsburg mich
zu einem Prädikanten, Lehrer der hiesigen christlichen Kirche und Diener
berufen, bestellt und aufgenommen haben; dergestalt, daß ich jeder Zeit überall
hier in Augsburg, wann und wo es ihnen gefällt und es mir von ihnen
vorgeschrieben wird, das heilige Evangelium und reine Wort Gottes lauter verkünden
[soll], die heilige Schrift [...] auslegen und erklären [soll]; [daß
ich] daneben das Übel, wie es nottut, bekämpfen [soll und], wie es
einem getreuen christlichen Prädikanten geziemt, sanftmütig und zurückhaltend
strafen und von der Kanzel jeden in der Gemeinde, aber weder mit Namensnennung
noch mit Andeutung bestimmter Personen, vor allen falschen Gottesdiensten,
Lastern und Sünden [warnen] und zum wahren Gottesdienst und allen löblichen
Tugenden ermahnen [soll] [...]
Texte von Wolfgang Musculus zu verschiedenen Themen aus seiner Augsburger
Zeit (auf der Ausstellung in Ton und Schrift zugänglich; nach Kat. 116)
Verführerischer Gottesdienst:
Zum andern haben sie [d.h. die römische Kirche] ain gleissenden
gottesdienst angericht, welchen sie in eissere zirden, gold, silber, seiden,
kirchen, glocken, altar, bilder, kertzen prennen und dergleichen pracht
gestellt, darzue mess, vigilien, seelenmessen und gesang mit orgeln und
pfeiffen angericht, daran sich die weld vergafft und die menschen velschlich
dahin beredt worden, dass sie ir hab und guet oft iren natürlichen erben
enttzogen und den pfaffen geben haben, damit solcher gleissender gottesdienst
underhalten und gemeret wurdt, dann nichts so gross und schwer ist, das wir uns
nicht gern lassen ufladen, wann wir nur die alte haut nit ausziehen und das
leben nach der ler Christi durfen anrichten.
Arm und reich:
Es kan der Reich am armen dem Allmächtigen wol dienen. soll es
auch in disen schweren leüffen treülich unnd mit guttem willen thun
und dencken / es habe jm Gott sein hab und gut weder zum uberfluss noch zur
untrew / sonder zu seines nechsten notturfft gegeben. Herwiderumb kan der arm
dem Reichen in disen läffen auch seer vil nutzen und in vil weg breüchlich
sein. Ach wie fein stünde es / wann bede thail die hende zusamen gebent /
und ainander mit Christlicher brüderlicher trew gemaintent?
Mensch:
Es hat ewer ain yeder etwas guts / Doch mit angehencktem mangel / wie
sichs dann gemainlich under uns menschen findet. Niemandts ist volkommenlich
wie er sein soll. Gut were, das ain yeder sein aignen mangel an ihm unnd was
gutts an seinem nechstnn were / erkandte / so kündten wir ainannder
duldenn und dabey auch ye einer den andern underwisen.
Müßiggang und Gottvertrauen:
Gott will den menschen helffen / aber nit den müssigen unnd
liederlichen sonnder den emsigen und arbaitenden. Mainestu er werde ainem
liederlichen faulen bauren seinen unerpawnen und ongesegneten acker fruchtbar
machen / wann er schon lang sagt / Ey es wirts Gott wol machen? freylich nit.
Er will das wir wachen / sorgen / arbaiten und schaffen / doch im glauben und
trauwen zu jm / das gedeyen will er geben.
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