"...wider Laster und Sünde" - Augsburgs Weg in der Reformation | |
Ausstellung des Hauses der
Bayerischen Geschichte in Augsburg, St. Anna, vom 26. April bis 10. August 1997 |
Bekenntnisbild |
In der Abteilung über
die "Unvollendete Reformation 1530 bis 1555" läßt sich mit
dem Schweinfurter Konfessionsbild ein weiterer Schwerpunkt des
Ausstellungsbesuches setzen. Im Zuge der Bildbetrachtung erhalten die Schülerinnen
und Schüler - neben Hinweisen zum weiteren Verlauf der Reformation -
Informationen über wesentliche Elemente der lutherischer
Glaubensvorstellung und Einblick in den sinnbildlichen Charakter der
Darstellung. Das Gemälde wird die meisten Schüler/innen durch seine Größe und seine besondere Gestaltung beeindrucken, bedarf aber auch der Blicklenkung und Erläuterung. Für diesen Zweck ist im Ausstellungsraum für Einzelbesucher ein Bildschirm vorgesehen, der mit Filmausschnitten und Kommentaren Segmente des Gemäldes erklärt. Ob er allerdings im Klassenverband zu nutzen ist, muß jeweils geprüft werden. Soweit es die Situation vor Ort zuläßt, sollte man versuchen, auch und gerade dieses Objekt im Gespräch zu erschließen. Vorweg könnte die Lehrkraft auf die typisch protestantischen Schriftbänder mit Bibelzitaten und Erläuterungen aufmerksam und die Bildgliederung durch Verweis auf die horizontale Dreiteilung und die verschiedenen Ebenen des Hintergrunds durchsichtiger machen (s.u. die Stichworte zum Gesamtaufbau). An der weiteren Bilderschließung sollten die Schüler/innen nach Möglichkeit beteiligt werden. Um einen genaueren Überblick zu gewinnen, können einzelne von ihnen versuchen, unter Anleitung der Lehrkraft die dargestellten Vorgänge zu identifizieren. Den sinnbildlichen Charakter der Darstellung macht spätestens die Frage bewußt, woran man erkennen kann, daß kein tatsächliches Geschehen in einer Kirche abgebildet ist (Vielfalt der scheinbar zeitgleich ablaufenden Vorgänge; Blut- und Wasser-Strahlen, die von der Christusfigur ausgehen). Nun sollte die Einsicht entstehen, daß auch die Vordergrundszene sinnbildlich zu nehmen ist, obwohl sie mit der Übergabe des reformatorischen Bekenntnisses an Kaiser Karl V. beim Augsburger Reichstag von 1530 ein tatsächliches Ereignis spiegelt. Deutlich wird dies z.B. an den Wappen der vier Städte, die erst später unterschrieben, sowie an der Abbildung der erst nachträglich verfaßten "Apologia" (s.u. die Angaben zur Bildmitte und oben zum vorletzten Leitobjekt). Die Verteidigung der CA wiederum war nötig, weil Karl V. sie abgelehnt hatte - anders, als es das Bild durch die Berührung der Confessio mit dem Szepter des Kaisers suggeriert. Das um 1600 entstandene Gemälde bezieht also - wie die Lehrkraft zu ergänzen hätte - die Anerkennung der Augsburger Konfession ein, die erst 1555 im Augsburger Religionsfrieden erfolgte. Sie zeigt damit das Maß an konfessionellem Selbst- und Traditionsbewußtsein an, das die Protestanten aus diesem Vorgang schöpfen. Selbstbewußtsein und Stolz verbinden sie, wie nun klar wird, auch mit ihren theologischen Grundansichten über das Abendmahl in beiderlei Gestalt und über die Taufe, den einzigen Sakramenten, die nach Luther den Weg zu Himmel und Heil erschließen helfen, ebenso mit den anderen dargestellten Vorgängen des kirchlichen Lebens, die beim Überblick von der Schülergruppe schon erschlossen wurden. Beschreibung des Gemäldes in Stichworten: Gesamtaufbau Mitte/Vordergrund ): Übergabe der Confessio Augustana an Karl V.; rechts: Christus am Kreuz, darauf bezogen zentrale religiöse Handlungen evangelischer Christen, und - nach hinten gestaffelt - Szenen des kirchlichen Lebens; links: weitere Szenen des kirchlichen Lebens, ebenfalls nach hinten gestaffelt. Details Bildmitte: Der Kaiser im Prunkharnisch mit Goldhelm unter einem Baldachin, über ihm der doppelköpfige Reichsadler, flankiert von zwei Säulen mit seiner persönlichen Devise "Plus ultra" ("Weiter hinaus"); vor dem Kaiser kniend, von links nach rechts, mit Namen und Wappen gekennzeichnet: Fürst Wolfgang von Anhalt, Landgraf Philipp von Hessen, Markgraf Georg von Brandenburg-Ansbach, Kurfürst Johann von Sachsen im standesgemäßen Ornat, die Herzöge Ernst und Franz von Lüneburg, hinter ihnen je ein Vertreter der beiden Reichsstädte Nürnberg und Reutlingen. In den Händen des sächsischen Kurfürsten die CA, aufgeschlagen der Kernsatz der reformatorischen Rechtfertigungslehre, Röm. 3,28; das zweite Buch die "Apologia" des Melanchthon. Rechte Bildseite: Christus am Kreuz, bestätigt durch Gott ("Das ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe, den sollt ihr hören") und die Taube des Hl. Geistes. Mit dem Gekreuzigten durch einen Wasser- und einen Blutstrahl direkt verbunden: die Sakramente des Abendmahls (vorn) und der Taufe (dahinter). Darauf bezogen die Predigt des Pfarrers von der Kanzel an die unter ihm sitzende Gemeinde. Am Ende des Altars der Text der Abendmahlsworte Jesu, gehalten von den Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und dem Apostel Paulus. Auf dem Altar im Buch das Vaterunser, auf dem Altartischtuch vorn eine Auflistung von Schriften Luthers zur Abendmahlslehre. Totengerippe und Teufelsgestalt unter Altar und Kreuz zum Zeichen der Überwindung von Tod und Hölle durch den Tod Christi. Strahlenförmig am Boden angeordnete Namen: Vertreter abgelehnter Abendmahlslehren. Im Hintergrund: unterhalb einer Orgel eine Gruppe von Sängern und Musikanten mit dem Lob Gottes im Gottesdienst. Linke Bildseite: Die repräsentativ gekleideten Herren ganz vorn wahrscheinlich jene Reichsstände, die sich nach 1530 dem Augsburgischen Bekenntnis angeschlossen haben. Im mittleren Bereich eine Katechismusprüfung: Unter Oberaufsicht des Pfarrers von einem erhöhten Kirchenstuhl aus an fünf Katechumenen (in einem ähnlichen Kirchenstuhl) die Frage: "Wes Glaubens seid ihr? Warum seid ihr Christen?" Antwort: "Wir sind Christen, darum daß wir an Jesum Christum glauben und in seinem Namen getauft sind." Dahinter: Gemeindegliedern wird in individueller Seelsorge Gottes Vergebung zugesprochen. Ganz hinten an einem Altar eine Trauung. |