"...wider Laster und Sünde" - Augsburgs Weg in der Reformation

Ausstellung des Hauses der Bayerischen Geschichte in Augsburg, St. Anna,
vom 26. April bis 10. August 1997

Konzeption und zentrale Objekte der Ausstellung
"... wider Laster und Sünde. Augsburgs Weg in der Reformation" eröffnet eine dreiteilige Ausstellungsreihe zum Thema "Bürgertum und Religion". Die beiden Folgeveranstaltungen befassen sich mit dem Innenleben evangelischer Reichsstädte ("Christ - Bürger - Untertan", Memmingen 1998) und mit dem Nebeneinander zweier konfessionell unterschiedlicher Gemeinwesen ("Bürgerfleiß und Fürstenglanz", Kempten 1998). Alle drei Ausstellungen wollen neben der Berücksichtigung örtlicher Besonderheiten und regionaler Entwicklungen auch den Blick auf die großen Zusammenhänge öffnen. Als Fallbeispiel betrachtet, kann "Augsburgs Weg in der Reformation" auch Schülerinnen und Schülern, die nicht aus Augsburg kommen, wichtige Einsichten vermitteln, zumal die hier zusammengetragenen eindrucksvollen Originale des 16. Jahrhunderts einen unmittelbaren Kontakt mit der Epoche ermöglichen.

Durch verschiedene Leitobjekte, die Sie auf späteren Seiten dieses Internet-Beitrags ausführlich erläutert finden, kann den Schülerinnen und Schülern die Augsburger Ausstellung erschlossen werden.
Diese gliedert sich in sieben Abteilungen:
  • Der erste Abschnitt im Westflügel des Kreuzgangs befaßt sich mit den Anfängen der Reformation und berücksichtigt von deren komplexen Ursachen besonders den Ablaßhandel. Ausgehend von jener Ablaßkiste (Katalog-Nr. 3), die angeblich der Ablaßprediger Johannes Tetzel verwendete, läßt sich durch Erläuterung des Dreieckgeschäfts zwischen Papst, Fuggern und Albrecht von Brandenburg das Ablaßwesen um 1517 verdeutlichen, das Luthers Zorn erregte und in Flugschriften scharf kristisiert wurde (vgl. Katalog-Nr. 2). In Verbindung mit dem bekannten Porträt Luthers (Katalog-Nr. 6) aus der Werkstatt von Lukas Cranach, die diesen Bildtyp tausendfach produzierte, erfahren die jungen Ausstellungsbesucher, daß Luther damals ein 'Medienstar' war, der nicht nur durch die Verbreitung seiner Gedanken mit Hilfe des Buchdrucks, sondern auch in seinem Aussehen eine der bekanntesten Personen seiner Zeit wurde.
  • Die zweite Abteilung (ebenfalls im Kreuzgang) versucht, anhand einer Inszenierung die Vielfalt der Augsburger Erneuerungsbewegung in den Anfangsjahren aufzuzeigen. Mehrere Kanzeln stellen die wichtigsten Prediger in Abbildungen und mit ihren Schriften vor, u.a. den Zwinglianer und 'Bilderstürmer' Michael Keller. Die Haltung des Rats gegenüber der Reformation blieb zunächst abwartend ("mittlerer Weg"), was u.a. mit der Rücksichtnahme auf die wirtschaftlichen Interessen der führenden Familien zu erklären ist. Unter ihnen ragen die Fugger hervor, die sich stets gegen die Reformation wandten. Einer ihrer bedeutendsten Vertreter, Jakob Fugger der Reiche (1459-1525), ist mit Porträts (Katalog-Nr. 22) von Dürer bzw. aus dessen Umkreis auf der Ausstellung präsent.
  • Dem Augsburger Buchdruck ist die dritte Sektion gewidmet. Im Mittelpunkt steht die funktionsfähige Nachbildung einer Buchdruckerpresse der Gutenbergzeit (Katalog-Nr. 57), aufgebaut im Innenhof des Kreuzgangs. Dort können die Schülerinnen und Schüler die Setz- und Druckvorgänge beobachten und Druckerzeugnisse erwerben.
  • Wieder im Kreuzgang wird an den Reichstag von 1530 in Augsburg erinnert. Die beeindruckenden zehn Holzschnitte von Jörg Breu d. Ält. über den Einzug Karls V. in Augsburg bei diesem Anlaß (Katalog-Nr. 63) bieten Gelegenheit, die Absichten des Kaisers, die Hoffnungen der evangelischen Fürsten und Städte bei der Überreichung der "Confessio Augustana", deren Ablehnung durch Karl und den weiteren Verlauf der Reichsversammlung zu erläutern.
  • Im Ostchor von St. Anna ist die unvollendet gebliebene Reformation in Augsburg Thema. Nach dem Scheitern der Ausgleichsverhandlungen auf Reichsebene nahm der Rat die Durchführung der Reformation selbst in die Hand und bevorzugte dabei Prädikanten der oberdeutschen Richtung. Wie die theologischen Grundüberzeugungen der Protestanten in einem herausragenden Objekt der Ausstellung zum Ausdruck gebracht sind, können die Schülerinnen und Schüler bei Betrachtung des Schweinfurter Konfessionsbildes (Katalog- Nr. 77) erschließen. - Durch die Teilnahme am Schmalkaldischen Bund (1536) geriet Augsburg in die kriegerischen Verwicklungen der 40er Jahre, die sich in der Darstellung des Heerlagers von Karl V. bei Lauingen (Katalog-Nr. 97) wiederspiegeln. Die Niederlage der Protestanten führte1548/49 zur innenpolitischen Neuordung der Augsburger Verhältnisse durch den Kaiser, und mit dem Interim (1548), schließlich mit dem Augsburger Religionsfrieden (1555) war der Weg in die Parität vorgezeichnet.
  • In der Goldschmiedekapelle stehen Leben und Wirken von Wolfgang Musuculus, der 1531 in die Reichsstadt berufen wurde und der vielleicht bedeutendste Augsburger Reformator war, im Zentrum des sechsten Teils der Ausstellung. Sein Porträt mit der Maus (Katalog-Nr. 102a) kann Ausgangspunkt einer Lebensbeschreibung sein, welche nicht zuletzt die biographischen Brüche thematisiert, die viele Menschen während der Reformationszeit erlebten. Über eine Inszenierung mit Kopfhörern ist es in dieser Abteilung außerdem möglich, sich in eine Predigtsituation der Reformationszeit zu versetzen.
  • Der Besucher verläßt die Ausstellungsfläche im Ostchor. In dem Teil von St. Anna, der auch während der Ausstellung frei zugänglich bleibt, werden kunst- und baugeschichtlich wichtige Objekte durch Informationstafeln erläutert und in einen Zusammenhang zum Ausstellungsthema gebracht.

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