"... wider Laster und Sünde.
Augsburgs Weg in der Reformation" eröffnet eine dreiteilige
Ausstellungsreihe zum Thema "Bürgertum und Religion". Die beiden
Folgeveranstaltungen befassen sich mit dem Innenleben evangelischer Reichsstädte
("Christ - Bürger - Untertan", Memmingen 1998) und mit dem
Nebeneinander zweier konfessionell unterschiedlicher Gemeinwesen ("Bürgerfleiß
und Fürstenglanz", Kempten 1998). Alle drei Ausstellungen wollen
neben der Berücksichtigung örtlicher Besonderheiten und regionaler
Entwicklungen auch den Blick auf die großen Zusammenhänge öffnen.
Als Fallbeispiel betrachtet, kann "Augsburgs Weg in der Reformation"
auch Schülerinnen und Schülern, die nicht aus Augsburg kommen,
wichtige Einsichten vermitteln, zumal die hier zusammengetragenen
eindrucksvollen Originale des 16. Jahrhunderts einen unmittelbaren Kontakt mit
der Epoche ermöglichen.
Durch verschiedene Leitobjekte, die Sie auf späteren Seiten dieses
Internet-Beitrags ausführlich erläutert finden, kann den Schülerinnen
und Schülern die Augsburger Ausstellung erschlossen werden. Diese
gliedert sich in sieben Abteilungen:
- Der erste Abschnitt im Westflügel des Kreuzgangs befaßt sich mit
den Anfängen der Reformation und berücksichtigt von deren komplexen
Ursachen besonders den Ablaßhandel. Ausgehend von jener Ablaßkiste
(Katalog-Nr. 3), die angeblich der Ablaßprediger Johannes Tetzel
verwendete, läßt sich durch Erläuterung des Dreieckgeschäfts
zwischen Papst, Fuggern und Albrecht von Brandenburg das Ablaßwesen um
1517 verdeutlichen, das Luthers Zorn erregte und in Flugschriften scharf
kristisiert wurde (vgl. Katalog-Nr. 2). In Verbindung mit dem bekannten Porträt
Luthers (Katalog-Nr. 6) aus der Werkstatt von Lukas Cranach, die diesen Bildtyp
tausendfach produzierte, erfahren die jungen Ausstellungsbesucher, daß
Luther damals ein 'Medienstar' war, der nicht nur durch die Verbreitung seiner
Gedanken mit Hilfe des Buchdrucks, sondern auch in seinem Aussehen eine der
bekanntesten Personen seiner Zeit wurde.
- Die zweite Abteilung (ebenfalls im Kreuzgang) versucht, anhand einer
Inszenierung die Vielfalt der Augsburger Erneuerungsbewegung in den
Anfangsjahren aufzuzeigen. Mehrere Kanzeln stellen die wichtigsten Prediger in
Abbildungen und mit ihren Schriften vor, u.a. den Zwinglianer und 'Bilderstürmer'
Michael Keller. Die Haltung des Rats gegenüber der Reformation blieb zunächst
abwartend ("mittlerer Weg"), was u.a. mit der Rücksichtnahme auf
die wirtschaftlichen Interessen der führenden Familien zu erklären
ist. Unter ihnen ragen die Fugger hervor, die sich stets gegen die Reformation
wandten. Einer ihrer bedeutendsten Vertreter, Jakob Fugger der Reiche
(1459-1525), ist mit Porträts (Katalog-Nr. 22) von Dürer bzw. aus
dessen Umkreis auf der Ausstellung präsent.
- Dem Augsburger Buchdruck ist die dritte Sektion gewidmet. Im Mittelpunkt
steht die funktionsfähige Nachbildung einer Buchdruckerpresse der
Gutenbergzeit (Katalog-Nr. 57), aufgebaut im Innenhof des Kreuzgangs. Dort können
die Schülerinnen und Schüler die Setz- und Druckvorgänge
beobachten und Druckerzeugnisse erwerben.
- Wieder im Kreuzgang wird an den Reichstag von 1530 in Augsburg erinnert.
Die beeindruckenden zehn Holzschnitte von Jörg Breu d. Ält. über
den Einzug Karls V. in Augsburg bei diesem Anlaß (Katalog-Nr. 63) bieten
Gelegenheit, die Absichten des Kaisers, die Hoffnungen der evangelischen Fürsten
und Städte bei der Überreichung der "Confessio Augustana",
deren Ablehnung durch Karl und den weiteren Verlauf der Reichsversammlung zu
erläutern.
- Im Ostchor von St. Anna ist die unvollendet gebliebene Reformation in
Augsburg Thema. Nach dem Scheitern der Ausgleichsverhandlungen auf Reichsebene
nahm der Rat die Durchführung der Reformation selbst in die Hand und
bevorzugte dabei Prädikanten der oberdeutschen Richtung. Wie die
theologischen Grundüberzeugungen der Protestanten in einem herausragenden
Objekt der Ausstellung zum Ausdruck gebracht sind, können die Schülerinnen
und Schüler bei Betrachtung des Schweinfurter Konfessionsbildes (Katalog-
Nr. 77) erschließen. - Durch die Teilnahme am Schmalkaldischen Bund (1536)
geriet Augsburg in die kriegerischen Verwicklungen der 40er Jahre, die sich in
der Darstellung des Heerlagers von Karl V. bei Lauingen (Katalog-Nr. 97)
wiederspiegeln. Die Niederlage der Protestanten führte1548/49 zur
innenpolitischen Neuordung der Augsburger Verhältnisse durch den Kaiser,
und mit dem Interim (1548), schließlich mit dem Augsburger
Religionsfrieden (1555) war der Weg in die Parität vorgezeichnet.
- In der Goldschmiedekapelle stehen Leben und Wirken von Wolfgang Musuculus,
der 1531 in die Reichsstadt berufen wurde und der vielleicht bedeutendste
Augsburger Reformator war, im Zentrum des sechsten Teils der Ausstellung. Sein
Porträt mit der Maus (Katalog-Nr. 102a) kann Ausgangspunkt einer
Lebensbeschreibung sein, welche nicht zuletzt die biographischen Brüche
thematisiert, die viele Menschen während der Reformationszeit erlebten. Über
eine Inszenierung mit Kopfhörern ist es in dieser Abteilung außerdem
möglich, sich in eine Predigtsituation der Reformationszeit zu versetzen.
- Der Besucher verläßt die Ausstellungsfläche im Ostchor. In
dem Teil von St. Anna, der auch während der Ausstellung frei zugänglich
bleibt, werden kunst- und baugeschichtlich wichtige Objekte durch
Informationstafeln erläutert und in einen Zusammenhang zum
Ausstellungsthema gebracht.
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