Albrecht Dürer
Der Maler, Grafiker und Kunsttheoretiker Albrecht Dürer, dessen Nachruhm und Wirkung
auf seine Zeitgenossen kaum hoch genug einzuschätzen sind, hinterließ das vielseitigste
Werk der deutschen Kunst. Als einer der ersten Maler nördlich der Alpen setzte er
sich mit der Kunst der italienischen Renaissance auseinander, deren Errungenschaften
er vor allem durch seine Kupferstiche und Holzschnitte weitervermittelte. In seinem
Werk finden viele Bestrebungen seiner Zeit nachhaltigen Ausdruck.
Bei seinem Vater, dem aus Ungarn nach Nürnberg zugewanderten Goldschmied Albrecht
Dürer d.Ä., absolvierte Albrecht Dürer seine erste Lehrzeit, in der er in die Anfangsgründe
des Zeichnens und Gravierens eingeführt wurde. Im November 1486 kam Dürer in die
angesehene Werkstatt des Nürnberger Malers Michael Wolgemut, wo ihm die technischen
Grundlagen der Malerei und das Entwerfen und Reißen von Holzschnitten vermittelt
wurden. Die Jahre seiner Gesellenwanderung zwischen 1490 und 1494 führten ihn an
den Oberrhein, nach Colmar, Basel und Straßburg. In Colmar hatte er den Maler und
Kupferstecher Martin Schongauer aufsuchen wollen, der zu diesem Zeitpunkt aber bereits
verstorben war. Dürer konnte jedoch Einblick in Schongauers Hinterlassenschaft an
Zeichnungen und Grafik nehmen. In Basel und Straßburg schuf er erste Holzschnitte,
vor allem als Buchillustrationen. Nach seiner Rückkehr nach Nürnberg heiratete er
am 7. Juli 1494 Agnes Frey, die Tochter eines wohlhabenden Kupferschmieds, Kaufmanns
und späteren "Genannten" des Großen Rats. Während einer Pestepidemie in Nürnberg
reiste Dürer im Herbst 1494 nach Oberitalien und Venedig. Der Verlauf der Reise
lässt sich anhand der unterwegs von ihm angefertigten Aquarelle genau verfolgen.
Mit diesen Landschaftsaquarellen erweist sich Dürer als Vorreiter der Freilichtmalerei.
Einen starken Eindruck hinterließen bei ihm die Werke von Andrea Mantegna, Giovanni
Bellini und Antonio Pollaiuolo. Auch sein Interesse an der italienischen Kunsttheorie
zu Perspektive und Proportion des menschlichen Körpers nahm hier seinen Anfang.
Nach seiner Rückkehr nach Nürnberg im Frühjahr 1495 eröffnete Dürer eine eigene
Werkstatt, der nach der Jahrhundertwende Hans Süß von Kulmbach, Hans Baldung Grien
und Hans Schäufelein angehörten. Ab 1497 führte er ein eigenes Monogramm. Seine
1498 erschienene Holzschnittfolge der "Apokalypse" gehört zu seinen größten grafischen
Schöpfungen. Im Spätsommer 1505 reiste Dürer zum zweiten Mal nach Italien. Sein
im Auftrag der deutschen Kaufleute für deren Kirche San Bartolomeo in Venedig geschaffenes
"Rosenkranzfest" (Prag, Nationalgalerie) trug ihm die Anerkennung der venezianischen
Maler und des Dogen Lorenzo Loredan ein. Im Januar 1507 kehrte Dürer nach Nürnberg
zurück, wo er nun ebenfalls hohes Ansehen genoss und mit bedeutenden Humanisten
und Patriziern verkehrte. 1509 wurde er in den Größeren Nürnberger Rat berufen.
1511 kamen die Buchausgaben der großen und der kleinen "Holzschnittpassion" und
des "Marienlebens" heraus. 1512 betraute ihn Kaiser Maximilian I. mit der Gestaltung
der "Ehrenpforte" und den Randzeichnungen zu seinem Gebetbuch. 1518, auf dem Reichstag
in Augsburg porträtierte Dürer den Kaiser, von dem er seit 1515 ein "leibgeding"
von jährlich 100 Gulden erhielt. Nach dem Tode Maximilians I. reiste der Maler 1520
in die Niederlande, um von dessen Nachfolger Karl V. eine Bestätigung für diese
Zahlung zu erlangen. Auf dieser Reise wurde Dürer als berühmter Gast geehrt. Er
lernte dabei bedeutende Malerkollegen wie Quentin Massys, Lucas van Leyden, Barent
van Orley und Joachim Patinir sowie den Humanisten Erasmus von Rotterdam kennen.
Seit seiner Rückkehr nach Nürnberg im Sommer 1521 widmete er sich in erster Linie
seinen theoretischen Arbeiten, der "Unterweisung der Messung" (1525), der "Befestigungslehre"
(1527) und den "Vier Büchern von der menschlichen Proportion" (1528). Er wurde dadurch
zum wichtigsten Kunsttheoretiker nördlich der Alpen. Die beiden Tafeln mit den "Vier
Aposteln", die er 1526 vollendete, sind sein Hauptwerk der späten Jahre (Bayerische
Staatsgemäldesammlungen Inv.-Nr. 545 und 540). Der schon zu seiner Zeit berühmte
Künstler starb 1528 an einem Fieber.
Albrecht Dürer hinterließ das herausragende und vielseitigste Œuvre unter den altdeutschen
Künstlern: etwa 80 Gemälde und 900 Zeichnungen sind erhalten, 100 Kupferstiche und
Radierungen, 350 Holzschnitte sind überliefert, ebenso seine kunsttheoretischen
Schriften. Dürers große Wirkung auf die zeitgenössischen Künstler gründete sich
vor allem auf seinem grafischen Werk, in dem er die künstlerischen Errungenschaften
und die Formenwelt der italienischen Frührenaissance den Ländern nördlich der Alpen
vermittelte. Er durchbrach die Beschränkungen des Handwerkerstandes, in denen er
aufgewachsen war. Seine Selbstbildnisse spiegeln ein bisher unbekanntes Selbstverständnis
als Künstler wider. Da in seinem Werk die künstlerischen Bestrebungen seiner Zeit
einen so weitgehenden Ausdruck finden, wird diese Zeitperiode in der Kunst deshalb
oft auch als Dürerzeit bezeichnet.