Matthias Grünewald oder Mathis Gothart-Nithart (um 1480-1528) - schon der Name des berühmten Malers war lange Zeit ein Rätsel. Auch sein Lebenslauf liegt weitgehend im Dunkel, aber wir wissen, dass er wie andere Künstler seiner Zeit verschiedene Tätigkeiten ausübte. Er war Wasserkunstmacher, Baumeister und Maler für die Erzbischöfe und Kurfürsten von Mainz, die das Schloss von Aschaffenburg als Nebenresidenz nutzten. Die Stadt Aschaffenburg war auch viele Jahre der Wirkungs- und Wohnort des Künstlers Mathis Gothart-Nithart. Nur wenige Zeichnungen und Bilder seiner Hand sind erhalten geblieben. Ihre Ausdruckskraft reiht ihn jedoch unter die größten Künstler Europas ein. Die Landesausstellung in Aschaffenburg zeigt die Ergebnisse einer umfassenden historischen Spurensuche.
Wertvolle Hinweise auf die geheimnisvolle Person Mathis Gothart-Nitharts liefert vor allem das detaillierte Nachlassinventar des 1528 verstorbenen Künstlers. In dieser Handschrift sind zahlreiche Gegenstände verzeichnet, die Grünewald in Frankfurt am Main zur Aufbewahrung zurückieß, bevor er nach Halle aufbrach, um dort Wasserkunstarbeiten zu übernehmen. Zu der in acht Kisten zurückgelassenen Habe zählen Gewänder, Flugschriften und lutherische Bücher, Pinsel, Farben, Goldwaagen, Gerätschaften, Münzen und anderes mehr. Daraus ergeben sich hochinteressante Aufschlüsse über Grünewalds technologische Kenntnisse, Tätigkeitsbereiche und religiöse Überzeugung.
Grünewald lässt sich weiter einkreisen durch seine künstlerischen Arbeiten sowie durch seine Kontakte zu Auftraggebern und Freunden. Eine Spur führt zu seinem Landesherrn Kardinal Albrecht von Brandenburg (1490-1545), dem ranghöchsten deutschen Kirchenfürsten.
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Durch umfangreichen Ablasshandel, den er zur Sanierung seiner stets angespannten Finanzen betrieb, wurde Albrecht zu einem der Auslöser der Reformation. Der mächtige Kirchenfürst bedachte führende Künstler mit zahlreichen Aufträgen, stiftete Altäre und legte in Halle mit dem "Halleschen Heiltum" eine der kostbarsten Reliquiensammlungen seiner Zeit an. Kardinal Albrecht war ebenso ein Auftraggeber Grünewalds wie der wohlhabende Aschaffenburger Stiftsherr Heinrich Reitzmann, der den Maria-Schnee-Altar anfertigen ließ, und der Frankfurter Tuchhändler Jakob Heller. Für ihn schufen Grünewald und Dürer ein großes Altarwerk in der Dominikanerkirche, dessen Flügel mit den Heiligen Laurentius und Cyriacus in der Ausstellung zu sehen sind. Weitere Spuren führen zu dem kunstfertigen Seidensticker Hans Plock (um 1490-1570), der mit dem Künstler näher bekannt war und in seine Luther-Bibel Zeichnungen Grünewalds einklebte, und schließlich zu Agnes Pless, der Geliebten des Kardinals und späteren Äbtissin des Aschaffenburger Beginenklosters.
Als "geschwinde und gefährliche" Zeiten wurde das frühe 16. Jahrhundert wiederholt von Zeitgenossen Grünewalds bezeichnet. Die Welt und ihre Ordnung waren ins Wanken geraten: Die Erfindung des Buchdrucks, Reformation und Bauernkrieg ließen niemanden unberührt und markieren den Beginn der Neuzeit. Aus der Alltagswelt und den Denkformen dieser Umbruchszeit ergeben sich daher auch Hinweise auf die geheimnisvolle Person des Malers und seine faszinierenden Bildvisionen. Diese vergangenen Lebens- und Bildwelten werden kommentiert durch Alltagsgegenstände, Arbeitsgeräte, Gold- und Silberschmiedearbeiten, seltene Drucke und kostbare Handschriften-Miniaturen, Prunkgewänder und Alltagskleider, und nicht zuletzt durch Gemälde und Zeichnungen von Grünewald, Lucas Cranach d.Ä., Hans Baldung Grien, Simon Frank und anderen.
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