Lehrer-Info
für die Landesausstellung: "Geschichte der Frauen in Bayern. Von der Völkerwanderung bis heute"

Schwerpunkte für einen Rundgang durch die Ausstellung
[Die arabischen Ziffern verweisen auf die Katalognummer, Bild zeigt an, daß dazu eine Abbildung im Internet vorhanden ist, sowie deren Größe in Bildpunkten und KiloByte.]

Geschichte ohne Frauen (Abteilung A)

Am Beispiel der Frauengeschichte wird deutlich, daß die Wahrnehmung der gelebten Wirklichkeit wie auch die Darstellungen der Geschichtswissenschaft abhängig sind von zeitbedingten Wertungen. Eine eigene Geschichtsschreibung über Frauen setzte erst mit den 60er Jahren unseres Jahrhunderts ein. Lange Zeit spielten Frauen in den Geschichtsbildern unseres Kulturkreises keine oder allenfalls eine nachgeordnete Rolle.

Da Frauen in Staat und Gesellschaft nur ausnahmsweise eine Rolle spielten, wurden sie von den Geschichtsschreibern auch nicht wahrgenommen. Als im 19. Jahrhundert Geschichte verwissenschaftlicht und institutionalisiert wurde, geschah das zu einer Zeit, in der die Rolle der Frau fast ausschließlich über ihre Aufgaben als Ehefrau, Mutter und Hausfrau definiert wurde.

Der bayerische König Ludwig I. ist unter anderem auch wegen seiner bekannten Schönheitsgalerie als Frauenverehrer bekannt. Dennoch fand er keine Frau der bayerischen Geschichte für würdig, in die Ruhmeshalle auf der Theresienwiese in München aufgenommen zu werden. Ein Blick auf das Foto der Ruhmeshalle (A1-2, Bild- JPEG, 417x560, 46 KB-) zeigt, daß auch seine Nachfolger über Frauen nicht anders urteilten. Erst in allerjüngster Vergangenheit gelang es zwei Frauen, in diese männliche Bastion einzudringen: 1997 beschloß der Bayerische Ministerrat, die Schriftstellerin Lena Christ und die Schauspielerin Clara Ziegler in den erlauchten Kreis aufzunehmen.


Bilder von bayerischen Frauen (Abteilung B)

Image der Werbung

In der Trivialliteratur und in der Bilderwelt haben sich seit dem 19. Jahrhundert Klischees „der Bayern" herausgebildet, die sowohl im Selbstbild wie auch im Fremdbild von außen als charakteristisch gelten. Dank der modernen Massenmedien haben diese Vorstellungen sich noch verfestigt; außerdem tragen Fremdenverkehr und Tourismuswerbung dazu bei, das folkloristische Image, das sich so gut vermarkten läßt, weiter zu popularisieren.

Während „der Bayer als solcher" als bodenständig, krachledern, trinkfest und zugleich als lebenslustig gilt, kommen die bayerischen Mädchen und Frauen noch besser weg: Ihr Klischee zeichnet das Bild von herzigen, vertrauensvollen und gastfreundlichen Landmädchen mit einer etwas rundlichen Figur und blühender Gesichtsfarbe. Es gibt sie sogar in zweifacher Ausführung:

Einmal als Sennerin hoch auf der Alm, zum anderen als Münchner Kellnerin. Beide tragen ein Dirndl, sind vom Typus her eher dunkel, besitzen braunes Haar und schwarze Augen und zählen zu den hübschesten Frauenzimmern der Welt.

Die schöne Coletta

Zum Typus der „Schönen Münchnerin" avancierte vor über hundert Jahren Coletta Möritz (1860–1953), die als „schöne Coletta" Berühmtheit erlangte. Die aus der Gegend von Landau an der Isar stammende Frau arbeitete seit 1877 als Wassermädchen und Kellnerin in verschiedenen Münchner Gasthöfen. 1882 heiratete sie den Schwabinger Wirt Franz Xaver Buchner und wurde Wirtin des „Weißen Rößl" in der Theresienstaße. Hochbetagt starb die Mutter von zwölf Kindern im Jahr 1953.

Bekannt wurde Coletta, als sie der Maler Toni Aron im Auftrag der Löwenbrauerei auf einem großformatigen Ölbild darstellte (B1-1a). Auch Friedrich August von Kaulbach (1850–1920) soll sie für eine Pastellstudie Modell gestanden haben, die später als Vorlage für ein Wirtshausschild diente. Kaulbach malte die „Schützenlisl" als Wirtshausschild für die gleichnamige Wirtschaft, die 1881 bei einem Wettschießen auf der Theresienwiese vertreten war. Diese Darstellung wurde so populär, daß sie schließlich zu einem zweiten Wahrzeichen Münchens wurde, das zahllose Postkarten, Aschenbecher und Pfeifenköpfe verzierte (B1-1b, Bild- JPEG, 580x352, 40 KB-).

Alles Tracht?

Auch die „bayerische Tracht" kann als Schöpfung des 19. Jahrhunderts gelten. Bis zur Französischen Revolution (1789) bestimmte der Adel die internationale Mode; der Kleidungsstil der Bürger in der Städten und der der Landbevölkerung unterschieden sich kaum. Die Kleidung der einzelnen Bevölkerungsgruppen war seit dem Mittelalter durch obrigkeitliche Vorschriften in den Kleiderordnungen penibel festgelegt.

Das Epitaph des Bauern Engelburger aus dem Jahr 1600 zeigt den Bauern mit seiner Frau und drei Töchtern (B2-1a). Die Kleidung der Frauen mit dem spitz zulaufenden Mieder und der Halskrause erinnert deutlich an die spanische Hoftracht, die sich im Gefolge der katholischen Gegenreformation in ganz Europa ausbreitete. Strenge Kleiderordnungen bestimmten Material, Schnitt und Zierrat der Kleidung in Stadt und Land. Die alte bäuerliche Tracht entstand nicht aus einer eigenständigen „Volkskultur", wie dies im 19. Jahrhundert geglaubt wurde, die bäuerliche Tracht stammt vielmehr als feiertägliche Kleidung von der Hoftracht ab.

Im jungen Königreich Bayern wurden die farbenprächtigen Neuschöpfungen nach Aufhebung der Kleiderordnungen als „Volkstracht" zum Politikum. Das „National-Costüm" war wichtiges Dekor bei allen vaterländischen Festen (vgl. Multimediaprogramm, B2-3). Beim ersten Oktoberfest huldigten dem königlichen Brautpaar 16 Kinderpaare in den verschiedenen bayerischen Landestrachten. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verdrängte zunehmend die städtische Konfektionskleidung die Tracht. Als Reaktion auf diese Entwicklung entstanden gegen Ende des 19. Jahrhunderts Trachtenvereine, die die Trachtenpflege neu belebten.

Idealbilder von Frauen

Zur Geschichte der Frauen gehören auch die Idealbilder weiblicher Anmut und Schönheit. Die Frauenausstellung beschränkt sich bei den Exponaten auf drei Abschnitte der Geschichte bildlicher Darstellung:

  • das Spätmittelalter, in der die überirdische Schönheit der Frauengestalten der biblischen Heilsgeschichte herausgestellt wird (B3-1)
  • die frühe Neuzeit, in der ein genaues Studium der Anatomie einsetzte, und in der Figuren weiblicher Schönheit als übertragene Sinnbilder verwendet wurden,
  • die Moderne, die naturalistisch abbildet und bewußt stilisiert.

Die Flußgöttin „Singold" (B3-2, Bild- JPEG, 377x525, 39 KB-) vom Augsburger Augustusbrunnen wurde 1594 vom niederländischen Bildhauer Hubert Gerhard modelliert. Vorbilder der Figurengruppe, die sich an antiken Götterbildern orientierte, fand Gerhard beim Neptunbrunnen in Bologna. Die Singold ist eine Allegorie für einen der vier Flüsse: Lech und Stadtbach sind durch Männer dargestellt; Wertach und Singold durch Frauen. Augsburg war stolz auf die Naturkraft, die die Wasserräder für seine vielen Gewerbe bewegte, und auf die einzigartige Wasserversorgung mit einem Holzröhrensystem in viele Häuser und Brunnen bereits im 16. Jahrhundert. Deswegen leistete die Stadt sich die Dreiergruppe der kurz hintereinander erstellten Schaubrunnen. Körper und Gesicht der Flußgöttin sind nicht nach einem einzigen lebenden Modell gestaltet, sondern ideale Verbindungen vieler Einzelstudien. Die ursprüngliche Erscheinung der Figur war glänzend goldgelb, während der heutige Zustand die gemilderte Patina der Jahrhunderte zeigt.

Die Dämonisierung von Frauen: Hexenwahn

Auch Bayern war vom 14. bis zum 18. Jahrhundert Schauplatz von Hexenverfolgungen und Hexenprozessen. Verfolgt wurden damals schadenstiftende und teuflische Zaubereien, Delikte, die überwiegend Frauen vorgeworfen wurden. Die Vorstellung, daß Hexen natürliche wie übernatürliche Kräfte nutzten, um Eigentum, Gesundheit und Leben der Menschen zu schädigen, hatte ihre Wurzeln in volkstümlichen Vorstellungen und in kirchlichen Lehren.

Die Hexen übernahmen die Funktion von Sündenböcken, denen alles denkbare, nicht erklärbare Unglück zugeschrieben wurde. Da die Hexe zu einem Feindbild wurde, konnte der Vorwurf der Hexerei im Prinzip jede Frau treffen. Das Flugblatt von 1600 berichtet über die Hinrichtung der Landstreicherfamilie Pappenheimer (B4-4a) im Zuge der Hexenverfolgung.

Die grausame Hinrichtung der Eltern, zweier Söhne und zweier Gesellen war das Ergebnis des größten Münchner Hexenprozesses. Den Pappenheimern war vorgeworfen worden 401 Kinder und 85 Erwachsene durch Zauberei getötet zu haben. Dazu kamen noch weitere kriminelle Delikte wie 28 Fälle von Kirchenraub, 107 Morde, 26 Brandstiftungen, 25 Überfälle, neun Fälle von Straßenraub und 13 Diebstahlsdelikte. Die Umstände sprechen dafür, daß die Obrigkeit von Anfang an einen Schauprozeß geplant hatte.

Als anerkanntes Rechtsmittel galt damals die Folter, mit deren Hilfe es den Verfolgungsbehörden gelang, aus den Opfern Geständnisse und Denunziationen Dritter zu erpressen. Da das Geständnis der Beschuldigten bei den Hexenprozessen als „Krone" der Beweismittel galt, wurde es gleichzeitig zum Haupthindernis für die Abschaffung der Tortur. Erst mit der fortschreitenden Aufklärung konnte der Glaube an den Wahrheitsgehalt der menschlichen Vernunft den Dämonenglauben verdrängen. Im Lauf des 18. Jahrhunderts wurden entsprechend die Hexenprozesse in ganz Europa aufgegeben. Die anonym veröffentlichten Schriften des Jesuiten Friedrich von Spee hatten im Bistum Würzburg und in Kurmainz bereits in der Mitte des 17. Jahrhunderts zur Abschaffung der Hexenprozesse geführt.

Die Wirklichkeit der Arbeitswelt

Oberhalb der Rampe, die wieder zum Erdgeschoß herabführt, sind Bilder aus der Arbeitswelt von Frauen zu sehen. Sie dokumentieren eine weitgehend unbekannte geschichtliche Wirklichkeit.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts änderten sich die Lebensverhältnisse für einen Großteil der Frauen grundlegend. Mit der Entstehung der industriellen Produktion wurden Produktionsstätte und Haushalt, die zuvor häufig eine räumliche Einheit gebildet hatten, getrennt. Die Entwicklung hatte auch Auswirkungen auf das Frauenbild. Die Familie galt als der vorbestimmte Ort, an dem die Frau ihren Lebensberuf und ihre persönliche Erfüllung zu finden habe. Notgedrungen mußte aber die Mehrzahl der Frauen einer außerhäuslichen Erwerbstätigkeit und Lohnarbeit nachgehen. Diese Tätigkeit entsprach nicht dem propagierten Ideal. Dieser Umstand trug dazu bei, daß die Stellung der Frauen im Wirtschaftsprozeß wenig gewürdigt wurde.

Die Bildfolge der Arbeitsdarstellungen auf unterschiedlichsten Tätigkeitsfeldern soll die oben erwähnten Arbeitsleistungen der Frauen in ihren Berufsalltag wieder ins Bewußtsein rufen. Die Darstellung aus dem Jahr 1783 (B5-1e, Bild- JPEG, 547x375, 72 KB-) zeigt anschaulich, wie sicher und selbstbewußt Münchener Metzgerinnen ihrer anstrengenden und blutigen Arbeit nachgingen.


Schattenrisse aus der Werkstatt der Archäologie (Abteilung C)

Der Rundgang im Parterre der Reithalle beginnt mit archäologischen Funden. Für diese Zeit des frühen Mittelalters stehen uns nur wenige schriftliche Berichte zur Verfügung – wir sind überwiegend auf archäologische Quellen angewiesen. Vor allem geben die Grab- und Siedlungsfunde Auskunft über Lebensbereiche, die in schriftlichen Quellen gar nicht überliefert sind, wie die Kleidung und das Erscheinungsbild von Frauen, ihre Tätigkeiten und ihre Ernährungsgewohnheiten.

Vom Mädchen zur Frau

Mit Hilfe der Anthropologie ist es möglich, die Grabfunde zum Sprechen zu bringen. Aus dem Reihengräberfeld von Altenerding östlich von München wurden für die Frauenausstellung sechs Frauengräber ausgewählt, jeweils eines für die sechs anthropologischen Altersstufen:

Grab 168 4–6jähriges Mädchen (C3-1)

Grab 127 8jähriges Mädchen (C3-2)

Grab 105 jugendliche Frau (C3-3)

Grab 447 erwachsene Frau (C3-4)

Grab 485 reife Frau (C3-5)

Grab 319 Greisin (C3-6)

Alle Gräber stammen von Frauen, die einer gehobenen Sozialschicht angehörten. Gemeinsam sind allen Kleinfibeln; die Amulettausstattung nimmt mit dem Alter ab und auch Spinnwirtel werden den älteren Frauen nicht mehr beigegeben.

Heidnische Amulette und christliche Heilszeichen

Mit Hilfe bestimmter Zeichen, Gegenstände und Materialien schützten sich die Menschen früherer Zeiten vor bösen Kräften, die ihre Gesundheit oder gar ihr Leben bedrohten. Schutz versprachen sie sich von Amuletten, die sie in Form von Anhängern mit sich führen mußte.

Da Frauen als besonders schutzbedürftig galten (Schwangerschaft, Geburt), trugen sie viele Amulette am Gürtelgehänge. In der Abteilung C4 findet man die Rekonstruktion eines solchen Gehänges mit Silberschnallen und einer Rauchtopaskugel als unterem Abschluß. Nur von wenigen Amuletten kennt man die Wirkung, die ihnen damals zugeschrieben wurde:

  • Blaues Glas sollte die Trägerin vor dem „bösen Blick" schützen (C4-7).
  • Muscheln sollten die Fruchtbarkeit von Frauen sichern (C4-4).
  • Tierzähne versprachen Kraft und Stärke (C4-2).

Vieles können wir über die Erwartungen und Ängste der Menschen in der Umbruchszeit von der Antike zum Mittelalter erfahren, wenn wir die sogenannte Zierscheiben (C4-9) genauer betrachten. Einige dieser Bronzescheiben tragen rein heidnische Symbole, andere haben als Kennzeichen der sich ausbreitenden neuen Religion christliche Symbole. In der Zeit des Übergangs vom heidnischen zum christlichen Glauben treten in einigen Gräbern sowohl christliche als auch heidnische Elemente auf. Das Mädchen aus dem Kindergrab von Friedberg (C4-11c, Bild- JPEG, 366x478, 24 KB-) trug gleichzeitig ein byzantinisches Brustkreuz (an einer Halskette) und eine heidnische Zierscheibe am Gürtelgehänge.

... als Eva spann ... Textilherstellung im frühen Mittelalter

Textilarbeit war im Frühmittelalter eine Domäne der Frau. Sowohl Grabfunde wie auch schriftliche Erwähnungen belegen diesen Sachverhalt. Dabei beschränkte sich die Textilarbeit nicht nur auf das Spinnen und Weben von tierischen und pflanzlichen Fasern, vielmehr umfaßte sie alle Arbeitsgänge von der Schafschur bzw. dem Flachsanbau bis hin zum Färben der Garne und Nähen der Gewänder. Die aufwendigere Leinenherstellung wurde dabei höher eingeschätzt als die Wollverarbeitung. Vor der Erfindung des Spinnrades bediente man sich der Handspindel. Die Spinnerin windet dabei den gehechelten Flachs oder die gekratzte Wolle um einen hölzernen Stock, den sog. Spinnrocken. Von dort zieht sie mit der einen Hand die Fasern entsprechend der gewünschten Feinheit des Fadens aus und dreht mit der anderen Hand die leicht schrägstehende Spindel. Am unteren Ende des Spinnstabs befindet sich die Spinnwirtel, die beim Drehen der Spindel als Schwungrad dient. Während der Holzstab der Spindel selten die Zeiten überdauerte, sind zahllose Spinnwirtel erhalten geblieben. Sie sind meist aus Ton (C5-1d) oder Stein (C5-1b) gefertigt.

Besonders gestellte Frauen

In Wittislingen (Kreis Dillingen) entdeckten im Jahr 1881 Steinbrucharbeiter eine im anstehenden Tuffgestein eingetiefte Grabgrube. Aus ihr stammt der eindrucksvollste Grabfund auf bayerischem Boden aus der Zeit des frühen Mittelalters (C6-3). Ein in Teilen erhaltenes Goldblattkreuz (C6-3c) läßt vermuten, daß es sich bei der Toten um eine Christin gehandelt hat. Kostbarer sind aber andere Grabbeigaben: eine große fränkische Bügelfibel aus vergoldetem Silber mit Glaseinlagen (C6-3a, Bild- JPEG, 344x502, 40 KB-). Auf ihrer Rückseite findet man die Toteninschrift einer „Uffila" und die Signatur des Goldschmiedes „Wigerig". Ferner enthielt das Grab eine goldene Filigranscheibenfibel (C6-3b), einige Schmuckketten und zahlreiche Anhänger.

Die zahlreichen Grabbeigaben stammten aus verschiedenen Gebieten Mitteleuropas, einige sogar aus dem Mittelmeerraum. Es ist daher anzunehmen, daß die Tote eine hohe gesellschaftliche Stellung eingenommen hatte.


Frauen im Lichte der Geschichte (Abteilung D)

Die Geschichtsschreibung interessierte sich über Jahrhunderte nur für „große Ereignisse" und „große Persönlichkeiten". Die Masse der Bevölkerung war nur Objekt der Geschichte, das gilt auch für die Frauen. Lediglich Frauen aus dem hohen Adel konnten politische und somit auch historische Bedeutung erlangen. Auch ihnen war durch das vorherrschende Rollenverständnis die Übernahme der politischen Herrschaft und die Thronfolge nur im Ausnahmefall möglich.

Als Grundherrinnen, als Eigentümerinnen von Land, als Stifterinnen und als Ehefrauen traten einzelne Personen in das Licht der Öffentlichkeit. Höchste Machtfülle erlangten Fürstinnen dann, wenn sie nach dem Tode des angetrauten Herrschers die Regentschaft bis zur Volljährigkeit der Thronfolger übernahmen. In dieser Rolle fanden sie auch bei den Geschichtsschreibern Beachtung.

Als namhafte Beispiele sind in dieser Ausstellung die Langobardenkönigin Theodolinde (570–628), die Hl. Kunigunde (975–1033) und Isabeau de Bavière, die bayerische Herzogstochter und Königin von Frankreich, vertreten. Letztere erregte bereits zu Lebzeiten das lebhafte Interesse der Hofgeschichtsschreibung.

Isabeau, wie die Franzosen Elisabeth, die Tochter des Herzogs Stephan von Bayern-Ingolstadt nannten, lebte von 1371 bis 1435. Sie wurde 1385 mit dem 17jährigen Karl IV. von Frankreich verheiratet. Als sich ab 1392 bei ihrem Gemahl zunehmend Zeichen einer Geisteskrankheit zeigten, übernahm sie gemeinsam mit ihrem Schwager, Ludwig von Orléans, die Regentschaft. Sie galt in ihrem Lebensstil als äußerst verschwenderisch und sprunghaft in ihren Entscheidungen. Die Feindschaft des französischen Hofes zog sie sich endgültig zu, als sie 1420 im Frieden von Troyes den Herrschaftsplänen Heinrichs V. von England entgegenkam. Das Siegel der Isabeau (D1-5a) zeigt die junge Königin vor dem Hintergrund des Krönungsmantels, der die Wappen beider Herrscherhäuser zeigt, denen sie angehörte (vgl. das Bild vom Einzug Isabeaus in Paris, D1-5c, Bild- JPEG, 394x550, 78 KB-). Die erste Schriftstellerin, die sich in Europa mit der Stellung der Frauen auseinandersetze, Christine de Pisan, widmete Isabeau das Manuskript ihrer gesammelten Schriften (D1-5d). Wir wissen nicht, ob diese einen Spiegel der Frauengespräche am französischen Hof darstellten, wo sie ihr erstes Publikum fanden.

Wenig gewürdigt sind bisher die spontanen und entschiedenen Aktionen von Frauen, durch die sie oft außerhalb zugewiesener Rollen ihren Einfluß gebrauchten. Beispiele sind die Schwägerin des Kurfürsten Karl Theodor, Herzogin Maria Anna von Pfalz-Sulzbach und seine zweite Frau, Marie Leopoldine (1776–1848). Die erstere informierte Friedrich II. von Preußen über Pläne des österreichischen Kaiserhauses, 1777 Niederbayern und Teile der Oberpfalz an Österreich zu schlagen, und ein zweites Mal 1784/85 über Pläne des Kurfürsten Karl Theodor und der Österreicher, Altbayern gegen die österreichischen Niederlande zu tauschen. Durch den Einsatz Preußens im „Kartoffelkrieg" von 1778/79 und später durch den Fürstenbund von 1785 kamen beide Planungen zum Erliegen.

Maria Leopoldine fügte sich den politischen Interessen des Wiener Hofs, als sie 1795 mit 18 Jahren den damals 71jährigen Kurfürsten Karl Theodor heiratete, um ihm einen Thronerben zu schenken. Damit sollte die Erbfolge der Nebenlinie Pfalz-Zweibrücken verhindert und der Weg für den mehrfach angestrebten Gebietstausch gegen die habsburgischen Niederlande geebnet werden. In der Todesstunde Karl Theodors 1799 alarmierte sie Herzog Max-Joseph von Pfalz-Zweibrücken und verweigerte dem österreichischen Gesandten so lange wie möglich jede Information. Ohne ihre Standhaftigkeit wären die österreichischen Truppen zur Sicherung der politischen Ansprüche der Habsburger einmarschiert.

So ungewöhnlich wie ihr Einsatz für die Selbständigkeit Bayerns waren ihre für Aristokraten unüblichen Finanzaktionen. Nach dem Tode Karl Theodors engagierte sich die Kurfürstin im Wertpapierhandel mit großem Erfolg. Allein im Jahre 1837 gewann sie durch Spekulation mit Eisenbahnaktien an der Pariser Börse über eine Million Gulden. Grundlage ihres Vermögens war das bei der Hochzeit ausgehandelte Brautgeld (D2-2h), von dem in der Ausstellung zwei originale Rollen gezeigt sind. Die eine enthält 55 Stück bayerische Frauenthaler im Wert von 132 Gulden; die andere Rolle enthält 50 bayerische Thaler im Wert von 120 Gulden. Nach dem Heiratsvertrag standen ihr ferner jährlich 30 000 Gulden zur persönlichen Verwendung zu.

Bayerische Amazonen

Erst die Frauenemanzipation des 20. Jahrhunderts hat für Frauen aller sozialen Schichten eigene Lebensentwürfe vorstellbar gemacht. Vorformen dieser Verselbständigung – ausgedrückt vor allem in Frauenliteraturen und -gesellschaften – finden sich an den europäischen Fürstenhöfen. Das sagenhafte Volk der Amazonen, die sich nach Homer in den Kampf um Troja eingemischt hatten, wurde im 17. Jahrhundert zu einem Ideal selbstbewußter Weiblichkeit. In der Malerei, in der Oper und in der Literatur der höfischen Oberschicht wählte man sich die Amazone, Inbegriff einer tatkräftigen und von Männern unabhängigen Frau, zu einer Symbolfigur. Besonders in Frankreich bildeten sich Frauengruppen, die sich an historischen Persönlichkeiten wie der französischen Nationalheiligen Jeanne d'Arc, Königin Elisabeth I. von England oder Königin Christine von Schweden orientierten.

Dieser Mode folgend ließen sich die adeligen Damen im kriegerischen Kostüm als Amazonen portraitieren (D3-1, Bild- JPEG, 358x471, 47 KB-). Das Gemälde zeigt Henriette Adelaide, die Gemahlin des bayerischen Kurfürsten Ferdinand Maria. Sie wurde 1636 in Savoyen geboren und kam bereits als 16jährige Prinzessin nach Bayern. Die junge Kurfürstin, die sich im provinziellen Bayern unglücklich fühlte – ursprünglich hatte sie den französischen Sonnenkönig Ludwig XIV. heiraten sollen – versuchte das Münchner Hofleben mit etwas mehr Glanz zu versehen. Sie sorgte für prächtige Ballett- und Opernaufführungen sowie Feuerwerke und Wasserfeste. Es ist auch überliefert, daß diese Amazone eine begeisterte Jägerin war, die es verstand souverän mit Bogen und Armbrust umzugehen. Auf einer Eberjagd soll sie sogar eigenhändig einen angreifenden Eber erschlagen haben, mit dem Degen ihres Gatten.

Doch die gesellschaftliche Beachtung für eine Person von hohem Stand galt ihrer Rolle, kaum ihren individuellen Eigenschaften. Deswegen sind auch unter den fürstlichen Frauen die besonderen Begabungen und Charaktere nur wenig gewürdigt worden, sofern jene nicht unmittelbare Auswirkungen auf ihr öffentliches Wirken hatten. Das gilt für die als Malerin und mehr noch als Komponistin tätige Schwester des Kurfürsten Max Joseph III., Maria Antonia Walpurgis (1724–1780), verheiratet mit dem sächsischen Kurfürsten und nach dessen Tod von 1763–1768 Regentin anstelle ihres noch unmündigen Sohnes. Diese war eine ausgezeichnete Komponistin, die zwei Opern geschrieben hat (die Oper „Talestri" wird im Begleitprogramm der Ausstellung wiederaufgeführt), und selbst als Sängerin auftrat. Daneben führte sie anspruchsvolle Briefwechsel und betätigte sich als Malerin und Dichterin.

Im Schutze der Klostermauern

Die Frauenklöster sind Bereiche eigenständigen Frauenlebens und einer besonderen geschichtlichen Überlieferung zu Frauen. Klöster waren mit geistlicher Besinnung verbundene Arbeits-, Bildungs-, Ausbildungs- und Herrschaftsorte, die oft über große Ländereien verfügten. In Bayern waren von der Säkularisation von 1803 etwa 120 Frauenklöster betroffen. In der Folgezeit entstand nur eine kleinere Zahl an Wiedergründungen und Neugründungen.

Da den Frauen das Priesteramt verwehrt blieb, waren sie auf Zusammenarbeit mit einem Männerkloster angewiesen, das ihre geistliche Betreuung übernahm. Nach Auseinandersetzungen mit Stifterfamilien, Mönchen und dem Papsttum erreichten sie erst im Hochmittelalter die Gleichberechtigung mit den Fratres.

Das Kloster bot selbstbewußten Frauen eine Möglichkeit verantwortungsvolle Aufgaben zu übernehmen und eine Bildung zu erhalten, die weit über der ihrer Geschlechtsgenossinnen lag, die sich dem Joch der Ehe unterwarfen. Äbtissinnen, Priorinnen und Oberinnen leisteten Organisations- und Erziehungsaufgaben. Daneben gab es viele Frauen, die unerträglichen Lebensbedingungen und der Auslieferung an die nicht abreißende Kette von Schwangerschaften (viele Frauen starben am Kindbettfieber) gegenüber die Alternative dieser Gemeinschaft wählten. Bis zum Ende des Mittelalters war die Mitgliedschaft in den meisten Konventen ein Adelsprivileg.

Einige der bayerischen Nonnen genießen bis heute große Verehrung, wie die heiliggesprochene Walburga, die erste Äbtissin des Nonnenklosters Heidenheim, die selige Irmengard, Äbtissin des Klosters Frauenwörth auf der Fraueninsel im Chiemsee, oder auch die Äbtissin Adelgundis I., vom Kloster St. Walburg in Eichstätt.

Der ausgestellte Bildteppich (D4-1, Bild- JPEG, 500x397, 75 KB -) mit Szenen aus dem Leben der Hl. Walburga, der sogenannte ältere Walburgateppich, zeigt Stationen aus deren Leben. Er wurde um 1460 in Nürnberg – wahrscheinlich von Nonnen – für das Benediktinerinnenkloster St. Walburg in Eichstätt gefertigt. In zwei Reihen bietet er sechs Szenen der Walburga-Legende, die von rechts nach links gelesen werden müssen. Nach dem Abschied der englischen Königstochter von ihrer Mutter folgt die Überfahrt über die stürmische See sowie der Empfang der Frauen durch Bischof Bonifatius von Mainz. In der unteren Bilderreihe erkennt man die göttliche Erleuchtung Walburgas im Kloster Heidenheim, die Wunderheilung der Tochter des Burgherren und schließlich den im Eichstätter Dom aufgebahrten Leichnam der Heiligen, aus dem sich das wundertätige Walburga-Öl ergießt.

Die letzte Station zeigt uns auch den Stifter des Teppichs, Johannes von Eych, der von 1445 bis 1464 als Bischof von Eichstätt wirkte.

Wesentlich realistischer ist das Bild, das wir von Adelgundis Pettenkofer gewinnen können, die im 18. Jahrhundert dem Eichstätter Bedediktinerinnenstift St. Walburg als Äbtissin vorstand. Sie wurde 1696 als Tochter eines Weinhändlers in Berching geboren, trat im Alter von 17 Jahren als Novizin in das Kloster ein und wurde 1730 von ihren Mitschwestern zur Äbtissin gewählt. 26 Jahre lang bestimmte sie in dieser Funktion die Geschicke des Stifts. Als Äbtissin war sie nicht nur für die geistige und religiöse Entfaltung der Klostergemeinschaft zuständig, sie war gleichzeitig Bauherrin, wirtschaftliche Verwalterin und übte auch Herrschaftsrechte aus. Als äußere Insignien der Macht sind von ihr der Äbtissinenstab (D4-8b), der Ring und die Zeremonialhandschuhe erhalten geblieben.

Gelehrte Frauen

Seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert war es im Kreise der wenigen humanistisch gebildeten Familien möglich, daß auch Frauen eine hochwertige Allgemeinbildung (in Latein, Rhetorik, Grammatik und Poetik) erhielten.

Neben einer Caritas Pirckheimer (1467–1532) oder Margarethe Welser (1481–1552) gab es als „Ausnahmefrau" auch die unbekanntere Argula von Grumbach (1492–1563), die als Autorin reformatorischer Flugschriften an die Öffentlichkeit trat. Argula von Grumbach, geborene von Stauf, stammte vermutlich aus dem bayerischen Ritteradel. Sie kam als Hofdame der Herzogin Kunigunde nach München und heiratete 1516 den fränkischen Adeligen Friedrich von Grumbach.

Am 20. September 1523 veröffentlichte sie ihre erste Flugschrift (D5-4b), der innerhalb eines Jahres weitere sieben folgten. Anlaß für ihre Publikation war ein Verfahren der Universität Ingolstadt gegen der aus München stammenden Magister Arsacius Seehofer, der als Anhänger der Reformation verhaftet und zum Widerruf seiner Aussagen bei Androhung des Scheiterhaufens gezwungen worden war. Argula forderte eine öffentliche Disputation über den Fall und bot sich selbst als Disputantin an. Auf dieses unschickliche Angebot gingen die gelehrten Herren natürlich nicht ein. Dennoch hatte das Flugblatt Folgen: Ihr Ehemann, Pfleger von Dietfurt, wurde seines Amtes enthoben.

Im künstlerischen Bereich war es Frauen leichter möglich, die berufliche Förderung zu erhalten, die sie verdienten. Zu einer solchen Förderung kam es vor allem in Musiker- oder Malerfamilien, da die musisch begabten Mädchen hier im Kreise der Familie angeregt und ausgebildet werden konnten.

Katharina Treu (1743–1811) erhielt, wie alle bekannten bayerischen Malerinnen vor dem 19. Jahrhundert und wie auch ihre Geschwister, von ihrem Vater, dem Bamberger Maler Joseph Marquard Treu, ihre erste Ausbildung in der väterlichen Werkstatt. Sie war die erfolgreichste bayerische Künstlerin der alten Zeit.

Das Bild mit dem Früchtekorb (D6-2, Bild- JPEG, 504x385, 39 KB-) ist rechts unten mit Cat. Treuin 1771, das Portrait der Malerin unten links mit Effigiem Pinx. Nic Treu 1771 signiert – es handelt sich also um ein Gemeinschaftswerk Catharinas mit ihrem Bruder Nicolaus Treu. Später erhielt Catharina Treu bedeutende Aufträge in Würzburg, Bruchsal, Düsseldorf und Mannheim. Mehrheitlich handelte es sich um Stilleben und Porträts, zwei Gattungen, in den Malerinnen am leichtesten Fuß fassen konnten (im Gegensatz zu den teuren Historienbildern und Altarszenen). Schließlich wurde sie 1776 die erste weibliche Titularprofessorin an der kurfürstlichen Kunstakademie in Düsseldorf.


Weiblicher Lebenslauf (Abteilung E)

Geburt eines Mädchens

Im Zuge eines neuentdeckten Brauchs im ländlichen Raum ist es mancherorts in Bayern wieder Mode geworden, einem Elternpaar, das es nur zu einem Mädchen brachte, einen Pfahl in den Garten zu stellen, an dem scheppernde Konservendosen hängen. Dies gilt bei den zünftigen Burschen als sehr lustig.

Soll der Lebenslauf eines Mädchens mit dem Makel der „zweiten Wahl" beginnen?

Erziehung zur Frau

Kinder werden als Buben oder Mädchen geboren. Zu Frauen macht die Mädchen in ihrem biologischen Reifeprozeß erst die Erziehung durch Eltern und Umwelt.

Ein anschauliches Beispiel liefert dafür der „Putz- und Modewarenladen der Geschwister Lieb" (E2-2). Um 1905 ließ das Ehepaar Antonie und Georg Pschorr aus der bekannten Münchner Brauerdynastie neben diversen Puppenhäusern für ihre drei Töchter einen Modewarenladen anfertigen. Seit der Biedermeierzeit galten Putz- und Modewarenläden als beliebtes Spielzeug für Mädchen. Hier ließen sich Eitelkeit und Ordnungssinn gleichermaßen en miniature exerzieren.

Neben Puppenhütchen und Accessoires sind in den Regalen und Schubfächern Stoffe und Wollgarne aufbewahrt. Außerdem gibt es eine Reihe von Schächtelchen mit Nadeln, Knöpfen, Häkchen, Fäden, Litzen, Spitzen und Bändern, die alle ordentlich ausgezeichnet sind. Auch für eine erste staatsbürgerkundliche Unterweisung ist gesorgt: Da gibt es Bänder in den deutschen Nationalfarben des Wilhelminischen Reiches Schwarz-Weiß-Rot, in den bayerischen Landesfarben und in den Farben des Münchner Stadtwappens.

Heirat und Ehe

Heirat und Ehe waren lange Zeit ein Privileg. Ohne eine obrigkeitliche Heiratserlaubnis konnte keine Frau einen eigenen Hausstand gründen. Die Erlaubnis zur Heirat war meist an ein ausreichendes Einkommen gebunden, das heißt an ein bürgerliches Anwesen, einen Handwerksbetrieb oder zumindest an eine Taglöhnerstelle.

In früheren Zeiten war die Ehe in erster Linie eine Arbeits- und Wirtschaftsgemeinschaft und keine Versorgungseinrichtung für Frauen. Durch Verträge und notarielle Heiratsbriefe versuchten die Ehepartner ihre Interessen vor der Eheschließung rechtlich abzusichern.

Ein solcher Vertrag ist der Heiratsbrief der Apolonia Landmann und des Kaspar Schwarz (E3-7a) aus dem Jahr 1843. Die Braut, eine Bauerstochter, brachte als Heiratsgut 1500 Gulden mit in die Ehe. Der Bräutigam, ein Witwer mit vier Kindern, „widerlegte" das Heiratsgut mit seinem Hof, so daß seine Frau gleichberechtigte Miteigentümerin des Hofes wurde. Ferner erhielt sie zur Absicherung einen lebenslänglichen Nießbrauch. Sollte der Mann vor der Frau sterben, so sollte die Witwe den Kindern den Erbteil des Vaters auszahlen und damit Alleineigentümerin werden.

Mutterschaft

Alte Hochzeitsbräuche zeigen deutlich, worin der Sinn der eben geschlossenen Ehe zu suchen sei: in der Zeugung von Nachkommen. Kinderlosigkeit in der Ehe galt als Makel, für den traditionell die Frau verantwortlich gemacht wurde. Kam es jedoch bald zu der erhofften Schwangerschaft, so bangte man in der Familie um eine glückliche Entbindung.

Erst durch den Fortschritt der modernen Medizin ist das jahrhundertelang die Mütter bedrohende Geburtsrisiko drastisch gesunken.

Selbst bei einer glücklichen Geburt war das Überleben der Säuglinge in früheren Zeiten nicht gesichert. Eine der Hauptursachen für die hohe Säuglingssterblichkeit lag in der mangelhaften Ernährung der Kleinstkinder. In Bayerisch-Schwaben betrug noch im Jahr 1860 die Mortalität im ersten Lebensjahr 46 Prozent. In den Landesteilen Bayerns, in denen die Säuglinge traditionell gestillt wurden, lag die Sterblichkeitsrate wesentlich niedriger, doch sie betrug im selben Zeitraum 25 Prozent.

Das Ölbild (E4-4, Bild- JPEG, 543x383, 34 KB-) zeigt die Erzherzogin Maria Antonia von Österreich im Alter von knapp zwei Jahren. An einer Kette, die vermutlich bereits zu ihrer Geburt angefertigt wurde, hängen Amulette, die dem Mädchen Schutz vor den gefürchteten Kinderkrankheiten verleihen sollen.

Die Votivtafel mit einer Geburtsdarstellung aus der Racklinger-Kapelle bei Obernzell aus dem Jahr 1755 (E4-6) zeigt die großen Ängste vor der schweren Geburt. Voller Dankbarkeit für ihr eigenes Überleben blickt die frisch Entbundene, die auf einem Gebärstuhl sitzt, zur Muttergottes. Das Kreuz über dem Kind besagt, daß dieses kurz nach der Geburt verstarb.

Haushalt

Die Führung des Haushalts war über Jahrhunderte eine der Aufgaben der verheirateten Frau, der Hausmutter, gewesen. Durch die Industrialisierung kam es zu einer Trennung von Arbeitsstätte und Wohnung, durch die die Belastung der Frauen erheblich anstieg.

Der wirtschaftliche und gesellschaftliche Wandel, der sich im 19. Jahrhundert vollzog, ist bis in Kücheneinrichtungen hinein erkennbar. Die Küchen des Adels und des Großbürgertums waren spezialisierte Funktionsräume, in denen nur die Dienstboten sich aufhielten und aßen. Für das Kleinbürgertum hatte dagegen die Küche auch noch andere Funktionen zu erfüllen. Die Küche war nicht nur ein Ort, an dem Speisen vorbereitet wurden, sie diente der Hausfrau als zentraler Arbeitsraum, der ganzen Familie als Eß- und Aufenthaltsraum. Aus diesem Grund war man auch bestrebt, der Wohnküche ein gewisses Maß an Wohnlichkeit zu geben. Töpfe, Pfannen und Teller wurden hinter Schranktüren versteckt, bestickte Übertücher halfen unansehnliche Küchentücher vor dem Auge des Besuchers zu verbergen, Wanduhren und Bilder verzierten die Wände.

Die Nutzung der Küche als Wohnraum war nur möglich durch die Erfindung und Einführung des geschlossenen Herdes. In früheren Jahrhunderten hatte das Feuer auf dem offenen Herd den Raum schnell verrußt und durch den Funkenflug eine ständige Brandgefahr mit sich gebracht.

Die hier gezeigten Küchenmöbel um 1900 stammen aus dem Haushalt einer Schneiderin in Marktbreit (E5-1a-e).

Frauen im Alter

Die Lage der Frauen im Alter hing in früheren Zeiten von ihrer Standeszugehörigkeit, später von ihrer sozialen Schicht, sowie von ihrem Familienstand und ihrer finanziellen Situation ab.

Ein adeliges Stiftsfräulein konnte einen anderen Lebensabend erwarten als eine ledige Bauernmagd. Im bäuerlichen Bereich kam es erstaunlich selten vor, daß beide Ehepartner gemeinsam in den Austrag gingen. Wegen der höheren Sterblichkeit kam es häufig vor, daß ein Ehepartner starb, worauf der andere in der Regel wieder heiratete. War eine Heirat nicht mehr möglich, so wurde an einen Erben übergeben und ein Vertrag geschlossen, der die Versorgung im Austrag detailliert regelte.

Für unverheiratete Frauen war die wirtschaftliche Situation im Alter schwierig. Wenn sie über kein Vermögen verfügten, mußten sie bei Verwandten unterkommen oder waren auf die Armenpflege angewiesen.

Therese Gastager (E6-3) hatte es im Vergleich dazu besser. Sie konnte ihren Lebensabend in einem kleinen Handwerkerhaus in Traunwalchen verbringen. Die ehemalige Schneiderin hatte darüber hinaus noch einen eigenen Gemüsegarten, aus dem sie sich versorgen konnte. Die Bilder geben dennoch einen Eindruck von dem äußerst bescheidenen Leben, das bis heute viele alte Frauen führen müssen.

Sexualität außerhalb der Ehe

Voreheliche Geschlechtsbeziehungen waren früher (vor allem wegen der späten Hofübergabe) auf dem Land weit verbreitet. Bekannt wurden diese Delikte der „Leichtfertigkeit" meist erst dann, wenn die Frauen die Anzeichen der Schwangerschaft nicht mehr verbergen konnten. Während bürgerliche Kreise „gefallene" Mädchen und Frauen bis in unser Jahrhundert hinein gesellschaftlich ächteten und das zünftige Handwerk illegitime Kinder von einer Berufsausbildung ausschloß, war die Toleranz im bäuerlichen Bereich wesentlich größer. Viele voreheliche Beziehungen wurden nach einer Hofübergabe legalisiert, auch Eheschließungen mit einem anderen Partner waren möglich. Am Brautschmuck war die ehemalige „Leichtfertigkeit" der Frau noch zu erkennen. In einigen Gegenden mußte die Braut einen sogenannten Bobberkranz (E7-2a) tragen.


Frauenarbeit – das vergessene Fundament der Geschichte (Abteilung F)

Auf Hof und Feld

Vor dem Ersten Weltkrieg arbeitete der Großteil der Frauen in Bayern in der Landwirtschaft: ein Teil als Bäuerinnen, ein größerer Teil als Mägde, Tagelöhnerinnen oder mithelfende Verwandte. Bis zur Revolution von 1848 bestand im Königreich Bayern noch die alte Grundherrschaft, die den einzelnen Bauern an einem freien Wirtschaften hinderte. Die Aufhebung der Allmende (gemeinsames Eigentum der Dorfgemeinschaft an Weide und Wald) und die Bebauung der Brache (ungenutztes Land), brachten vor allem den größeren Höfen eine deutliche Steigerung der Erträge. Zusammen mit der Sommerstallfütterung, die damals vielerorts eingeführt wurde, brachten diese Neuerungen für die Frauen in der Landwirtschaft eine große Arbeitsbelastung. Vor allem im Bereich der Milchwirtschaft stieg der Zeitaufwand durch die häufigere Fütterung der Kühe und das Melken. Da die Milchverarbeitung traditionellerweise den Frauen überlassen wurde, stieg hier der Arbeitsleistung der Frauen überproportional.

Die Bilder von Erika Groth-Schmachtenberger (F1-5, Bild- JPEG, 462x460, 48 KB-) belegen, daß Frauen in fast allen Sparten der Landwirtschaft tätig waren. Das gilt vor allem für kleinere Betriebe, bei denen eine Rationalisierung der Arbeitsabläufe und eine Spezialisierung weniger möglich war. Außerdem sollte man darauf achten, daß es bei der Arbeit auf dem Hof eine deutliche Hierarchie gab, wobei jeweils die Männer vor der Frauen kamen.

Frauen in Handwerk und Gewerbe

Dem Leitbild „Hausfrau als Beruf" konnte in der Vergangenheit nur eine Minderheit der Frauen entsprechen. Die Mehrheit der Frauen war gezwungen, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Wie weit ihr Anteil in Handwerk und Gewerbe ging, ist weithin in Vergessenheit geraten.

Als mitarbeitende Familienangehörige oder Lohnarbeiterinnen waren die Frauen seit dem Mittelalter fest in den Wirtschaftsprozeß eingebunden. Die meisten Frauen gingen dabei unselbständigen Tätigkeiten nach. Im Kleinhandel waren Frauen jedoch auch als selbständig Handeltreibende anzutreffen. Innerhalb des Zunftwesens war die Rolle der Frauen jeweils unterschiedlich geregelt. Es gab auch Handwerksbereiche, in denen die Frauen stark vertreten waren, wie die Textilarbeit, das Nahrungsmittel- und Luxusgewerbe, in den sie auch Meisterinnen werden konnten.

Im ausgehenden Mittelalter setzte ein Verdrängungsprozeß von Frauen aus Handwerk und Gewerbe ein, der erst mit dem Aufkommen der Manufakturen sich wieder in das Gegenteil umkehrte.

Die rechtliche Gleichberechtigung der Geschlechter in Handwerk und Gewerbe kam mit der Gewerbefreiheit im 19. Jahrhundert, wirkte sich aber nicht sofort aus.

Die Gemme (F2-11) zeigt Salomon Graf, mit dem die Gemmenschneiderin Susanne Preißler, geborene Dorsch, in erster Ehe verheiratet war. Die Umschrift auf der Gemme lautet: PICTOR. DORSCH , was dafür spricht, daß das Portrait vor der Eheschließung entstand.

Die Schmiedin Maria Böhm (F2-25a) ist eine der wenigen heutigen Schmiedemeisterinnen Bayerns. Nach dem Tode ihres Vaters übernahm sie 1954 den Betrieb, zusammen mit einer kleinen Landwirtschaft. Sie führte die Dorfschmiede als vielseitigen Reparaturbetrieb und fertigte auf Bestellung auch Werkzeuge. Frau Böhm hatte den Beruf durch ihren Vater erlernt und erwarb – nach Begutachtung durch die Handwerkskammer – den Titel einer „Altmeisterin", der ihr das Recht gab, die Schmiede als selbständiges Gewerbe anzumelden.

Gesundheitswesen

Im Mittelalter gab es in Deutschland neben Hebammen und Baderinnen auch Apothekerinnen und Ärztinnen. Erst als mit der Gründung der Universitäten eine Professionalisierung auch der Heilberufe eintrat, wurden Frauen aus der Ärzteschaft verdrängt. Es blieben ihnen die häusliche Gesundheits- und Krankenpflege, die Zusammenarbeit mit ihrem Mann oder Vater in dessen Beruf und schließlich die Klosterapotheken, wenn sie die Pharmazie wissenschaftlich betreiben wollten. Vor ihrem Eintritt in das Kloster mußten sie bei einem anerkannten Apotheker eine Lehre absolvieren, wobei Lateinkenntnisse vorausgesetzt wurden. Da Frauen aber keine Lateinschulen besuchen konnten, stammten die meisten Klosterapothekerinnen aus vermögenden und gebildeten Familien, die ihnen die nötige Vorbildung vermitteln konnten.

Auch Maria Xaveria von Egger stammte aus einer dieser Familien. 1776 legte sie die Profeß ab. Zwölf Jahre lang arbeitete sie in der Apotheke des Benediktinerinnenklosters auf Frauenchiemsee, bevor sie am 3. April 1799 bei dem kurfürstlichen Landbezirks- und Marktphysikus von Rosenheim, Dr. Johann Jessenwagner, ein Apothekerexamen ablegte. Das Examensprotokoll umfaßt 33 Prüfungsfragen. Danach wurde die Prüfung vorzeitig abgebrochen, „da aus diesen Antworten die Fähigkeiten der Kompitentin sich hinlänglich ergeben und es überflüssig und zeitverschwenderisch gewesen seyn würde, die weith leichteren Fragen ... weither fortzusetzen, so wurde die Priffung geendet ..." (F3-6b)

In fremden Diensten

In früheren Jahrhunderten mußten die meisten jungen Frauen, die vom Lande stammten, längere oder kürzere Zeit als Dienstmagd arbeiten. Der Arbeitsvertrag lief stets über ein Jahr, meist von Lichtmeß (2. Februar) oder von Michaeli (29. September) an. Nur während des Dienstwechsels hatten die Dienstboten einige arbeitsfreie Tage („Schlenkelweil", „Kölbelweil"). Die Mägde erhielten neben Unterkunft und Verpflegung einen geringen Lohn und einige Naturalien, wie z. B. Kleidung. Trat während der Dienstzeit ein Arbeitsunfall ein, der sie arbeitsunfähig machte, so mußten sie entweder in ihr Elternhaus zurückkehren oder die Heimatgemeinde mußte für sie aufkommen. Für die meisten Mägde war das Dienstbotenleben nur ein begrenzter Lebensabschnitt, nach dem sie dann heirateten, den eigenen Hof übernahmen oder als Tagwerkerinnen einen eigenen Haushalt führen konnten.

Die Mechanisierung der Landwirtschaft ließ den Bedarf an Arbeitskräften auf dem Lande zurückgehen und führte zu einer Landflucht, auch bei den Frauen. Die Lebensbedingungen dieser „Mädchen vom Lande" waren häufig schlechter als die, welche sie zuvor hatten.

Industrielle Frauenarbeit

Bayern wurde erst spät industrialisiert. Wie in anderen Industriegebieten stieg ab 1870 der Anteil der Industriearbeiterinnen vor allem in den Großstädten wie Augsburg und Nürnberg stetig an. Die weibliche Lohnarbeit in den Fabriken galt während der Zeit der „Großen Depression" ab 1877 als gefährliche Konkurrenz für die männlichen Arbeitskollegen. Gesellschaftspolitische Vorbehalte und wirtschaftlicher Druck sorgten dafür, daß das Lohnniveau von Arbeiterinnen im Vergleich zu dem der männlichen Industriearbeiter deutlich niedriger lag. Es entstanden daher neben sozialistischen Frauenvereinen in Bayern auch konfessionell ausgerichtete Frauenorganisationen, so etwa im Jahre 1897 der „Katholische Arbeiterinnenverein".

Für den 1906 gegründeten Katholischen Arbeiterinnenverein Kaufbeuren stickten die Nonnen des Crescentiaklosters eine Vereinsfahne, die bei den Fronleichnamsprozessionen dem Verein vorangetragen wurde (F5-3d, Bild- JPEG, 554x503, 86 KB-). Die Erinnerung an die lebenspraktische Crescentia Höss entsprach der Tatkraft der Nonnen, die das erste Arbeiterinnenwohnheim in Deutschland 1859 gründeten.

Sozial-karitative Frauenarbeit

Wohltätigkeit und Armenfürsorge galten seit jeher als weibliche Aufgabenfelder. Josephine Haas (1783–1846), Lehrerstochter aus Burglengenfeld, mußte sich als Waise selbst durchbringen. Sie kam als Dienstmädchen im Hause des Grafen Lerchenfeld in Wien unter. Dieser heiratete sie später „zur linken Hand" und hinterließ ihr ein Vermögen von 500 000 Gulden. 1844 vermachte sie ihrer Heimatstadt eine Aussteuerstiftung, die jungen Mädchen aus armen Familien ein Brautgeld in Höhe von 800 Gulden gewähren konnte. Nur mit dieser Aussteuer konnten sie heiraten. Die Brautgeschenkvergabe wird bis heute jährlich am 25. März vorgenommen.

Auf dem Hochzeitsaltar von 1848 wurde die Stifterin von Mathias Ranftl für die Nachwelt verewigt (F6-2).

Als im Zeitalter der Industrialisierung Massenarmut herrschte, nahmen sich verschiedene Initiativen dieser Nöte an. Der evangelische Pfarrer Wilhelm Löhe gründete bereits 1853 den „Lutherischen Verein für weibliche Diakonie im protestantischen Bayern" und eröffnete ein Jahr später das Diakonissenhaus Neudettelsau (F6-3a). Die Idee war, Frauen eine qualifizierte Berufsausbildung zu geben und den Mangel an sozialen Einrichtungen auf den Dörfern durch den Einsatz von Kindergärtnerinnen, Krankenpflegerinnen und Lehrerinnen zu lindern.

Ellen Amann setzte sich besonders für den Schutz der Mädchen ein, die vom Land in die Großstadt strömten. Es gab einen regelrechten Mädchenhandel, die Arbeitsuchenden wurden zur Prostitution angeworben und teilweise bis Südamerika verschleppt. (F6-9). Ellen Amann wurde 1870 in Stockholm geboren. Nach dem Abitur und der Heirat mit einem Arzt zog sie 1890 nach München, wo ihr Mann eine Privatklinik aufbaute. Ein starkes soziales Engagement ließ sie in der katholischen Frauenbewegung aktiv werden. Als Mitglied des „Marianischen Mädchenschutzvereins" organisierte sie nach dem Vorbild des evangelischen „Vereins der Freundinnen junger Mädchen" auf dem Münchner Hauptbahnhof einen Bahnhofsdienst, aus dem dann 1897 die „Münchner katholische Bahnhofsmission" hervorging, die erste in Deutschland.

1903 wurde sie Gründungsmitglied des „Katholischen Frauenbundes", 1909 begründete sie die „Sozial-karitative Frauenschule des Katholischen Frauenbundes" in München, die sie bis zum Jahr 1925 selbst leitete. Als Mitglied der Bayerischen Volkspartei wurde sie 1932 in den Bayerischen Landtag gewählt.


Selbst ist die Frau – Wandel in der Rechtsstellung (Abteilung G)

Verbesserung der Bildungsmöglichkeiten

Bevor der öffentliche Schulunterricht für Mädchen in Bayern begann, lag der Unterricht von Mädchen überwiegend in den Händen von sogenannten Schulorden: der Englischen Fräulein (seit 1627), der Salesianerinnen (seit 1667), der Ursulinnen (seit 1668) und der Chorfrauen de Nôtre Dame (seit 1731). Dieses katholische Mädchenschulwesen erfuhr mit der Säkularisation von 1803 einen empfindlichen Einbruch.

Erst nach 1870 richtete der Staat selbst wieder verstärkt Schulen ein und regelte die Lehrerinnenausbildung; ab 1912 wurden Frauen für das höhere Lehramt zugelassen. Kurz zuvor, nämlich 1903, hatten die Frauen das Recht auf ein Studium an bayerischen Hochschulen durchgesetzt. Damit war Bayern nach Baden das zweite Land im Kaiserreich, das den Frauen die Hochschulen öffneten.

Das hieß aber nicht, daß sie auch das Recht hatten, den erlernten Beruf später auszuüben. Zwischen 1821 und 1919 gab es für Lehrerinnen ein „Zölibatsgebot", wonach sie bei Heirat Arbeitsstelle und Pensionsansprüche verloren.

Ein Beispiel für eine beruflich diskriminierte Frau ist Katharina Gruber (G1-10), die 1875 als älteste Tochter des Buchbindermeisters Benedikt Gruber in München geboren wurde. Nachdem sie 1894 die Kgl. Kreis-Lehrerinnenbildungsanstalt absolviert hatte, wurde sie in verschiedenen Schulen eingesetzt. In Rottach am Tegernsee lernte sie Emil Ganghofer kennen, den älteren Bruder des Schriftstellers Ludwig Ganghofer. Als sie schwanger wurde, beendete Emil Ganghofer die Beziehung. Katharina Gruber mußte den Schuldienst quittieren, da sie nicht mehr als Vorbild der Jugend gelten konnte.

Ihr späterer Lebensweg zeigt, wie zielstrebig sie sich allein zu behaupten wußte: Erst schlug sie sich als Hilfskraft durch, dann lernte sie Stenographie und Schreibmaschine und schließlich eröffnete sie 1905 das erste Schreibbüro in München, zu dessen Kunden auch der bayerische Landtag gehörte.

Der Weg zur Gleichberechtigung – Anfänge der Frauenbewegung in Bayern

Die bürgerliche Frauenbewegung hat ihre Wurzeln in den Ideen der Aufklärungszeit. Die verzögerte Industrialisierung in Deutschland, insbesondere in Bayern, und die durch sie ausgelösten gesellschaftlichen Umwälzungen machten die „Frauenfrage" erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem bestimmenden Thema. Ab 1865 schlossen sich in Leipzig, Dresden und Berlin zahlreiche Frauen, die sich für Chancengleichheit in Bildung und Beruf und für politische Rechte einsetzten, in Frauenvereinen zusammen. Diese Bewegung erreichte Bayern schließlich in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts.

Die Vereinsgesetzgebung von 1850, die bis 1908 in Kraft war, versagte Frauen jede politische Betätigung. Deshalb nannten Anita Augspurg und Ika Freudenberg die in München gegründete Vereinigung: „Gesellschaft zur Förderung der geistigen Interessen der Frau". Zu deren Forderungen gehörte auch das Recht auf eine gymnasiale Mädchenbildung und das Frauenstudium. Umstritten war innerhalb der Frauenbewegung die Einstellung zu der Frage, ob Frauen ein volles politisches Stimmrecht haben sollten. In Hamburg gründete Anita Augspurg 1902 den „Deutschen Verein für Frauenstimmrecht", ab 1899 „Verein für Fraueninteressen".

Die Fotografie von Philipp Kester (G2-8b) zeigt die Kutschen des Frauenumzugs von 1912 in München. Zwanzig geschmückte Wagen mit Plakaten, auf denen das Frauenstimmrecht gefordert wurde, fuhren zwei Stunden lang durch die Münchner Innenstadt. Der Stimmrechtsverein hatte Untergruppen in ganz Bayern. 1918 wurde durch die Revolution das Frauenwahlrecht eingeführt. Seit 1919 sind Frauen in den politischen Gremien Bayerns vertreten.

Es wird berichtet, daß der Demonstrationszug von 1912 viele Schaulustige anzog, die überwiegend ihre Zustimmung ausdrückten. Ein Passant habe beim Anblick der Wagen gerufen: „Aha, keinen Mann gekriegt!". Dieser Ausruf sei mit „stürmischem Gelächter" quittiert worden. (Als Weiterführung könnte in diesem Zusammenhang mit der Klasse die Durchsetzung des Frauenstimmrechts in Deutschland und in den anderen Ländern Europas behandelt werden.)

Frauenfeindliche Tendenzen in der Zeit des Nationalsozialismus

Der Nationalsozialismus unterbrach die historische Entwicklung zu einer gleichberechtigten Teilhabe der Frauen am öffentlichen Leben in Deutschland. Die organisierte Frauenbewegung konnte der frauenfeindlichen Politik der NS-Diktatur keinen ernsthaften Widerstand entgegensetzen. Bereits unmittelbar nach der „Machtergreifung" begann ein Prozeß der erzwungenen Selbstauflösung oder Gleichschaltung der Vereine und Verbände.

Die Zerschlagung der demokratischen Frauenbewegung vollzog sich in drei Schritten:

  1. Ausgrenzung jüdischer Frauen aus den Vereinen der Frauenbewegung
  2. Zurückdrängung der Frauen aus der Politik bei gleichzeitiger propagandistischer Überhöhung der Frau in ihrer Rolle als Mutter
  3. Enteignung und Übernahme sozialer Einrichtungen der Frauenbewegung durch NS-Organisationen

Anna Neumeyer war Mitglied im „Verein für Fraueninteressen.

Anna Hirschhorn, geboren am 14.Januar 1879, wuchs als Tochter des Tuchfabrikanten und nationalliberalen Stadtratsabgeordneten Fritz Hirschhorn und seiner Frau Betty in ihrer Geburtsstadt Mannheim auf. Im Jahr 1900 heiratete sie den Münchner Privatdozenten und späteren Professor für Völkerrecht, Privat-, Straf- und Verwaltungsrecht Karl Neumeyer. Sie führte mit ihm und ihren beiden Söhnen ein Leben, wie es typisch für das anspruchsvolle Bildungsbürgertum Münchens war.

Obwohl selbst eher künstlerisch veranlagt, übernahm Anna Neumeyer den disziplinierten Lebensstil von ihrem Mann. Ähnlich wie ihre Schwester Emmy Tuchmann (beide traten 1901 in den „Verein für Fraueninteressen" ein) und ihrer Schwägerin Elise Neumeyer sah sie in den überkonfessionellen Frauenorganisationen, in der Zusammenarbeit mit Frauen unterschiedlicher Herkunft, für sich die beste Möglichkeit, ihren Beitrag zur Verbesserung der Lebensbedingungen von Frauen zu leisten. 1917 trat sie in den Vorstand des Vereins ein und arbeitete dort bis 1928 unter anderem auch als Schriftführerin mit.

Ihr politisches Engagement – sie leitete auch die Frauengruppe der Münchner DDP – galt in erster Linie der Verteidigung und Unterstützung der Republik und ihrer demokratischen Verfassung. Enttäuscht über die unentschlossene, sich auf politische Neutralität berufene Haltung der Frauenorganisationen gegenüber dem Vordringen antidemokratischer und frauenfeindlicher Kräfte in Staat und Gesellschaft, zog sie sich bereits 1928 aus ihren offiziellen Ämtern im „Verein für Fraueninteressen" und im Stadtbund Münchner Frauenvereine zurück.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten begann auch für Anna Neumeyer und ihren Mann der Weg in die Entrechtung und Isolierung. Karl Neumeyer wurde in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Die Söhne verließen mit ihren Familien Deutschland. Um der Deportation zu entgehen, beging das Ehepaar am 17. Juli 1941 gemeinsam Selbstmord.

Die Nationalsozialisten verfolgten Anhänger der Frauenbewegung und versuchten gleichzeitig in öffentlichen Feiern und Zeremonien unpolitische Frauen für ihre Bewegung zu gewinnen. Sie führen den 2. Maisonntag als „Ehrentag der deutschen Mutter" ein und zeichneten Mütter mit Orden aus.

Seit 1938 verliehen Parteifunktionäre das „Ehrenkreuz der deutschen Mutter" und dies in drei Klassen: in Bronze: vier oder fünf Kinder, in Silber: sechs oder sieben Kinder, in Gold: acht und mehr Kinder.

Dieses Mutterkreuz (G3-15, Bild- JPEG, 560x356, 51 KB-) trug die Inschrift: „Das Kind adelt die Mutter". Nach den Worten Hitlers: „Jedes Kind, das sie zur Welt bringt, bedeutet eine Schlacht, die sie besteht für Sein oder Nichtsein ihres Volkes" war die Ehrung „gleichsam das Eiserne Kreuz der Frau". Die Fakten zeigen, daß die NS-Propaganda in diesem Punkt wenig auszurichten vermochte: Gingen aus einer 1920 geschlossenen Ehe 2,3 Kinder hervor, so waren es 1930 noch 2,2 Kinder und 1940 noch 1,8 Kinder.

Wiederaufbau und Versöhnung

Zur Unterstützung der Flüchtlingsfrauen entwickelte Antonie Nopitsch 1950 ein Arbeitsbeschaffungsprogramm als „Hilfe zur Selbsthilfe". Unter der Regie des Bayerischen Mütterdienstes stellten Flüchtlingsfrauen Trachtenpuppen her (G3-27a, Bild- JPEG, 341x512, 27 KB-). Die Puppen wurden vor allem in die USA verkauft. Mit dem Verdienst aus dem Verkauf konnten die Frauen ihren Lebensunterhalt aufbessern, Kohlen und Kleidung anschaffen.

Jella Lepmann (1891–1970) war die Tochter eines Stuttgarter jüdischen Kaufmanns. 1936 emigrierte sie mit ihren Kindern nach England. Nach Kriegsende kam sie im Auftrag der amerikanischen Regierung als „Adviser for Women's and Youth Affairs" nach Bayern. Jella Lepmann (G4-8) sah die Notwendigkeit, vor allem Kinder und Jugendliche mit „geistiger Nahrung" zu versehen. Sie sammelte in der ganzen Welt Spenden in Form von Kinderbüchern und Kinderzeichnungen. Bereits 1946 konnte sie damit in München im Haus der Kunst eine internationale Jugendbuchausstellung zusammenstellen. 1958 gründete sie in München die Internationale Jugendbibliothek, die heute im Schloß Blutenburg, München untergebracht ist.

Neubeginn – Frauen in Beruf, Gesellschaft und Politik

Schon früh erkannten die amerikanischen Behörden die große Bedeutung einer gezielten Frauenpolitik: In Bayern gab es ca. 900 000 Frauen mehr als Männer. Diese stellten nicht nur ein wichtiges Wählerpotential dar, auch unter dem Gesichtspunkt der Erziehung zur Demokratie kam den Frauen eine besondere Bedeutung zu. Im Mai 1948 richtete die amerikanische Militärregierung die Abteilung „Women's Affairs Division" ein, die mithelfen sollte die Frauen in das öffentliche Leben zu integrieren.

1949 trat das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland in Kraft, das in Artikel 3 Absatz 2 festhält: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt." Daneben galten aber noch die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches von 1900, die es beispielsweise einem Ehemann ermöglichten, das Arbeitsverhältnis seiner Frau ohne deren Wissen zu kündigen. Frauen durften nur mit Genehmigung des Ehemanns ein eigenes Bankkonto eröffnen. Großen Einfluß auf die Diskussion der Reform des Familienrechts, des Scheidungs-, Namens- und Sorgerechts, das 1957 erfolgte, hatte der von Ilse Weitsch geleitete Frauenfunk des Bayerischen Rundfunks.

Eine neue Frauenbewegung entstand in den 60er Jahren, die sich, beeinflußt von amerikanischer feministischer Literatur und der Studentenbewegung neue Ziele setzte und vor allem auch neue Wege zur Durchsetzung ihrer Ziele beschritt. Es ging ihr nach Erreichung der juristischen Gleichstellung um den Bewußtseinswandel in der Gesellschaft. Es entstanden Frauenhäuser, Frauenbuchläden, Frauenkneipen und eine Vielzahl von Projekten, mit deren Hilfe versucht wurde eine feministische „Gegen"-kultur aufzubauen. Neben radikalen Vertreterinnen eines streitbaren Feminismus traten auch Frauen, die mit spitzer Zunge oder Feder alte Rollenbilder bloßstellten. Zu diesen Frauen zählt Marie Marcks (G4-20g), die ab 1965 mit tagespolitischen Karikaturen ihre Interpretation der aktuellen „Frauenfragen" anbot.


Blick nach vorne (Abteilung H)

Dem Besucher wird am Ende der Ausstellung ein Blick in die Zukunft der Frauen in Bayern angeboten. Die Darstellung geschichtlicher Entwicklungen beruht auf einem jeweils verschiedenen Beobachtungsmaterial. Dieser Grundgedanke wird am Ende wieder aufgenommen: die in Statistiken faßbaren sozialen und kulturellen Entwicklungen der Gegenwart werden in die Zukunft verlängert. Die Analyse der Trends in der gegenwärtigen Gesellschaft läßt sich in eine Prognose zukünftiger Entwicklungen erweitern. Unter dem Schlagwort „Szenario für das Jahr 2028" werden die Ergebnisse neuerer wirtschafts- und sozialwissenschaftlicher Studien zusammengefaßt.

Hervortretende Trends sind die zur Dienstleistungsgesellschaft, zur Informationsgesellschaft, zur Globalisierung und zugleich Regionalisierung und der zu einer neuen „Kulturalisierung" der Lebensgestaltung.

Zusammengefaßt führen die erwarteten Trends zu neuen sozialen Realitäten (Szenarios) und diesen werden fünf unterschiedliche Frauentypen zugeordnet.

Vor allem Schülerinnen und Schüler der Oberstufe können sich von diesem spielerischen Umgang mit realistischen Fakten anregen lassen. Dies erfordert aber sicher einige Zeit. Eine sinnvolle Auseinandersetzung mit dem Zukunftsszenario kann in Form eines Rollenspiels und einer gemeinsamen Erörterung der heute erkennbaren Entwicklungen erfolgen.


Literaturhinweise

(Ein ausführliches Literaturverzeichnis findet sich im Katalog der Frauenausstellung)

Ahrend-Schulte, Ingrid: Hexenprozesse, in: Gerhard, Ute (Hg.): Frauen in der Geschichte des Rechts, München 1997, S. 199–220.

Bary, Roswitha von: Henriette Adelaide. Kurfürstin von Bayern, München 1980.

Behringer, Wolfgang (Hg.): Hexenverfolgung in Bayern. Volksmagie, Glaubenseifer und Staatsräson in der Frühen Neuzeit, 3. Aufl., München 1997.

Benz, Ute (Hg.): Frauen im Nationalsozialismus. Dokumente und Zeugnisse, München 1993.

Betten, Lioba (Hg.): Mrs. Lepman. Gebt uns Bücher – gebt uns Flügel, München 1991.

Breit, Stefan: „Leichtfertigkeit" und ländliche Gesellschaft. Voreheliche Sexualitätin der fühen Neuzeit, München 1991.

Diestel, Gudrun: Antonie Nopitsch (1901–1975). Die Fürsprecherin der Frauen und Mütter, in: Lepziger, Karl (Hg.): Helfen in Gottes Namen, München 1986, S. 257–312.

Feuersänger, Marianne: Die garantierte Gleichberechtigung. Ein umstrittener Sieg der Frauen, Freiburg 1982.

Frauenleben in Bayern von der Jahrhundertwende bis zur Trümmerzeit, hg. von der Bayerischen Landeszentrale für Politische Bildungsarbeit, München 1993.

Frevert, Ute: Mann und Weib und Weib und Mann. Geschlechterdifferenzierung in der Moderne, München 1995.

Gerhard, Ute: Unerhört. Die Geschichte der deutschen Frauenbewegung, Reinbeck 1990.

Grabdrucker, Marianne: Vom Abenteuer der Geburt. Die letzten Landhebammen erzählen, Frankfurt a. Main 1990.

Grupp, Hariolf: Der Delphi-Report. Innovationen für unsere Zukunft, Stuttgart 1995.

Häntzschel, Hiltrud/Bußmann, Hadumod (Hg.): Bedrohlich gescheit. Ein Jahrhundert Frauen und Wissenschaft in Bayern, München 1997.

Kleinau, Elke/Opitz, Claudia (Hg.): Geschichte der Mädchen- und Frauenbildung, 2 Bde., Frankfurt a. Main 1996.

Krauss-Meyl, Sylvia: Das „Enfant Terrible" des Königshauses. Maria Leopoldine, Bayerns letzte Kurfürstin, Regensburg 1997.

Kunze, Michael: Der Prozeß Pappenheimer, Ebelsbach 1981.

Markale, Jean: Isabeau de Bavière. Die Wittelsbacherin auf Frankreichs Thron, München 1994.

Müller, Heidi: Dienstbare Geister. Leben und Arbeitswelt städtischer Dienstboten, Berlin 1985.

Neboisa, Marianne: Ellen Ammann geb.Sundström 1870–1932. Dokumentation und Interpretation eines diakonischen Frauenlebens, St. Ottilien 1992.

Neumeyer, Alfred: Lichter und Schatten. Eine Jugend in Deutschland, München 1967.

Reusch, Wolfgang: Bahnhofsmission in Deutschland 1897–1987. Sozialwissenschaftliche Analyse einer diakonisch-caritativen Einrichtung im sozialen Wandel, Frankfurt a. Main 1988.

Schuster, Beate: Die freien Frauen. Dirnen und Frauenhäuser im 15. und 16. Jahrhundert, Frankfurt a. Main 1995.

Seidenspinner, Gerlinde/Keddi, Barbara: Lebensentwürfe. Wie junge Frauen leben wollen, in: Hildebrand, Regina/Winkler, Ruth (Hg.): Die Hälfte der Zukunft. Lebenswelten junger Frauen, Köln 1994.

Heilige Walburga. Leben und Wirken, hg. von der Abtei St.Walburg, Eichstätt 1979.

Werner, Joachim: Das alamannische Fürstengrab von Wittislingen, München 1950.

Wilckens, Leonie von: Die textilen Künste. Von der Spätantike bis um 1500, München 1991.

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