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"Bismarckdenkmal am
Starnberger See"
Neue freie Volkszeitung,
24. Jg., Nr.76, 8. April 1896,
Titelseite
München, Bayerische Staatsbibliothek
Eine katholische Zeitung in
Bayern protestierte gegen die Errichtung eines Bismarck-Denkmals an dem
Ort, wo der bayerische König Ludwig II. zu Tode gekommen war.
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Auch in Bayern wurde Bismarck
als Reichsgründer verehrt, wenngleich vor allem die Verlierer der
deutschen Einigung, Zentrum und Ultramontane, dem Urheber des Kulturkampfes
weiterhin feindselig gegenüberstanden. Stilisiert zur positiven Gegenfigur
des Wilhelminismus eignete Bismarck sich als Identifikationsfigur für
eine staatsloyale Opposition.
Gerade bei den frühen Denkmälern, die noch vor seinem Tod 1898
geplant und errichtet wurden, ist der gesellschaftspolitische Hintergrund
von Entstehung und Finanzierung für die Einordnung von Bedeutung.
Das Bismarck-Denkmal am Starnberger See, bei der Rottmannshöhe bei
Berg, geht auf eine Initiative des Münchner ,,Malerfürsten"
und wichtigsten Bismarck-Porträtisten, Franz v. Lenbach, zurück.
Zusammen mit dem Münchner Bürgermeister v. Widenmayer stand
er an der Spitze des 1890 gegründeten Komitees reichsfreundlich gesonnener
Münchner Bürger zur Errichtung eines solchen Denkmals. Nach
verschiedenen Vorprojekten wurde von 1896 bis 1899 der Entwurf Theodor
Fischers (1862-1938) verwirklicht, der sich an das römische Grabmonument
von Igel bei Trier anlehnte, denn es mussten
,,nach Lage der Dinge - bei dem knappen Geldstande des Vereins und
der bekannten Voreingenommenheit eines Theils des bayerischen Volkes gegen
alles ,Grossdeutsche', namentlich auch bei der nichtsweniger wie wohlwollenden
Stimmung vieler Bewohner des Berglandes! - ... die Preisrichter zur Ueberzeugung
kommen, dass die Idee eines grossen Aussichtsthurms, fallen zu lassen
sei, zugunsten eines kleinen Bauwerkes, das die Form eines Denkmals trüge".
Der 27 Meter hohe Turmbau erhebt sich aus einem loggienartigen Unterbau
mit Freitreppen und wird von einem ehemals vergoldeten Adler; der die
Reichsgründung symbolisiert, bekrönt. Reliefs auf den vier Seitenflächen
zeigen auf der Hauptseite Germania, die unter ihrem schützenden Mantel
die vier Königreiche Preußen, Bayern, Sachsen und Württemberg
vereinigt.
In seiner Formgebung vergleichsweise unpathetisch, scheint der Stamberger
Bismarck-Turm formal die Bismarck-Säulen (eine Idee der deutschen
Studentenschaft von 1898) vorwegzunehmen, die das gesamte Deutsche Reich
mit von Säule zu Säule sichtbarem Feuerschein verbinden sollten.
Dass ausgerechnet am Stamberger See, wo wenige Jahre zuvor König
Ludwig II. ertrunken war; ein Bismarck-Denkmal errichtet werden sollte,
veranlasste die katholische ,,Neue freie Volks-Zeitung" zu
einer Karikatur; die Bismarck als in die Form des Turmes eingepassten
Reichstyrannen zeigt, der sich Teile Bayerns und 30 Millionen Gulden einverleibt
hat, so dass Bavaria mit dem Löwen, angekettet an die Reservatrechte,
gebeugt unter der Pickelhaube sitzen muss. Im Text wird Bismarck die Schuld
am Deutschen Krieg 1866, am Kulturkampf und am ,,seelischen Leid"
und ,,tragischen Tod" Ludwigs II. gegeben.
In Bayern hielt sich die Bismarckverehrung im Vergleich zu den Staaten
jenseits der Mainlinie jedoch in engen Grenzen. Sieht man von den nicht
zur Ausführung gekommenen Türmen, Statuen, Büsten und Gedenktafeln
ab, so wurden in Bayern (ohne die Rheinpfalz) bis 1914 ungefähr zehn
Bismarck-Denkmäler errichtet, wovon sich nur zwei in Altbayern und
zwei in Schwaben befanden, die übrigen in dem eher reichsfreundlich
gestimmten Franken (Ansbach, Fürth, Hersbruck, Kissingen, Nürnberg,
Würzburg).
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