Humpen Oberfranken 1704 In Anlehnung an Paradiesesvorstellungen
preisen die "Ochsenkopfgläser" das Fichtelgebirge
im "obern Francken" als von der Natur begünstigte
Wirtschaftsregion.
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Bereits
im Frühmittelalter wurden im Fichtelgebirge Glasknöpfe und Hohlgläser
hergestellt. Natürliche Vorkommen an Proterobas (Grünstein) und
die ausgedehnten Wälder, die Holz zur Bereitung der Pottasche und als
Brennmaterial lieferten, boten gute Bedingungen für die Ansiedlung
von Glashütten. Ein einzigartiges Produkt der fränkischen Glasmacher
stellen die sogenannten Ochsenkopfgläser dar, die seit dem späten
17. Jahrhundert insbesondere in Bischofsgrün gefertigt wurden. In zeitgenössischen Beschreibungen wird das Fichtelgebirge mit dem irdischen Paradies gleichgesetzt und als "Stütze der Wolken des Himmels", "Fürst der Berge", "König der Wälder", "Wirt und Speisemeister der Tiere und Vögel", "Schatzkammer de(s) hochschätzbaren Metall(s) und Edelstein(s)", "unüberwindliche Festung" und "Urquelle vier schiffreicher Flüsse" beschrieben. Dem literarischen Motiv entsprach die bildliche Umsetzung. Auf den Gläsern ist der Ochsenkopf, der lange Zeit als der höchste Berg des Fichtelgebirges galt, stellvertretend für die gesamte Gebirgsregion abgebildet. Er ist als dicht bewaldeter Berg mit einem Ochsenkopf auf dem Bergplateau dargestellt. Die vereinzelt zwischen den Bäumen hervorschauenden Tierköpfe verweisen auf den Wildreichtum. Symbol für die im Berg eingeschlossenen sagenhaften wie auch tatsächlich vorhandenen Bodenschätze ist die goldene Kette mit Schloss. Die von Bäumen umstandenen Gebäude auf dem Bergrücken symbolisieren den Frieden in der Region, die auf Grund der Unwegsamkeit des Geländes von Kriegswirren weitgehend verschont blieb. In Anlehnung an die vier Paradiesströme gewinnt der Ochsenkopf (bzw. das Fichtelgebirge) auch als Ursprung der vier Flüsse Main, Eger, Naab und Saale Bedeutung, die als Handelswege für das wirtschaftliche Wohlergehen grundlegend waren. Die Zweckbestimmung der zahlreich erhaltenen Gläser ist unklar. Einzelne Inschriften deuten auf den Gebrauch als Willkomm für den Begrüßungstrunk. Jedenfalls äußert sich in den Gläsern das Selbstbewusstsein einer Bevölkerung, deren Region durch ihre zentrale Lage, ihren außerordentlichen Reichtum an Bodenschätzen und ihre guten Verkehrsverbindungen gekennzeichnet ist. Schon im späten 17. Jahrhundert begegnet man in den Aufschriften der Gläser der Bezeichnung "Obern Francken". Die ursprüngliche Benennung der hohenzollerschen Territorien als "Lande zu Franken" (Ansbacher Gebiet) und "ob dem Gebirg" (Bayreuther Gebiet) mag im Zuge der Einteilung des Fränkischen Reichskreises zur namentlichen Angleichung der Bergregion als "Oberfranken" geführt haben, standen doch beide Gebiete unter der Herrschaft derselben Dynastie. |
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