Humpen

Oberfranken 1704
Glas, gelbgrünstichig, Emailfarben,
H. 19,5, Ø 10,3
Inschrift: umlaufendes Band am oberen Rand: ES lebe Der Durchleuchtigste Fürst vnd herr, C[hristian] E[rnst] M[arkgraf] Z[u] B[ayreuth]
Vs.: Naab., Saal., Mayn., Eger.
Rs.: Der Fichtelberg die Edle erdt ist billig aller ehren / werth, weiln darin vielmehr zu treffen an / alß einfalt iemalß glauben kan, Doch / Schlüssel hier zu sich bey Zeit, weiln / dein Schatz an einer ketten leijdt / vnd aus mir vier Schiffreiche wasser / Rauschen, so in vier end der welt / thun laufen. Anno 1704

Würzburg, Mainfränkisches Museum (S.62188)

In Anlehnung an Paradiesesvorstellungen preisen die "Ochsenkopfgläser" das Fichtelgebirge im "obern Francken" als von der Natur begünstigte Wirtschaftsregion.

 

 

  Humpen   Bereits im Frühmittelalter wurden im Fichtelgebirge Glasknöpfe und Hohlgläser hergestellt. Natürliche Vorkommen an Proterobas (Grünstein) und die ausgedehnten Wälder, die Holz zur Bereitung der Pottasche und als Brennmaterial lieferten, boten gute Bedingungen für die Ansiedlung von Glashütten. Ein einzigartiges Produkt der fränkischen Glasmacher stellen die sogenannten Ochsenkopfgläser dar, die seit dem späten 17. Jahrhundert insbesondere in Bischofsgrün gefertigt wurden.

In zeitgenössischen Beschreibungen wird das Fichtelgebirge mit dem irdischen Paradies gleichgesetzt und als "Stütze der Wolken des Himmels", "Fürst der Berge", "König der Wälder", "Wirt und Speisemeister der Tiere und Vögel", "Schatzkammer de(s) hochschätzbaren Metall(s) und Edelstein(s)", "unüberwindliche Festung" und "Urquelle vier schiffreicher Flüsse" beschrieben.

Dem literarischen Motiv entsprach die bildliche Umsetzung. Auf den Gläsern ist der Ochsenkopf, der lange Zeit als der höchste Berg des Fichtelgebirges galt, stellvertretend für die gesamte Gebirgsregion abgebildet. Er ist als dicht bewaldeter Berg mit einem Ochsenkopf auf dem Bergplateau dargestellt. Die vereinzelt zwischen den Bäumen hervorschauenden Tierköpfe verweisen auf den Wildreichtum. Symbol für die im Berg eingeschlossenen sagenhaften wie auch tatsächlich vorhandenen Bodenschätze ist die goldene Kette mit Schloss. Die von Bäumen umstandenen Gebäude auf dem Bergrücken symbolisieren den Frieden in der Region, die auf Grund der Unwegsamkeit des Geländes von Kriegswirren weitgehend verschont blieb.

In Anlehnung an die vier Paradiesströme gewinnt der Ochsenkopf (bzw. das Fichtelgebirge) auch als Ursprung der vier Flüsse Main, Eger, Naab und Saale Bedeutung, die als Handelswege für das wirtschaftliche Wohlergehen grundlegend waren.

Die Zweckbestimmung der zahlreich erhaltenen Gläser ist unklar. Einzelne Inschriften deuten auf den Gebrauch als Willkomm für den Begrüßungstrunk. Jedenfalls äußert sich in den Gläsern das Selbstbewusstsein einer Bevölkerung, deren Region durch ihre zentrale Lage, ihren außerordentlichen Reichtum an Bodenschätzen und ihre guten Verkehrsverbindungen gekennzeichnet ist.

Schon im späten 17. Jahrhundert begegnet man in den Aufschriften der Gläser der Bezeichnung "Obern Francken". Die ursprüngliche Benennung der hohenzollerschen Territorien als "Lande zu Franken" (Ansbacher Gebiet) und "ob dem Gebirg" (Bayreuther Gebiet) mag im Zuge der Einteilung des Fränkischen Reichskreises zur namentlichen Angleichung der Bergregion als "Oberfranken" geführt haben, standen doch beide Gebiete unter der Herrschaft derselben Dynastie.