Caesarea-Imperiali Aulico Vom Kayserl. Reichs-Hoff-Rath
Der Reichshofrat war 1498
von Kaiser Maximilian I. begründet worden und diente als kaiserliches
Gegengewicht zu dem von den Ständen getragenen anderen obersten
Reichsgericht, dem Reichskammergericht.
Sitzung des kaiserlichen Reichshofrats in Wien
Titelkupfer aus: Johann Christoph von Uffenbach: Tractatus singularis
et methodicus de excelsissimo consilio
Wien, Prag, 1700
Kupferstich/Papier, 29,3 x 19,4
Regensburg, Thurn und Taxis Hofbibliothek (TT. Rat. IX 51)
Lit.: AK Frieden durch Recht, S.175184; HRG 4, 1990, Sp. 630
bis 638.
Mit der Errichtung des Reichshofrats im Jahr 1498 und seiner endgültigen
Konstituierung 1527 existierten bis zum Ende des Reichs zwei oberste
Reichsgerichte: das Reichskammergericht und der Reichshofrat. Obwohl
es nie zu einer gesetzlich geregelten, eindeutigen Kompetenzzuordnung
der beiden Gerichte kam, lassen sich doch einige gewichtige Unterschiede
feststellen.
Der Reichshofrat tagte in der so genannten Reichshofratsstube in der
Wiener Hofburg und war so auch räumlich dem Kaiser nahe. Die Sitzungen
des Reichshofrats fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt,
auch die Vertreter der Parteien waren nicht zugelassen. Das Verfahren
war ein rein schriftliches. Mit einem Übergewicht an katholischen
Hofräten, das auch nach dem Westfälischen Frieden beibehalten
wurde, verstand man den Reichshofrat immer mehr als Instanz für
katholische Parteien. So waren in der Reichshofratsordnung von 1654
nur sechs evangelische Beisitzer erlaubt.
In die ausschließliche Zuständigkeit des Reichshofrats gehörten
alle Belange im Zusammenhang mit den kaiserlichen Reservatrechten und
den vom Reich rührenden Gerechtsamen, darunter auch Lehensstreitigkeiten,
Familienstreitigkeiten der Reichsunmittelbaren sowie Kriminalstreitigkeiten
der Stände. Zudem hatte der Reichshofrat politische Funktionen
und wirkte als Beratungsgremium des Kaisers. Die räumliche Zuständigkeit
umfasste das Reich, ohne die österreichischen Erblande und Reichsitalien.
Die Reichshofräte brauchten keine juristische Ausbildung, weshalb
eine Veröffentlichung wie Uffenbachs Traktat mit Entscheidungen
aus dem Reichshofrat einen willkommenen Leitfaden zur Urteilsfindung
bot. Vorteilhaft war, dass der Reichshofrat mangels einer genau geregelten
Prozessordnung freier verfahren und schneller arbeiten konnte. Obwohl
ihm hohe Bestechlichkeit nachgesagt wurde, war sein Machtzuwachs besonders
seit 1654 groß. Selbst protestantische Stände suchten dort
ihr Recht, um ein beschleunigtes Verfahren zu erreichen. So entwickelte
sich der Reichshofrat langfristig zum bedeutenderen der beiden obersten
Reichsgerichte.
M. Ha.