Kaiserkrone Karls VII.
Zu den Reichskleinodien
zählten Herrschaftszeichen und Reliquien. Anlässlich der Krönung
Karls VII. wurden in Anlehnung an die mittelalterlichen Insignien
zusätzliche Herrschaftszeichen angefertigt, die später
ihres Edelsteinschmucks beraubt wurden.
Philipp Jacob Drentwett d. J. (16941751)
Augsburg, um 1742
Silber, vergoldet, getrieben, ziseliert, graviert, H. 25,3, Durchmesser
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München, Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser,
Gärten und Seen, Schatzkammer der Residenz (Schk. 239)
Die Bestimmung eines neuen
Herrschers war zunächst das Ergebnis einer Mehrheitsentscheidung
der Kurfürsten, die ihre Rechtskraft durch die Wahlzeremonie im
sakralen Raum des Frankfurter Kaiserdoms erhielt. Der designierte Herrscher
war also mit göttlichem Beistand gewählt, jedoch noch nicht
als Stellvertreter Gottes auf Erden gekennzeichnet. Während der
Krönungszeremonie wurden ihm deshalb wertvolle Gegenstände
und Kleidungsstücke verliehen, die seine Erwählung als von
Gott gewollt sichtbar machten. Die Hauptstücke der Insignien waren
Krone, Reichsapfel, Schwert und Zepter. Daneben zählten weitere
Kleidungsstücke, Reliquien und sakrale Schriften zu den Reichskleinodien.
Kaiser Sigismund übergab die Herrschaftszeichen 1424 zur dauerhaften
Aufbewahrung der Stadt Nürnberg, weitere Reichsinsignien befanden
sich in Aachen.
Das Hauptstück des Nürnberger Insignienschatzes war die Reichskrone.
Anlässlich der Krönung Kaiser Karls VII. 1742 wurden zusätzlich
zwei Hauskronen angefertigt, die 1745 erstmals als Zwey Haus cronen
von Silber, vnd vergoldt
in den Beständen der Schatzkammer
erscheinen. Ihre genaue Bestimmung im Zusammenhang des Krönungszeremoniells
ist unklar. Möglicherweise wurde eine der Kronen 1745 bei der Bestattung
Karls VII. benutzt. Mit ihren sechs Platten, Bügel, Kreuz und ursprünglich
reichem Edelsteinschmuck orientieren sich beide Kronen formal an der
Reichskrone. Sie erheben jedoch keineswegs den Anspruch einer Kopie,
sondern verweisen vielmehr auf die Reichskrone. Eine der beiden Hauskronen
entstand am Ort der Krönung, die andere wurde von dem Augsburger
Goldschmied Jacob Philipp VI. Drentwett angefertigt. Die Schläfenplatten
der Krone zeigen die Apostel Petrus und Paulus, während die übrigen
mit vegetabilem Ornament verziert sind. Unklar ist, wann und aus welchem
Grund die Edelsteine der Krone entfernt wurden, so dass sie sich heute
als Karkasse darbietet.
Der Reichsapfel vereint das heidnische Symbol der Sphaira, Symbol des
Kosmos, und das christliche Kreuz zur Insignie des göttlich legitimierten
Herrschaftsanspruchs. Auch die vereinfachte Nachbildung des Reichsapfels
für Karl VII. wurde ihres Edelsteinschmucks beraubt. Ferner zählte
das Zepter bereits zu den kaiserlichen Insignien der Antike, das die
Rechtsprechung des Herrschers symbolisiert. Stärker als Hauskrone
und Reichsapfel orientiert sich das Zepter Karls VII. an seinem mittelalterlichen
Vorbild, das auf Kaiser Ludwig den Bayern zurückgeht. Der sich
nach oben verjüngende Stab schließt in einem vierseitigen
Knauf aus Blättern ab, die an Eichenlaub erinnern. Unter den Reichskleinodien
befand sich auch eine Lanze, die angeblich einen Nagel vom Kreuz Christi
enthielt und deshalb als Heilige Lanze hohe religiöse
Verehrung empfing. Die militärischen Siege ihrer Besitzer, wie
der Ottos I. in der Schlacht bei Birten (939), wurden auf die Kraft
der Reliquie zurückgeführt. Otto III. ließ die Lanze
bei seiner Krönung 996 in Rom voraustragen. Von der Heiligen Lanze
wurden mehrfach Imitationen angefertigt, von denen sich eine aus der
Zeit um 1000 im Krakauer Domschatz befindet.
M. Ra.