Der Kuppelbau - ein bayerisches Pantheon (1) | |
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Sehr beeindruckend an Mellingers monumentalem Kuppelgebäude ist die noch heute originale Kuppelabrundung, die sehr an das römische Pantheon erinnert. In sechs Reihen übereinander gliedern sich die Kassetten, die mit einer abschließenden siebten Stufe als Kuppelscheitel enden. Dieser wird durch eine als sonnenartiger Strahlenkranz stilisierte Rosette abgeschlossen. Mit einer derartigen Kassettenkonstruktion wird auch der frühchristlichen Zahlensymbolik Rechnung getragen: So weist die Sieben als heilige Zahl den Besucher möglicherweise auf Schöpfung und Ewigkeit hin. | ![]() |
(4) Kassettierte Kuppelkonstruktion |
Das Vorbild des Kuppelbaus, das Pantheon in Rom, war seit 27 v.Chr. (Marcus Agrippa) als Tempel allen Göttern geweiht, bis es ab 608/610 n. Chr. von Papst Bonifatius IV. in eine christliche Kirche (Santa Maria ad Martyres) umgewandelt und somit Anbetungsort des alleinigen Gottes wurde. Es diente anfangs als Bestattungsort für christliche Märtyrer, später fanden auch bedeutende Künstler und italienische Könige hier ihre Grablege. Seit der Renaissance erhielt das römische Pantheon einen gewissen Vorbildcharakter, so daß seine Architektur beim Bau vieler bedeutender europäischer Ruhmeshallen imitiert wurde. | Im römischen Pantheon wurde das Sonnenlicht als "der große Regler" gesehen und genutzt. Die Schattenbildung diente als Schattenstab und half, während der Tagundnachtgleiche die Bestimmung sowie die Einteilung des Tages festzulegen. Mellinger übernahm diese Idee, richtete auch sein Kuppelgebäude axial zu den vier Himmelrichtungen aus und versah jede Kassettenreihe im Umfangs mit je 24 Kassetten (gleich 24 Stunden). |
Eine vom 12. bis 14. Jhd. tätige
Gruppe von Bau- und Dekorationskünstlern, deren Inschriften häufig den
Namen "Cosmas" enthielten, prägte mit ihrer Fertigkeit, feine
Einlegearbeiten aus buntem Marmor in Wände, Fußböden, Säulen
u.a. zu integrieren (Inkrustation), für diese neue Technik den Begriff "Cosmatenarbeit"
.
Die Anregung hierfür bekam Mellinger vermutlich während einer Italienreise im Jahre 1903, die ihn u.a. nach Florenz, Ravenna, Bologna und Venedig führte. |
Bei den Kosmatenböden verschiedener italienischer Kirchen kann man noch heute Ähnlichkeiten untereinander feststellen, und auch bei dem Kosmatenboden im Kuppelsaal mit den fünf zu einer Kreuzform angeordneten, miteinander durch schneckenartig gewundene Friese verbundenen Kreisen lassen sich gewisse Parallelen zu diesen italienischen Böden entdecken. Zentrum des Kosmatenbodens ist die Sonne mit zwölf hellen (Tag) und zwölf dunklen (Nacht) Strahlensymbolen. Die mit ihr verbundenen weiteren vier Kreise stellen die vier Himmelsrichtungen, aber auch die vier Windströme als Versinnbildlichung der Welt dar. |
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(6) Ruhmeshalle um 1910, Hofgartenseite mit Standbild des Prinzregenten und Königsbüsten * | Von 1910 nach 1993 (Eine Animation) |
(5) Restaurierte Kuppelhalle, Nordseite * |
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![]() Fortsetzung Kuppelbau |