Das "Ansbacher Mémoire"Original: "Mémoire présenté à M(onsei)g(neu)r le Duc le 30 Septembre 1796", eigenhändiges Manuskript des Maximilian Joseph von Montgelas in Französisch Übersetzung: Oliver Zeidler nach der Transkription von Eberhard Weis in ZBLG 33 (1970), S. 243 bis 256 Denkschrift, überreicht seiner Durchlaucht, dem Herzog, am 30. September 1796Einer der größten Fehler der bayerischen Verwaltung liegt in der mangelhaften Organisation des Ministeriums.(1) Die genaue Verteilung der Geschäftsbereiche (Départements), unentbehrlich zum Erhalt der Ordnung und zur ordentlichen Abwicklung der Geschäfte, ist dort vollkommen unbekannt. Der größte Teil der Minister nimmt nur pro forma an den Sitzungen des Rates teil. Tatsächlich ist der Kanzler(2) der einzige Arbeiter. An ihn wird alles übergeben. Er allein bereitet die Angelegenheiten, die sich der Herrscher persönlich zur Entscheidung vorbehalten hat, vor und leitet sie weiter. Diese Übereinkunft, angemessen für das Mittelalter, als die Arbeit der Regierungsangestellten durch Einfachheit der Handhabung erleichtert und verkürzt wurde, ist heutzutage nicht mehr zeitgemäß, da die Dinge komplizierter geworden sind. Es folgt daraus nur, daß dieser Minister, unfähig einer Arbeit zu genügen, die das Menschenmögliche übersteigt, gezwungen ist, an Untergebene zu delegieren, die fast immer ungenügend ausgebildet und sehr oft korrupt sind. Mehr als einmal hat ein einfacher Schreiber in letzter Instanz über Glück und Unglück einer respektablen Familie entschieden. Man könnte diesem vorrangigen Problem leicht abhelfen, wenn man sich dazu entschließen würde, die Départements nach rationalen Gesichtspunkten aufzuteilen, indem man die Themen trennt, die von Natur aus nicht dafür geschaffen sind, vermischt zu werden, indem man genaue Grenzen zwischen den Abteilungen definiert, indem man die Platzhirsche, die bisher an der Spitze der Büros standen, durch kompetente Personen ersetzt; sie sollten fähig sein, Untergebene zu beaufsichtigen, gegebenenfalls deren Vorstellungen zu berichtigen, und in jeder Hinsicht dem Vertrauen entsprechen, mit dem der Fürst sie ehrt. Ein Fehler, den man auf jeden Fall vermeiden sollte, wäre die zu große Bescheidenheit bei den Bezügen. Jedes Individuum, das seine Zeit dem Dienst am Staat verschreibt, hat einen berechtigten Anspruch auf angemessene Entlohnung während seines Lebens, entsprechend dem gesellschaftlichen Rang, den es einnimmt, und nach seinem Tod auf eine angemessene Entschädigung für seine Frau und seine Kinder. Bisher ist man genau in die entgegengesetzte Richtung gegangen; man glaubte unendlich zu gewinnen, indem man sich billig dienen ließ. Das Ergebnis war, daß man bei der Vergabe wichtiger Posten nur unter den Begüterten wählen konnte, also dabei die wirtschaftlichen Möglichkeiten über den Verdienst eines Menschen stellte; und wenn es, durch einen seltenen Zufall, einem arm geborenen Bürger gelang, seinen Weg zu gehen, so war er gezwungen, sich aus eigener Tasche zu finanzieren und illegal das zu ergattern, was die Regierung ihm aus ungerechtfertigter Sparsamkeit vorenthielt. Die Veruntreuungen waren bekannt, wurden jedoch nicht bestraft, weil man sich nicht verhehlen konnte, daß die falsch verstandene Sparsamkeit, an der man jedoch unverrückt festhielt, dafür der Hauptgrund war. Der vollständige Verlust von Prinzipien, das komplette Erschlaffen politischer Moral, das diese tückische Maxime in den pfalzbayerischen Provinzen erzeugt hat, lassen einen erzittern. Eine mehrere Jahre andauernde, unparteiische und strenge Verwaltung wird gerade genügen, um die durch die Gewohnheit der langjährigen Käuflichkeit korrumpierten Menschen zu gesunden Grundsätzen zurückzubringen. Es wäre unmöglich, für einen einzelnen Amtsleiter allen Einzelheiten seines Geschäftsbereiches zu genügen, egal, welche Fähigkeiten man ihm zuschreibt. Er könnte nicht auf Mitarbeiter verzichten. Es stellt sich hier natürlich die Frage, ob ihm die Wahl der Referendäre seiner Abteilungen obliegen soll, oder ob es angemessener ist, wenn der Herrscher sich an seiner Stelle darum kümmert. Ersteres wurde von den Ministern stark befürwortet. Sie gaben vor, die Verantwortung nur für solche Untergebenen übernehmen zu können, denen sie vertrauten; indem man sie zwinge, die Referendäre von fremder Hand zu akzeptieren, beschneide man zu sehr ihre Autorität und schade der Harmonie sowie dem Dienstgehorsam. Auf den ersten Blick erscheint diese Überlegung plausibel. Sie verliert jedoch viel von ihrer Überzeugungskraft, wenn man an den unschätzbaren Vorteil denkt, den man mit der Möglichkeit gewinnt, ehrbare Bürger einzustellen, die auf Grund ihrer guten Bildung Anspruch auf diese Stellen erheben können. Man wird sie [jedoch] nur dann hierzu bewegen, wenn ein Patent des Fürsten ihre Existenzgrundlage sichert. Man kann sich im übrigen schwerlich darüber hinwegtäuschen, daß allein die Beständigkeit der Untergebenen den Ersatz für den mehr oder weniger häufigen Wechsel der Vorgesetzten schafft, der in der Natur der Arbeit sowie in den Verbindungen der Minister liegt, und die somit in jedem Zweig die Einheitlichkeit der Prinzipien aufrechterhält, diesen Geist von Ganzheitlichkeit und Kontinuität, der die Seele einer Verwaltung darstellt. Aus Vorsicht ist es vielleicht angebracht, ein Gegengewicht zur zu großen Macht der Minister zu bilden, indem man unabhängig von ihrem Willen die Dauer der Tätigkeit der Referendare festlegt. Ihren Vorgesetzten in allen Fragen der Ordnung sowie der Führung der Geschäfte untergeordnet, werden sie niemals ihren Fortgang behindern und keine Macht haben, das "Gute" zu verhindern oder zu hemmen. Ihr fester und gemeinsamer Wille wird jedoch die Kraft besitzen, einem Unrecht zu widerstehen, das eine Intrige erzwingen wollte. Auf ihren Posten sind die Menschen(3) von allen Seiten von Verführung und Irrtum umgeben. Mit der Gesamtheit einer weitreichenden Verwaltung beschäftigt, haben sie weder die Zeit noch die Mittel, um alle Details zu erfassen. Indem man ihnen mehr Möglichkeiten gibt, sich kundig zu machen, gibt man ihrer Moral eine stabile und notwendige Basis. Man würde diesem Ziel noch näher kommen, man würde jeder Handlung der Regierung den unschätzbaren Vorteil einer gründlichen Besprechung einräumen, wenn man dem Vorschlag folgen würde, die Verantwortlichen der mit inneren Fragen beschäftigten Départements und ihre Referendäre in ordentlicher Sitzung zu versammeln, wobei letztere mit dem Bericht betraut wären. Allein die Minister hätten entscheidende Stimme. Die Beschlüsse würden nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefaßt werden. Jede Provinz würde in jedem Département durch einen einheimischen Referendär vertreten, um so keine der Erkenntnisse zu verlieren, die lokale Kenntnisse liefern. Auch würde man Neid und Beschwerden zuvorkommen, indem man jeder Provinz einen ungefähr gleichwertigen Anteil an der Regierung zugestehen würde. Preußen hat in seinem Generaldirektorium(4) eine Einrichtung, die derjenigen, die wir hier vorschlagen, ähnlich ist. Die kontinuierliche Erfahrung seit 1723 hat ihren Nutzen gezeigt. Durch die genaue Aufteilung der Départements erhält man sich die Vorteile des französischen Verwaltungssystems, verhindert [jedoch] gleichzeitig deren unheilvollsten Mißbrauch, indem man den sich einschleichenden ministeriellen Despotismus abwehrt, der unmerklich versucht, die [verfassungsmäßigen] Formen zu untergraben, um an ihre Stelle die Willkür der Vorgesetzten und das Spiel der Begünstigung zu stellen. Im folgenden Plan werden diese Prinzipien ausgearbeitet.Das Ministerium wäre in fünf Départements geteilt: die auswärtigen Angelegenheiten, die Finanzen, die Justiz, die geistlichen Angelegenheiten, der Krieg. Jedes Département würde sich aus einem Minister und soviel Referendären zusammensetzen, wie es Provinzen gibt, deren Verfassung sich grundlegend voneinander unterscheidet. Ich benutze absichtlich die Bezeichnung grundlegend, da leichte Unterschiede nicht ausreichen würden, um eine Vermehrung der Mitarbeiter zu rechtfertigen. Das Herzogtum Zweibrücken hat zuviele Gemeinsamkeiten mit der Rheinpfalz, als daß es einen eigenen vortragenden Beamten haben müßte. Die Oberpfalz, das Herzogtum Neuburg und Sulzbach können sehr gut mit Bayern zusammengelegt werden. Darüber hinaus gäbe es in jedem Büro einen Privatsekretär (eigentlich: Geheimen Sekretär), der sich um die Vorlagen kümmert, zwei Kanzlisten, einen Registrator und einen Expeditor. Sollte sich diese Anzahl des Personals als zu klein erweisen, um den Anforderungen zu entsprechen, so wäre es ein Leichtes, sie zu erhöhen. Egal, welchen Standpunkt man in dieser Frage einnimmt, wäre es richtig zu entscheiden, daß die Personen, die dem innersten Kreis der Geheimen Kanzlei(5) angegliedert sind und die man für fähig hält, in diesen neuen Büros zu arbeiten, als einzige im Haushalt des Souveräns beibehalten werden. Die anderen würde man schlicht und einfach [entlassen] oder, je nach dem ob Alter, Verdienst sowie die Fähigkeiten der Betroffenen eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen, mit einer Pension beurlauben, in der Hoffnung, daß auch sie wieder den Dienst aufnehmen können. Die Kanzlei war in letzter Zeit mit so vielen unnützen Individuen überladen, daß diese Reform bereits auf den ersten Blick beträchtliche Einsparungen bewirken müßte. Die Grenzen jedes Départements wären folgendermaßen festgelegt: I. Im Geschäftsbereich des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten lägen folgende Bereiche:
Der Minister hätte unter sich zwei Geheime Legationsräte, von denen sich einer um die Politik im eigentlichen Sinn sowie den Schriftverkehr kümmern würde, während der andere mit Detailfragen betreffend den Reichstag, die Reichskreise sowie Grenz- und alle Rechtsfragen beauftragt wäre. Diese beiden Angestellten stünden im Rang von Referendären und erhielten deren Bezüge. Das Ministerialarchiv würde der Obhut eines besonderen Wächters anvertraut werden. Man würde diesem Büro zwei Sekretäre - der eine für Französisch, der andere für Deutsch - beistellen, um die Depeschen zu kopieren und einzuordnen. Ein einziger Kanzlist würde ausreichen, um die Briefe, Reskripte und anderen Sendungen, die in Amtssprache abgefaßt werden, ins Reine zu schreiben. Jedes Archiv hätte zwei Archivare und einen Sekretär zu seiner Verfügung. Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten würde dem Fürsten die Gnadenerweise, Schenkungen und Pensionen vorschlagen, die von seinem Département abhängen. Man würde Gesandte(6) an den Höfen von London, Wien, Berlin, Dresden, Sankt Petersburg, Stockholm, Kopenhagen, Turin, Rom und Konstantinopel unterhalten, [letzteres jedoch nur], falls es möglich ist, über preußische Vermittlung mit den Türken in Verbindung zu treten.(7) Diese Macht ist ein natürlicher Feind Österreichs und kann Bayern deshalb nicht gleichgültig sein. In Paris würde beim Direktorium(8) ebenfalls eine stets ausreichend versorgte Gesandtschaft bestehen. Die verfassungsmäßigen Verhältnisse zwingen das pfälzische Haus, solche Gesandtschaften bei fast jedem Reichskreis zu unterhalten. Es wäre nur recht und billig, durch einen speziellen Beschluß diese letztgenannten Posten ehemaligen Legationssekretären vorzubehalten, um ihren Wetteifer untereinander aufrechtzuerhalten und um diesen guten Untertanen eine angemessene Berufsperspektive anbieten zu können. Für einen künftigen Kurfürsten wäre es vielleicht auch angemessen, eine andere Vorgehensweise anzunehmen, welche die Republik Venedig seit drei Jahrhunderten mit sehr gutem Erfolg anwendet: jeder Gesandte ist verpflichtet, jedes Mal, wenn er einen Hof verläßt oder alle acht bis zehn Jahre, wenn man es für angebracht hält, ihn länger in seiner Stellung zu belassen, eine umfassende Denkschrift zu verfassen über die politische sowie finanzielle Situation der Macht, bei der er akkreditiert war, über den Charakter der Personen, die dort den größten Einfluß besitzen, über den Zustand und die Haltung der Land- und Seestreitkräfte und über die Art der Verbindungen, die zwischen ihr und [anderen] ausländischen Höfen bestehen. Die Einführung dieser Bestimmung würde nicht nur die Beschaffung wertvoller Informationen ermöglichen, die die Arbeit des Kabinetts zielgerichteter gestalten könnten, sondern sie würde dem Fürsten und seinen Ministern auch über den Verdienst sowie die Kenntnisse der Gesandten, die sie im Ausland beschäftigen, Aufschluß geben. Die Notwendigkeit, das Ergebnis ihrer Beobachtungen eines Tages der Regierung unterbreiten zu müssen, würde sie wachsamer sowie aufmerksamer werden lassen. Niemand würde zum Leiter einer Gesandtschaft ernannt werden, wenn er nicht schon mehrere Jahre einem Gesandten als Legationsrat gedient hätte. Im Hinblick auf die notwendige Errichtung einer Ausbildungsstätte erscheint es besser, die Kandidaten zur Ausbildung nach draußen zu schicken, als sie in den eigentlichen Büros des Außenministeriums einzusetzen. Es wird ihnen dort leichter fallen, sich Menschenkenntnis anzueignen, und die Geheimhaltung der Geschäfte wäre in höherem Maße gesichert, je weniger Menschen teilweise oder vollständig über das informiert sind, was vor sich geht. Die gleiche Bestimmung würde ebenfalls für die zwei Stellen der Geheimen Legationsräte gelten. Man würde sich erst dafür bewerben können, nachdem man nacheinander die Stufen eines Legationssekretärs sowie eines Gesandten bei einem Reichskreis durchlaufen hätte. II. Das Ministerium der Finanzen enthielte:
Die Aufhebung finanzieller Vorrechte der privilegierten Stände in den verschiedenen Provinzen, die Erstellung eines sorgfältig angelegten Katasters, der eine gerechtere Erhebung der direkten Steuern ermöglicht, die Abschaffung mehrerer Abgaben, die den Untertanen zu sehr belasten, und die Aufhebung des katastrophalen bayerischen Zollsystems(11) fordern in verschiedensten Zweigen dieser weitläufigen Verwaltung auf das Schärfste die Aufmerksamkeit des Gesetzgebers. III. Das Ministerium der Justiz würde beinhalten:
Dies ist einer der Teile, der am vordringlichsten grundlegende Änderungen erfordert. Die Art, wie die Amtsinhaber ihre Gerichtsuntertanen schikanieren, sowie die übermäßigen Gebühren, die sie ihnen abnehmen, kann man nicht in Worte fassen. Man würde das arme Volk sehr entlasten, wenn man [den Amtsinhabern] feste Gehälter zuweisen würde, wodurch sie gezwungen wären, über die Höhe der Gebühren vor der Hofkammer Rechenschaft abzulegen. Herzog Christian IV. hatte diese Bestimmung im Herzogtum Zweibrücken eingeführt. Sie hatte dort den größten Erfolg. 1779 und 1780(13) hat man versucht, dieselbe Bestimmung in Bayern zu verwirklichen, doch haben damals die Einflüsterungen des persönlichen Interesses die Stimme der Vernunft erstickt. Das Ministerium, erschöpft durch die Proteste, denen zu widerstehen es nicht die Kraft aufbrachte, besann sich wieder anders. Durch den Kleinmut der Regierung verlor die Provinz die Frucht der Wohltat, die man ihr zugedacht hatte. Eine andere nützliche Maßnahme wäre auch die Aufhebung der "Grands bailliages".(14) Diese Posten, ähnlich den Regierungen in Frankreich während des Ancien Régime, werden Adeligen anvertraut, die daraus auf Kosten des Fürsten und der Öffentlichkeit beträchtliche Einkünfte beziehen, ohne Fürst und Volk irgendeinen Dienst zu leisten. Diese Einsparung würde dem Fiskus eine Kostensenkung bringen, mit der es leichter wäre, die notwendigen Gelder für den Lohn der Amtsinhaber zu beschaffen. Herzog Christian IV. hat Zweibrücken vor solchem Mißbrauch geschützt. Während des Krieges von 1741 und 1705(15) , unter österreichischer Verwaltung, war die Rede davon, in Bayern die Posten der "Grands baillis" (Hauptpfleger) abzuschaffen. Die Intrigen der interessierten Parteien haben jedoch die Verwirklichung der gutgemeinten Verfügung des Fürsten verhindert. Vielleicht wäre es angebracht, eine neue politische Einteilung der Provinzen auszuarbeiten, indem man entweder mehrere Ämter, deren Gerichtsbezirke zu weitläufig sind, in ein einziges zusammenfaßt, oder indem man eine Einteilung nach Kreisen einführt, so wie dies bereits in Preußen, Österreich, Sachsen und Hessen geschehen ist. Zu dieser Frage hatte Graf Törring 1788(16) dem Ministerium von Zweibrücken eine Denkschrift vorgelegt, die sich noch in den Unterlagen des verstorbenen Herzogs befinden muß. Sie enthält Gesichtspunkte, die es wert sind, vertieft zu werden. Die Richter der höheren Gerichte, mit Ausnahme des Revisoriums in München, haben die Gewohnheit, sich in Form von Sporteln(17) Abgaben für die Berichte und Vorträge der zuständigen Beamten bezahlen zu lassen. In Bayern wird der daraus resultierende Ertrag in eine gemeinsame Kasse einbezahlt und am Ende des Jahres zu gleichen Teilen unter allen Mitgliedern des Gerichts verteilt. In Mannheim setzt der Vortragende selber den Preis seiner Arbeit pro Blatt fest und zieht als einziger daraus den Gewinn. Es wäre den wohltätigen Einsichten einer humanen und aufgeklärten Regierung würdig, das Volk von dieser Last zu befreien. Richter, deren Gehälter erhöht werden, benötigen diese Einnahmequelle nicht mehr und werden sich nicht beklagen können, wenn man sie ihnen entzieht. Die höheren Gerichte wimmeln von Dienstanwärtern, Söhnen von Persönlichkeiten von Stand oder von Kredit(18) , die man hierherschickt, um das Verhalten im Dienst zu studieren und den Geschäftsgang zu erlernen. Die Folge davon ist eine Vermehrung des Personals, die [nur] Verwirrung bei den Beratungen stiftet. Die Gerichtshöfe, in Schulen umgewandelt, genießen nicht das Ansehen, das ihnen im Interesse der gesellschaftlichen Ordnung zukommen sollte, das die Menschen jedoch fast ausschließlich nur dem Alter und der Erfahrung zubilligen. Wenn man diesen Gerichten das wiedergeben will, was sie in diesem Zusammenhang verloren haben, so wird es ratsam sein, nur die für die Erledigung der Geschäfte als notwendig erachtete Zahl von Räten hier zu belassen und die jungen Kandidaten, egal welchem Stand sie angehören, den unteren Gerichten oder den Kreisen zuzuteilen. Sie würden dort als Akzessisten oder Beisitzer eingesetzt werden, und sich so leichter fortbilden als in den großen Städten, wo die Möglichkeiten der Zerstreuung zu vielfältig sind und die Überwachung der Vorgesetzten fehlt. In fast allen Provinzen hat sich ein Ringen zwischen den Fürsten und den Ständen des Landes entwickelt,(19) was Verbitterung sowie einen Hang zur Diskutiererei begünstigt und die Regierung eines großen Teils der Liebe und des Vertrauens der Regierten beraubt. Große Reden sind zu diesem Thema schon geschwungen worden. Alle, die auf beiden Seiten auftraten, hatten nichts anderes im Sinn, als sich hervorzutun, indem sie ihre Forderungen bis zum Exzeß trieben. Man täte besser daran, eine feste Ordnung einzuführen, die von der Rechtmäßigkeit diktiert wird und auf der Mäßigung basiert, dem einzig soliden Fundament. Dazu bräuchte man nur das zu streichen, was nicht mehr dem Jahrhundert entspricht und nur die grundlegenden Bestimmungen zu belassen, die für die Untertanen wirklich von Vorteil sind, sowie gütliche Regelungen zu treffen in Fragen, über die man sich bisher nur echauffiert hat und die doch in den meisten Fällen nur private Interessen angehen. Graf Törring legte 1789 eine Denkschrift(20) über die Reform der bayerischen Verfassung, besonders über die Mängel der Vertretung bei den Ständen vor, die ich nicht in all ihren Grundlinien befürworten würde, die jedoch, in dem ihr entsprechenden Rahmen, viele nützliche Gedanken enthält. Hier werden lediglich die wichtigsten Punkte der Reform angesprochen. Es gibt eine Vielzahl anderer, die zu weit in Details der inneren Verwaltung führen und somit kein Thema dieser Denkschrift sind; [erinnert sei hier zum Beispiel an] die Abschaffung oder zumindestens die Reglementierung der Fronarbeit(21), die Beseitigung der Willkür bei der Erhebung (Einziehung) der (grundherrlichen) Abgaben bei Besitzerwechsel (lods et ventes), des Laudemiums(22) sowie bei der Einforderung der anderen grundherrschaftlichen Gebühren und Abgaben. Dieser Punkt ist umso wichtiger, erfordert eine umso gründlichere Diskussion als es darum geht, das Interesse des Abgabepflichtigen, eine Gunst, die man dem Fortschritt in der Landwirtschaft nicht verwehren darf, mit dem, was man dem heiligen Recht des Eigentums schuldig ist, in Einklang zu bringen. Wir verzichten darauf, die Frage zu erörtern, ob es angebracht wäre, die Fideikommisse(23) und die Majorate(24) abzuschaffen. Wir sprechen auch nicht von der Abschaffung einer Vielzahl kleiner Niedergerichtsbarkeiten(25), die unnötig die Verwaltung der Justiz komplizieren. Wir übergehen mit Stillschweigen die Reform des Zivilrechts, des bayerischen Gesetzeskodex und vor allem des Strafrechts, die schon seit langem dringend von allen human eingestellten und aufgeklärten Personen gewünscht wird. IV. Das Ministerium der geistlichen Angelegenheiten. Die diesem Département vorbehaltenen Bereiche wären:
Eine der ersten Fragen, die der mit dieser Abteilung Betraute zu untersuchen hat, wird sein, ob die vom herrschenden Kurfürsten 1786 errichtete Nuntiatur erhalten bleiben soll.(26) Es wurde viel dafür und dagegen argumentiert. Was man mit Sicherheit behaupten kann, ist, daß dieses neue Gebilde wenigstens überflüssig war und den Widerstand einiger Höfe hervorruft, deren Wohlwollen für uns wichtig ist. Die Zweibrückener Linie hat es bisher vermieden, sich zu äußern. Sie hat sich damit begnügt, den Nuntius als Botschafter des Heiligen Stuhles zu behandeln, ohne tiefer in die Auseinandersetzung einzugreifen. Man wird sich vielleicht zu gegebener Zeit ein Gutachten durch das Département der auswärtigen sowie das der geistlichen Angelegenheiten erstellen lassen, dessen Unterlagen dann eine Entscheidung bei voller Kenntnis der Sachlage zulassen. Die Auseinandersetzungen mit den kirchlichen Behörden haben sich ins Unendliche vervielfacht. Sie haben eine vollständige Lockerung der Disziplin des Klerus zur Folge und begünstigen die Verderbtheit der Priester, indem sie allen ihren Exzessen Straffreiheit verschaffen. Zweifelsohne haben sich die kirchlichen Behörden weitreichende Übergriffe auf die Rechte des Fürsten erlaubt, doch war nicht selten der Widerstand weder weise noch systematisch. Mal gab man nach, mal widerstand man, je nachdem, welches persönliche Interesse mitspielte, das hier mehr als anderswo offen zutage trat und die Beamten der Obrigkeit beeinflußte. Eine detaillierte Anweisung, am 16. August 1769(27) durch den Kurfürsten veröffentlicht und gebilligt, enthält zu diesem Thema die vortrefflichsten Grundsätze. Sie wurde 1783 aufgehoben und 1788 wieder eingeführt. Indem man sie genauestens befolgt, wird man die gewissenhafte Strenge, die die Wahrung der Souveränitätsrechte fordert, mit den Rücksichten, welche die katholische Religion noch gegenüber den geistlichen Oberen verlangt, aussöhnen können. Diese Anweisung ist jedoch nur auf Bayern im engeren Sinn anwendbar. Die Länder jenseits des Lechs, die Oberpfalz, die Herzogtümer Neuburg und Sulzbach sowie die Herrschaften in Schwaben besitzen andere Verhältnisse. In den Herrschaften Schwabens(28) und dem Land jenseits des Lechs hat die zivile Gewalt, da sie niemals einen Vergleich mit den kirchlichen Behörden eingegangen ist, in der Art, wie es 1583(29), 1684(30), 1718(31) und 1785(32) in Bayern geschah, den ganzen Spielraum ihrer ursprünglichen Vorrechte beibehalten. Ähnlich liegt der Fall in der Oberpfalz, deren Heimfall an die rudolfinische Linie(33), wie sie vor den Unruhen in Böhmen(34) bestand, durch den Artikel IV § 6 des Vertrages von Osnabrück gesichert wurde und die nicht dem Diözesanrecht unterliegt.(35) In den Herzogtümern Neuburg und Sulzbach können die Bischöfe in dieser Hinsicht keinerlei Recht einfordern. Die zukünftige Regierung, deren Hände durch keinen verbindlichen Akt des positiven Rechts gebunden sind, muß sich somit nur innerhalb der Grenzen des allgemeinen öffentlichen Rechts bewegen. Man ist seit langem von dem vorher genannten Irrglauben abgekommen, daß ein katholischer Fürst keine kirchliche Rechtsprechung ausüben könne. Alle Welt weiß heute, daß die Zuständigkeit der Kirche sich auf die Glaubenslehre beschränkt, und daß alles, was man ihr darüber hinaus zugesteht, auf Bewilligungen basiert, die, um rechtmäßig zu sein, eines formellen Rechtstitels bedürfen. Die Rheinpfalz, die dem Normaljahr 1618 unterliegt(36) und als ausschließlich protestantische Provinz keine bischöfliche Rechtsprechung zuließ, ist ebenfalls davon befreit, wie Artikel I § 48 und Artikel V § 48 des Vertrages von Osnabrück sowie Artikel I § 9 der Kapitulation bestätigen. Die Einmischungen, die die Fürsten der Neuburger Linie von den kirchlichen Behörden ihrer Nachbarschaft tolerierten(37) , wären nicht verpflichtend für ihre Nachfolger. Der regierende Kurfürst [Karl Theodor/Kurpfalz] hat es 1761 gegenüber dem Erzstift [eigentlich Kapitel] von Mainz deutlich gemacht und der verstorbene Herzog hat es 1789 offen dem regierenden Kurfürsten erklärt. Auch im Herzogtum Zweibrücken, das durch den Westfälischen Frieden und den Vertrag von Ryswijk(38) für vollständig protestantisch erklärt wurde, duldet man kein Diözesanrecht. Es ist von grundlegender Bedeutung, sich diese Unterscheidungen zu vergegenwärtigen. Es ist zu wünschen, daß ein künftiger Fürst sie nicht vergißt. Die Protestanten der Rheinpfalz bringen Beschwerden vor, die im Detail vielleicht übertrieben, im wesentlichen jedoch berechtigt sind.(39) Die Gerechtigkeit sowie das öffentliche Recht fordern, daß man auch ihnen Recht widerfahren läßt. Die Anarchie ist vollständig. Aufgehetzt durch ihre Pastoren, erzürnt zu sehen, daß die Bürger ihres Bekenntnisses selbst von den kleinsten und unbedeutendsten Ämtern ausgeschlossen sind, sind diese Leute der Regierung stark entfremdet. Der Geistliche Rat und der Rat der Verwaltung handeln fast, als seien sie unabhängig. Es ist mehr als höchste Zeit, dieser Unordnung Einhalt zu gebieten. Dies wird man nur durch eine endgültige Regelung erreichen, die, basierend auf den stabilen Fundamenten von Toleranz und Vernunft, ohne den Katholiken Unrecht widerfahren zu lassen und ohne den Protestanten Unvernünftiges zu gewähren, ihnen alles zusichert, was sie sich von der Gerechtigkeit ihres Fürsten erwarten können. Bereits 1791(40) hat man sich mit einer Arbeit beschäftigt, die diese Fragen aufgreift. Damals wollte der verstorbene Herzog den Protestanten eine eventuelle Zusicherung auf ihre Beschwerden geben, wenn sie sich verpflichteten, auf den in Wien gegen den Kurfürsten angestrengten Prozeß zu verzichten und diesen niemals ohne seine Einwilligung wiederaufzunehmen. Zwei zu dieser Frage verfaßte Denkschriften mit dem ersten Entwurf der Bekanntmachung befinden sich noch im Archiv der auswärtigen Angelegenheiten. Auch die Protestanten des Herzogtums Sulzbach beklagen sich, daß man ihre in der Erklärung von 1652(41) festgelegten Rechte mißachtet. Dies ist ein Punkt, der nach denselben Maßstäben zu untersuchen und beizulegen sein wird. Die Verwaltung der kirchlichen Güter ist in einem solchen Maß vernachlässigt, daß sie zu einem Schandfleck der Regierung wird, die dieses duldet, sowie für die Angestellten, die sich eine solche befremdliche Pflichtvergessenheit gestatten. Die Räte der Leitung in Heidelberg, beschäftigt mit ihren religiösen Streitigkeiten, vernachlässigen die wichtigste ihrer Aufgaben. Die Steuereinnehmer werden nicht überwacht, und die Gelder werden verschwendet. 1785 wurde eine Bestimmung veröffentlicht, die [jedoch] nur für einen Teil dieser Mißbräuche Abhilfe schafft. Man wird sie erst vollständig abstellen können, wenn man endgültige sowie grundlegende Übereinkünfte in allen strittigen Fragen getroffen hat. In Bayern ist die Unordnung ebenso groß. Die Krankenhäuser und die wohltätigen Stiftungen sind schlecht verwaltet. Die Rechnungslegung der Kirchen erfolgt mit wenig Genauigkeit und in mangelhafter Art und Weise. Ihre Vermögen werden bei Personen angelegt, die man begünstigen möchte, die in der Folge [jedoch] weder Kapital noch Zinsen ausbezahlen. Die Rückstände beliefen sich 1783 auf mehrere Millionen. Alle Anordnungen, die von 1597 an bis heute gegeben wurden, ganz zu schweigen von der 1777 erlassenen strengen Ordonnanz, um diese widerspenstigen Schuldner zur Zahlung zu bewegen, sind ohne Wirkung geblieben. Indem man sie erneuert und mit mehr Nachdruck auf ihre Ausführung drängt, würde man Mittel für tausende Dinge von öffentlichem Nutzen einsparen. Die Abteien und Klöster brauchen eine Reform, die sie für die Gesellschaft nützlicher macht, als sie es in der Vergangenheit gewesen sind. Die Bettelorden sollten vollständig aufgehoben werden. Sie fallen der Gesellschaft zur Last, indem sie auf ihre Kosten leben und in ihr Unwissenheit und Aberglauben erhalten. Die anderen Ordensgemeinschaften könnten auf die Anzahl ihrer Gründungsmitglieder reduziert werden. Die verbleibenden Mitglieder würden die Verwaltung ihrer Güter in der bestehenden Form behalten, aber es wäre ihnen nur gestattet, den für ihren Unterhalt notwendigen Teil der Einkünfte zu verwenden, der sich nach einem festen Satz pro Kopf richtet. Man würde sie verpflichten, den Rest, abzüglich der Kosten für die Verwaltung, an die Kirchenkasse abzuführen, um ihn zu Gunsten des Staates zu verwenden. Man hat versucht, diesen Plan in Frankreich durchzuführen. Die Republik von Venedig hat ihn 1768 und 1769 mit Erfolg verwirklicht. Der Marquis de Tanucci hat ihn 1770 im Königreich Neapel eingeführt. Da die Oberen der meisten dieser klösterlichen Gemeinschaften in den Landständen der Provinzen vertreten sind und in dieser Eigenschaft wesentliche Bestandteile der jeweiligen Verfassungen darstellen, wäre es ratsam, sich mit ihnen über die Mittel zu verständigen, wie diese wohltätigen Absichten zu fördern wären. Die Pfarren sind besonders in Bayern zu weitläufig. Die Verteilung der Einkünfte unter diesen Pastoren ist so ungleich, daß der eine vor Reichtümern strotzt, während der andere kaum das Notwendigste besitzt. Eine neue Aufteilung, über die man sich mit den Bischöfen verständigen müßte, ist absolut notwendig. Man würde die Untertanen sehr erleichtern, man würde ihnen Bildung und Seelsorge zugänglicher machen, auf welche viele von ihnen einen großen Teil des Jahres aufgrund der großen Entfernung zu ihren Pfarrkirchen verzichten müssen. Vielleicht wäre es nützlich, die neue Einteilung so vorzunehmen, daß niemand mehr als eine halbe Meile gehen müßte, um seine Pfarrei zu erreichen. Die Mittel sind vorhanden. Es geht nur darum, sie gleichmäßiger zu verteilen. Die Kapitel, Abteien und Bistümer haben sich auch das Recht angeeignet, sich gewisse Pfarreien, Tafelpfarreien, einzuverleiben, aus denen sie, wie die Hauptpfleger, die Einkünfte abziehen, indem sie dort den Kirchendienst von armen Pfarrern mit mäßigem Gehalt versehen lassen. Mehr als einmal hat die Regierung versucht, diese Mißbräuche auszurotten, doch die priesterlichen Intrigen ließen die Ergebnisse ihres guten Willens unwirksam werden. Die bayerischen und pfälzischen Priester werden in ausländischen Seminaren erzogen.(42) Sie nehmen dort eine Menge von Vorurteilen auf, günstig für ihren Stand, jedoch verheerend für die Autorität des Souveräns und die Einordnung in die Gesellschaft. Dieser Mißstand wäre beendet, wenn man, unter der Aufsicht des Ministeriums für geistliche Angelegenheiten, sowie unter der Leitung des geistlichen Rates in Bayern und der Regierungen in den anderen Provinzen, nationale Seminare schaffen würde, deren Erziehungsplan und Disziplin sich besser mit den Maximen des Staates vertragen würden. Da man den Bischöfen die Überwachung der Glaubenslehre nicht verweigern kann, und es ratsam wäre, Zusammenstöße zu vermeiden, müßte man ein Seminar pro Diözese gründen. Wir werden um die Mittel nicht verlegen sein, wenn man die Rückstände der Kirchenkapitalien eintreibt und den Überschuß der Klöster nutzbringend verwendet. Der regierende Kurfürst hatte den Gedanken, mit der Hilfe des römischen Hofes Bistümer in Bayern zu schaffen.(43) Ich weiß nicht, ob dieses Projekt von großem Nutzen gewesen wäre. Die Realisierung wurde unmöglich, seit Leopold II. in seiner Wahlkapitulation das Diözesanrecht, da wo es legitim besteht, verfassungsmäßig garantiert hat. Es gibt [jedoch] kein Gesetz, das verbietet, die Bischöfe, wie in Österreich und Preußen, zu zwingen, Generalvikare(44) zu unterhalten, die im Land ansässig sind, der jeweiligen Provinz entstammen und der Bestätigung durch den Fürsten bedürfen. Die beiden Universitäten von Heidelberg und Ingolstadt befinden sich in einem höchst beklagenswerten Zustand. Ihre Einkünfte beschränken sich auf Kleinigkeiten. Der Wahl der Professoren wird keinerlei Beachtung geschenkt. Die Schulen in den Städten und auf dem Land werden noch schlechter geführt. Die Schulmeister, Küster in den meisten Fällen, verkommen in Unwissenheit, ermangeln des Notwendigsten und genießen infolgedessen keinerlei Ansehen. Die Bauern weigern sich, ihre Kinder in die Schule zu schicken; die meisten können weder lesen noch schreiben. Dies trifft vor allem für Bayern zu, um die Pfalz ist es in dieser Hinsicht weniger schlecht bestellt. Man wird eines Tages nicht um eine vollständige Umgestaltung auf diesem Gebiet herumkommen, gründlich wird man überlegen müssen, für welchen Plan man sich entscheidet, und vor allem den Elementarschulen in den Städten und auf dem Land fortgesetzte Aufmerksamkeit schenken müssen. [Denn] sie sind es eigentlich, welche die Fähigkeiten der wichtigsten Klasse der Gesellschaft entwickeln und dem Nationalgeist das Siegel aufdrücken. Die religiöse Toleranz zieht Fremde ins Innere des Staates, die nutzbringend sind aufgrund ihrer Betriebsamkeit, sie begünstigt den Fortschritt in der Industrie sowie der Bildung und regt den Wettbewerb an. Dort, wo sie in größerer Anzahl ansässig sind, stellt die Toleranz eine absolute Verpflichtung gegenüber den Untertanen einer anderen Religion dar. Niemand bezweifelt heutzutage mehr, daß sie [auch] dort von Nutzen ist, wo ein einziges Bekenntnis vorherrscht. Religiöse Toleranz existiert tatsächlich in der Rheinpfalz sowie in den Herzogtümern Jülich, Berg und Sulzbach. Die Oberpfalz, ein in seinem Normaljahr 1618 protestantisches Land(45), darf nicht von dieser Wohltat ausgeschlossen werden. Das Gleiche gilt für das Herzogtum Neuburg, wo 1624 die Ausübung der lutherischen Religion nicht untersagt war. Was die im engeren Sinn bayerischen Staaten betrifft, so würde ich, trotz eines gegenteiligen Vorurteils, mit Nachdruck behaupten, daß in dieser Frage kein Gesetz die Hände des Fürsten bindet. Im 16. Jahrhundert machte die Reformation große Fortschritte [und] ein großer Teil der Landstände sprach sich für das neue Gedankengut aus. Es bedurfte der ganzen Kraft der Autorität, um das ausschließliche Vorrecht der römischen Kirche zu bewahren. Die Protokolle der Landschaft sind voller Warnungen vor dem Geist der Intoleranz und der Verfolgung. Niemand kann dem Fürsten das Recht streitig machen, Anordnungen zu widerrufen, die einzig aus seiner Autorität heraus erlassen wurden und niemals ein Teil der Verfassung waren. Der Erhalt des Zustandes des Normaljahres 1624, zu der ihn der Westfälische Friede verpflichtet, zwingt ihn nur zur Bewahrung der kirchlichen Einkünfte sowie [Aufrechterhaltung] der öffentlichen Ausübung der katholischen Religion. Er würde jedoch weder ausschließen, daß man, was auch den von den Katholiken selbst fortwährend vertretenen Grundsätzen entspricht, gleichzeitig eine andere Religion in den Kirchen zuläßt, noch, daß man die Ausübung, in einer unschädlichen Form und ohne die Diener der vorherrschenden Religion zu stören oder sie in irgendeiner Weise einzuschränken, im Land gestattet. Graf von Törring(46) rät in der weiter oben zitierten Denkschrift, nicht nur die öffentliche Ausübung aller drei christlichen Religionen zuzulassen, sondern auch ihren Mitgliedern ohne Unterscheidung den Zugang zu allen Ämtern und Würden zu öffnen. Wenn man sich entschließen würde, diesen Schritt zu tun, wäre es angebracht, dies mit den Landständen abzustimmen, um dem neuen Gesetz mehr Rechtskraft und Rückhalt in der öffentlichen Meinung zu geben. Noch ratsamer wäre es vielleicht, die Öffentlichkeit vorzubereiten, indem man nach und nach protestantische Untertanen zuläßt, denen man die private und häusliche Ausübung ihrer Religion durch individuelle Toleranzpatente gestatten würde, und indem man Schritt für Schritt einige Lutheraner und Reformierte in der Politik einsetzt, von wo man [dann] mit der Zeit andere in die Verwaltung übernehmen könnte. Eines der großen Mittel, um diese glückliche Revolution in den Geistern zu beschleunigen, sie aus der Lethargie, in der sie verkommen, zu reißen und rasch die Bildung zu verbreiten, wird sein, den Buchhandel von den fast kindischen Fesseln, die ihm diese Regierung angelegt hat, zu befreien, das Zensurkollegium gänzlich abzuschaffen, eine vernünftige Freiheit der Presse zuzulassen, indem man präzise die Vergehen definiert, die Autoren und Drucker verpflichtet, an das Ende jedes [Presse]erzeugnisses ihre Namen zu setzen, um so den einen oder anderen vor der Justiz für das verantwortlich zu machen, was die [Presseerzeugnisse] an Tadelnswertem enthalten. Ein Gesetz, das man in diesem Zusammenhang erlassen würde, erfordert reifliche Überlegung und gründliche Diskussion. Das große Problem, wo die Freiheit endet und die Zügellosigkeit beginnt, ist noch in keinem Staat befriedigend gelöst worden. Es ist sogar möglich, daß es einiger Zeit bedarf, um die Gemüter auf den Genuß dieser Wohltat vorzubereiten, und diese Verbesserung vernünftigerweise als letzte zu verwirklichen wäre. Ich halte mich nicht mit den Einwänden auf, die viele Menschen versucht sein könnten, gegen das Prinzip des Vorhabens als solches zu erheben. Es ist heute erwiesen, daß es die grobe Unwissenheit der Völker ist und nicht die vernünftige und dem Stand eines jeden entsprechende Bildung, die man ihnen vermittelt, welche Revolutionen hervorruft und Reiche umstürzt. Je aufgeklärter die Menschen sind, umso mehr lieben sie ihre Pflichten und umso mehr halten sie an einer Regierung fest, die sich wirklich um ihr Glück kümmert. V. Das Ministerium des Krieges umfaßt naturgemäß:
Wir haben keine Überlegungen zur Organisation eines Bereiches zu bieten, der dem Autor dieser Denkschrift völlig unbekannt ist. Wir werden uns damit begnügen festzustellen, daß, wenn der Hofkriegsrat abgeschafft werden soll, er für die von ihm bis dato ausgeübte militärische Gerichtsbarkeit durch eine andere Einrichtung ersetzt werden muß. All diese verschiedenen Minister hätten, [ebenso] wie der der auswärtigen Angelegenheiten, ein Vorschlagsrecht für die Vergünstigungen, Pensionen und Schenkungen der ihrem Département angehörenden [Beschäftigten]. Jeder würde über die seinem Bereich zugewiesenen Gelder verfügen. Diese würden jedes Jahr, zu einem Zeitpunkt, der der Buchführung am gelegensten kommt, festgelegt werden, abhängig von den Vorhaben, die jeder von ihnen dem Minister der Finanzen vorträgt und welche zur Überprüfung und Zustimmung dem Fürsten unterbreitet würden, nachdem vorher in einem Ausschuß aller Minister darüber gesprochen und ein Beschluß gefaßt wurde. Es wäre nutzlos und verschwenderisch, wie ehemals in Frankreich für jedes Département eine eigene Kasse einzurichten. Der Generalschatzmeister würde die festgesetzten Bezüge aufgrund einer beglaubigten Liste ausbezahlen, die einmal pro Jahr von jedem Minister übergeben würde und die die Namen aller Bezugsberechtigten der [jeweiligen] Départements enthält, die der Hauptkasse zugewiesen sind; außerordentliche Ausgaben werden auf besondere Anordnung eines jeden von ihnen bezahlt, und der genannte Schatzmeister ist persönlich dafür verantwortlich, daß die Summe der ausbezahlten Beträge nicht die jedem Département vom Fürsten bewilligten Gelder übersteigt. Sollte nach Zuweisung aller Ausgaben ein Überschuß an Einkünften vorhanden sein, so würde dieser ebenso wie Einsparungen, die jedes Département eventuell realisieren konnte, in eine besondere Kasse einbezahlt werden, um bei unvorhergesehenem Bedarf genutzt zu werden. Die Minister der Justiz, der Finanzen und der geistlichen Angelegenheiten sowie ihre jeweiligen Referendäre versammeln sich dreimal pro Woche zu einem ordentlichen Staatsrat, um dort die gängigen Geschäfte ihrer jeweiligen Verwaltung zu besprechen und zu beschließen. Die Referendäre wären mit dem Vortrag betraut und hätten eine beratende Stimme; die Minister würden ihre Schlußfolgerungen mit der Mehrheit der Stimmen annehmen oder ablehnen. Abwechselnd würde ein geheimer Sekretär das Protokoll für jedes Département führen. Man würde ihn wegschicken, sobald der Vortrag, der seinen Bereich betrifft, abgeschlossen wurde. Die Referendäre würden der vollständigen Sitzung beiwohnen und ihre Stimme in jeder Angelegenheit, ohne Unterscheidung, abgeben, wobei mit den Referendären angefangen werden soll, die dem Département angehören, dessen Angelegenheiten gerade entschieden werden. Was die Form angeht, so würden die Vorlagen dieses Staatsrates im Namen des Fürsten verfaßt und von allen drei Ministern unterzeichnet werden. Der Staatsrat würde in besonderer und herausragender Weise die Person des Fürsten vertreten, dessen Sessel immer im Tagungszimmer stünde und der einige Male [an den Sitzungen] teilnehmen würde. Alle politischen Angelegenheiten, die des Krieges, der Gunstbezeigungen, Schenkungen und Begünstigungen lägen außerhalb des Kompetenzbereiches des Staatsrates und wären, wie die Verordnungen, Ordonnanzen und allgemeinen Anordnungen, einzig dem Fürsten vorbehalten, der sich darüber in einem nur mit den Ministern besetzten Kabinettsrat Rechenschaft geben ließe. In einer gesonderten Arbeitssitzung mit jedem einzelnen von ihnen würde man ein Urteil über diese Angelegenheiten fällen. Was die Personen angeht, die man in diesen verschiedenen Bereichen beschäftigen könnte, so würden wir vorschlagen: I. für das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten: den Baron von Leyden(47) oder den Grafen Lerchenfeld-Köfering(48). Als Referendäre Herrn Cetto(49) für die Politik, den Regierungsrat Zentner(50) für Rechts- und Grenzfragen, den Reichstag sowie die Reichskreise. II. für das Ministerium der Finanzen: den Baron von Hompesch(51), III. für das der Justiz: Herrn von Lamezan(52) oder den Vizepräsidenten von Reibelt(53), IV. für das der geistlichen Angelegenheiten: den Grafen von Morawitzky(54). Wir kennen niemanden für das des Krieges. Auch ist es uns nicht möglich, für jeden Bereich die Referendäre zu benennen. Es würde den Ministern selbst obliegen, die erste Wahl zu treffen. Die Erfahrung wird nach und nach zeigen, wer am würdigsten ist, um zukünftige Vakanzen zu besetzen. Wir haben auch keine Änderung in der Organisation der untergeordneten Geschäftsbereiche vorgeschlagen. Dies wird Aufgabe der neuen Minister sein, sobald sie ihren Posten eingenommen haben. Wir glauben nur, daß es nützlich wäre, in jeder Provinz Justiz, Verwaltung und Finanzen zu trennen und nie zu dulden, daß sie vermengt werden; auch sollten bei den höheren Gerichten die Appellationsprozesse von denen, die in erster Instanz geführt werden, getrennt und von unterschiedlichen Senaten gerichtet werden. Was die Bezüge angeht: 16.000 Gulden für einen Minister, der eine kostspielige Vertretung finanzieren muß, scheint nicht zuviel zu sein. Wir würden 20.000 Gulden für die Gesandten in Wien, Paris, London, Rom, Petersburg, Stockholm und Konstantinopel vorschlagen. 14.000 Gulden für die Gesandtschaften in Turin und Dresden. 10.000 Gulden für die bei den Reichskreisen. Ein Regierungspräsident in der Provinz würde, ebenso wie die [Präsidenten] der Appellationsgerichte, 8.000 Gulden erhalten. Die Leiter der Finanz- und Justizkammern erhielten 6.000 Gulden, ihre Vizepräsidenten 5.000, die Regierungs- und Appellationsräte 3.600 Gulden, die der Justiz und der Finanzen 2.400 Gulden, die Referendäre aller Départements des Ministeriums 5.000 Gulden, die Amtmänner (baillis) 1.800 Gulden, die leitenden Kanzlisten 1.200 Gulden, die Schreiber 800 Gulden, die Steuer- und Domäneneintreiber werden wie die Amtmänner entlohnt. Ein Geheimer Sekretär erhielte Bezüge in Höhe von 2.000 Gulden, die Regierungs- und Appellationssekretäre 1.600 Gulden, die der Finanzen und der zweitrangigen Gerichte 1.200 Gulden, die Kopisten in allen Sparten ohne Ausnahme 800 Gulden, die Registratoren in den ministeriellen Départements 1.800 Gulden, in den untergeordneten Ämtern 1.400 Gulden ohne Unterschied, da die Arbeit ungefähr dieselbe ist. Niemand würde zu einer höheren Stelle zugelassen werden, ohne die niedrigeren Stufen passiert zu haben. Anmerkungen
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